Zug

Noch zwitschert es kaum aus dem Kanton

Immer mehr Verwaltungen kommunizieren mit der Bevölkerung über Facebook und Co. (Bild: ©iStockphoto.com/winhorse )

Der Kanton Zug will der Geheimniskrämerei seiner Verwaltung ein Ende setzen. Bern hat dies schon lange getan und setzt heute bei der Kommunikation mit der Bevölkerung stark auf die sozialen Medien. Da hat Zug noch viel Nachholbedarf. 

Im Kanton Bern gilt es seit Januar 1995, der Kanton Zug will es nun auch endlich einführen: Das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung. Das heisst, jede Person soll das Recht erhalten, in amtliche Dokumente (Akten, Studien, Berichte) einsehen zu können. Der Zugang kann nur verweigert werden, wenn überwiegende öffentliche oder private Interessen entgegenstehen, beispielsweise der Persönlichkeitsschutz.

Noch gilt im Kanton Zug das sogenannte Geheimhaltungsprinzip mit Öffentlichkeitsvorbehalt. Ein allgemeiner Zugang zu Informationen der Verwaltung besteht also nicht, wer Akteneinsicht möchte, muss den Nachweis für ein besonderes Interesse erbringen.

Die erfahrenen Berner

«Das Öffentlichkeitsprinzip hat sich im Bund und in den zahlreichen Kantonen bewährt», schreibt der Zuger Sicherheitsdirektor Beat Villiger im Gesetzesentwurf, der diese Woche an die Kantonsräte verschickt wurde. «Es schafft mehr Transparenz im öffentlichen Entscheidungsprozess, stärkt das Vertrauen und verbessert die Stellung der Bürgerinnen und Bürger gegenüber der Verwaltung», ergänzt der Landammann.

Diese Aussage kann Christian Kräuchi, Leiter Kommunikation des Kantons Bern, bestätigen. «Das Vertrauen der Berner Bevölkerung in die Informationspolitik des Kantons ist heute gross. Uns wird nicht vorgeworfen, wir würden Informationen zurückhalten.» Und im Zeitalter von Social Media ist für ihn die Anwendung des Öffentlichkeitsprinzips sowieso unablässig. «Die ganze Schweiz geht in Richtung mehr Transparenz, auch die Banken sind längst auf diesen Zug aufgesprungen.»

Die Konfliktfälle

Dass das Öffentlichkeitsprinzip gelegentlich zu kritischen Fällen mit Konfliktpotenzial führen kann, erwähnt Kräuchi aber auch: Beispielsweise, wenn es um Informationen rund um eine Abgangsentschädigung geht. «Dann sind wir vom Kanton vielleicht bereit, das Dokument zu veröffentlichen, die betroffene Person oder deren Rechtsvertreter jedoch verweigern dies.» In einem solchen Fall müssten die Interessen der involvierten Parteien gegeneinander abgewogen werden. «Es gibt diesbezüglich keine klare Rechtsprechung zum Beispiel vom Presserat.»

Oft scheint der Kanton Bern aber noch nicht in einer solchen Zwickmühle gesteckt zu sein. Christian Kräuchi spricht von drei bis vier Fällen während der vergangenen sechs Jahren.

Sehr aktive Kommunikation

Aber verzeichnet die Verwaltung nicht enormen Mehraufwand, weil unzählige Personen Akten einsehen wollen? «Nein, das Öffentlichkeitsprinzip gestaltet sich für den Kanton Bern völlig unproblematisch», sagt Kräuchi. Es würden nicht viele Anfragen zur Akteneinsicht an die Verwaltung gelangen.

Der Kanton Bern tut aber auch einiges, damit es gar nicht erst zu vielen Anfragen kommt. «Das Öffentlichkeitsprinzip verstehen wir als Auftrag an uns, alles, was möglich ist, zu publizieren – auch Regierungsratsbeschlüsse», ergänzt Kräuchi. Sofern diese nicht Personendaten enthalten würden, oder der Prozess der Willensfindung im Rat noch nicht abgeschlossen sei. «Wir kommunizieren demzufolge sehr aktiv, wir verschicken jährlich rund 500 Mitteilungen, dazu kommen weitere Kurzmeldungen.»

Indem also der Kanton alle denkbaren Informationen von sich aus zur Verfügung stelle, «beugen wir Anfragen aus der Bevölkerung vor». Das Internet erleichtere dabei die Sache enorm, ergänzt Kräuchi.

Der Berner Kommunikator erwähnt in diesem Zusammenhang auch die intensive Nutzung von Social Media. So kommuniziert der Kanton Bern mit seiner Bevölkerung über den Kurznachrichtendienst Twitter, die sozialen Plattformen Facebook und Google+ sowie das Internet-Videoportal Youtube – jeweils zweisprachig, auf Deutsch und Französisch.

Und so kann sich Kräuchi eine Kommunikation beispielsweise ohne Twitter kaum mehr vorstellen. «Mit wenig Aufwand kann man Nachrichten multiplizieren und erhält direkt Rückmeldungen aus der Bevölkerung. Twitter hilft uns, Kreise zu erschliessen, an die wir sonst kaum gelangen würden.»

Wo bleibt der Kanton Zug?

Nach diesem Erfahrungsbericht aus Bern stellt sich die Frage, weshalb der Kanton Zug, gerade jetzt, da er das Öffentlichkeitsprinzip einführen will, auf Social Media kaum zu finden ist. Wer beispielsweise bei Twitter den Suchbegriff «Kanton Zug» eingibt, stösst auf einen nicht aktiven und nicht ganz seriös wirkenden Account. Auf Facebook präsentiert sich ein ähnliches Bild.

Dies ganz im Gegensatz zur Stadt Zug und zur Stadt Luzern. Beide Kommunen sind sowohl auf Facebook als auch Twitter sehr aktiv. Verweigert sich der Kanton Zug also Social Media? «Nein», sagt Marc Höchli, Kommunikationsbeauftragter des Kantons. «Im Gegenteil.» So sei Ende 2011 ein Pilotprojekt durchgeführt worden. Bei der Mitwirkung zum Erholungs- und Nutzungskonzept Lorzenebene kamen unter anderem Facebook und Flickr (eine Fotocommunity) zum Einsatz.

Die Grundlagen geschaffen

Kurze Zeit später hat die Regierung dann den Beschluss gefasst, dass die Verwaltung soziale Medien zusätzlich als Kommunikations- und Informationsinstrument einsetzen könne. Wobei hier die Betonung auf «können» liegt.

«Jede Direktion kann für sich alleine entscheiden, ob und wie sie Social Media nutzen will», präzisiert Höchli. Denn der Kanton Zug verfüge, anders als der Kanton Bern, über ein dezentrales Kommunikationsmodell. Das heisst, für die Verbreitung von Neuigkeiten und Meldungen sind die einzelnen Direktionen zuständig.

«Sie sind es, die abschätzen sollen, ob sie den Aufwand zur Betreuung von Social Media bewältigen», sagt Höchli. Und es dürfe nicht vergessen werden, dass sich die Partizipation der Bevölkerung auf Facebook und Twitter in Grenzen halte. «Das zeigt die Erfahrung anderer Kantone und Kommunen.»

Projekte sind in der Pipeline

Trotzdem, auch die Zuger Verwaltung will und kann sich den neuen Medien nicht verschliessen. Und so berichtet Höchli, dass einige Direktionen und Abteilungen daran sind, zusammen mit einer externen Fachstelle Konzepte zu erstellen, vor allem in den Bereichen Wirtschaft und Bildung. «Wir sind froh darüber, dass in den letzten Jahren in der Verwaltung kein Hype entstanden ist. Denn wir möchten, dass die Nutzung von Social Media mit klaren Vorstellungen und Zielen geschieht, damit Fehler vermieden werden können.»

Andere haben den Schritt bereits gewagt: Der Schluechthof, das landwirtschaftliche Kompetenzzentrum des Kantons, ist beispielsweise seit Ende 2010 auf Facebook präsent; 155 Leute haben dabei auf den «Gefällt-mir»-Knopf gedrückt. Auf dem sozialen Netzwerk lässt sich zudem eine rege genutzte Fanseite der Grundbildung am Kaufmännischen Bildungszentrum Zug finden.

Die Wirtschaft zwitschert

Seit Februar vergangenen Jahres zwitschert zudem die Kontaktstelle Wirtschaft. «Im Fokus haben wir alle Zuger Firmen sowie Unternehmen, die sich überlegen, in den Kanton zu ziehen», erklärt Ursula Kottmann Müller, Kommunikationsverantwortliche der Volkswirtschaftsdirektion, die Nutzung von Twitter. «Wir wollen unserer Zielgruppe einen Mehrwert bieten.»

Die Kontaktstelle ist zufrieden mit der Entwicklung im vergangenen Jahr. 151 Follower verzeichnete sie vergangenen Donnerstag. «Langsam aber stetig nimmt die Anzahl der Leute zu, die uns auf Twitter folgen», sagt Kottmann Müller. Die Hoffnung ist gross, über den gewählten Kanal das Firmen-Netzwerk erweitern zu können.

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