Politik
Zahl der Vorfälle nimmt zu

Wie weiter nach Hundebiss? Zuger Politiker uneins

Der Kanton Zug hat vor einigen Jahren den Vorschlag eines Hundegesetzes versenkt. (Bild: Pexels)

Die Zahl der Hundebiss-Vorfälle ist in den letzten acht Jahren deutlich gestiegen. Zeit, um im Parlament erneut über ein Hundegesetz zu diskutieren? Die Fraktionschefs des Kantonsrats hätten nichts dagegen. Auch wenn sich die Ideen, was genau geregelt werden sollte, deutlich unterscheiden.

Der Hundebiss-Vorfall, der sich vor wenigen Wochen in Neuheim ereignete, macht viele Zugerinnen betroffen. Ein Miniature Bull Terrier hatte in der Zuger Berggemeinde ein 9-jähriges Kind spitalreif gebissen. Auch wenn die Schwere dieses spezifischen Vorfalls aussergewöhnlich ist; dass Menschen im Kanton Zug von Hunden gebissen werden, kommt oft vor (zentralplus berichtete).

Allein im vergangenen Jahr gab es im Kanton Zug 127 Biss-Vorfälle mit Hunden. Dabei wurden 65 Erwachsene und 18 Kinder verletzt. Zum Vergleich: In den Jahren 2010 bis 2014 wurden jährlich zwischen 61 und 83 Hundebisse gemeldet. Danach zeigt die Kurve nach oben. Am meisten Vorfälle, nämlich 136, gab es im Jahr 2021.

Jede Gemeinde braut ihr eigenes Süppchen

In Zug gibt es kein Hundegesetz. Ein entsprechender Vorschlag wurde vom Kantonsparlament im Jahr 2015 versenkt. Insbesondere FDP, SVP und GLP sprachen sich damals gegen die Vorlage aus. Es ist also heute auf Kantonsebene weder geregelt, wann, wo oder dass Hunde generell an der Leine geführt werden müssen, noch wird der Besuch eines Hundekurses vorgeschrieben. Zudem kennt der Kanton keine Liste verbotener Hunde, wie etwa der Kanton Zürich. In einigen Zuger Gemeinden gibt es jedoch ein Hundereglement. Die obligatorischen Sachkundenachweise (SNK) für Hundehalter wurden 2016 vom Nationalrat aufgehoben.

Fragt sich: Ist es aufgrund der Zunahme von Vorfällen an der Zeit, politisch erneut über ein Hundegesetz nachzudenken? zentralplus hat die Fraktionschefs des Kantonsrats nach ihrer Haltung zum Thema befragt.

Der «Flickenteppich» im Kanton passt den Fraktionschefs nicht

Mitte-Fraktionschef Fabio Iten hat eine klare Haltung zum Thema Hundegesetz: «Ich persönlich bedaure die Ablehnung des Hundegesetzes vor acht Jahren. Denn aktuell herrscht ein Flickenteppich innerhalb des Kantons Zug. Jede Gemeinde erlässt eigene oder keine Vorschriften, was unnötig, kompliziert und verwirrlich ist.» Iten findet, dass eine gewisse Grundsatzregelung über den gesamten Kanton bestehen sollte. Er würde deshalb eine erneute Diskussion über das Hundereglement begrüssen.

Auch FDP-Fraktionschef Michael Arnold hat Mühe mit dem «Flickenteppich», der im Kanton Zug vorherrscht. Er könnte sich vorstellen, dass die Regelungen unter Absprache der Gemeinden oder auf Stufe Kanton vereinheitlicht würden.

In der SP sei man sich «nach wie vor» nicht einig über das Thema, erklärt Fraktionschef Beat Iten nach einer kurzen Fraktionsumfrage dazu: «Grundsätzlich können wir uns die erneute Prüfung und Einführung eines Hundegesetzes vorstellen.» Der Schwerpunkt müsste dabei gemäss Iten auf eine Schulung der Hundehalterinnen gelegt werden, denn «das Problem liegt zumeist bei diesen und nicht bei den Hunden».

Weiter sähe es die SP als sinnvoll, mittels kantonalem Gesetz die Leinenpflicht für den ganzen Kanton zu vereinheitlichen. Aber: «Wir befürworten nicht unbedingt eine vollständige Leinenpflicht», eine solche mache für die SP jedoch auf öffentlichen Anlagen sowie saisonal zu bestimmten Zeiten und an speziellen Orten, etwa im Wald, zum Schutz anderer Tiere Sinn.

Parteien würden Diskussion begrüssen

Die Alternative – die Grünen (ALG) war die einzige Partei, welche sich vor acht Jahren geschlossen für ein Hundegesetz aussprach. Dies tut sie noch immer. Fraktionschefin Tabea Zimmermann-Gibson gibt jedoch zu bedenken: «Ob sich im Kantonsrat die grundsätzlichen Meinungen zu einem Hundegesetz seither geändert haben, bezweifle ich, und ohne dies wäre eine erneute Diskussion eines Hundegesetzes nicht zielführend.»

SVP-Fraktionschef Philip C. Brunner dazu: «Persönlich kann ich mir vorstellen, dass die Regierung aufgrund der gestiegenen Vorfälle seit dem Jahre 2015 die Frage des Hundegesetzes wieder in eine Vernehmlassung einbringt.»

Es sei offensichtlich, dass die Vorfälle mit Hunden seit 2015 generell wieder Jahr für Jahr zunehmen würden und sich die Politik – bezüglich Sicherheit für alle – damit auseinandersetzen müsse.

«Wir dürfen uns nicht von Emotionen zu übertriebenem Aktionismus verleiten lassen.»

Martin Zimmermann, GLP-Fraktionschef

GLP-Chef Martin Zimmermann würde eine neuerliche Diskussion ebenfalls begrüssen. «Als persönliche Meinung denke ich, dass wir die Gesetzesgrundlagen sicherlich nochmals genauer überprüfen sollten.»

Es gelte zu analysieren, inwiefern sich die Umstände geändert hätten. Zimmermann weiter: «Es hat in den letzten Jahren – auch wegen der Pandemie – einen Zuwachs an Hunden gegeben. Als Gesetzgeber müssen wir immer einen guten Mittelweg finden.»

Es gelte zwar, Leben zu schützen und Leid abzuwenden, wann immer es gehe. «Doch dürfen wir uns nicht von Emotionen und individuellen Vorfällen zu übertriebenem Aktionismus verleiten lassen», so Zimmermann. Die GLP sieht sich als lösungsorientiert und unpolemisch. «Darum werden wir den Sachverhalt nüchtern analysieren und Korrekturmassnahmen auch unterstützen, wenn wir sehen, dass sich die Lage verändert hat.»

Verbot von Rassen: Parlamentarier sind gespaltener Meinung

Beim Thema Rassenverbot driften die Meinungen stark auseinander. Während die Fraktionschefs von ALG, SP und Mitte ein generelles Verbot nicht als zielführend erachten, sondern das Problem eher am anderen Ende der Leine sehen, hat SVP-Mann Philip C. Brunner eine klare Meinung.

«Ich persönlich finde, Hunde mit erhöhtem Gefährdungspotenzial sollen im Kanton Zug nicht mehr gehalten werden», so der SVP-Fraktionschef. Gemäss ihm sollten Hunde verboten werden, welche zur sogenannten Rassetypenliste 2 zugerechnet werden. Zu dieser gehören unter anderem der American Staffordshire Terrier, der Bull Terrier sowie der Pit Bull Terrier sowie Hunde, deren Blutanteil einer solchen Rasse mindestens 10 Prozent beträgt.

«Auch ein kantonales Verbot gewisser Rassen wird einen solchen tragischen Vorfall nicht in jedem Fall verhindern können.»

Michael Arnold, FDP-Fraktionschef

FDP-Mann Michael Arnold sagt dazu: «Diesbezüglich wäre vorab zu evaluieren, wie die Erfahrungen der Kantone sind, welche dies bereits eingeführt haben.» Er gibt zu bedenken: «Aber auch ein kantonales Verbot gewisser Rassen wird einen solchen tragischen Vorfall nicht in jedem Fall verhindern können.»

Fabio Iten von der Mitte sieht eine differenziertere Lösung als gangbar. «Anstatt Verbote ist eher eine Kurspflicht für besonders schwierig zu haltende Hunderassen zu begrüssen.» Und weiter: «So würde man lernen, wie eine konsequente Erziehung eines Hundes funktioniert. Vielleicht würden sogar einige Hundehalter sensibilisiert und schaffen sich gar keine solche Hunderasse an.»

Zwingende Erziehungskurse versus Eigenverantwortung

In Sachen obligatorische Hundekurse äussert sich Tabea Zimmermann (ALG) wie folgt: «Ich würde einen obligatorischen Kurs für Ersthalterinnen auf nationaler Ebene nach wie vor sinnvoll finden. Einen Hundeerziehungskurs nur kantonal einzuführen, wäre aber vielleicht immer noch besser als nichts.» Ins gleiche Horn bläst die SP, die den Entscheid auf Bundesebene als «unverständlich» bezeichnet.

Anders sieht das die Schweizerische Volkspartei. Brunner dazu: «Ich setze – und das gilt generell auch für die SVP – diesbezüglich auf Freiwilligkeit und Selbstverantwortung. Einzelne Kantone haben die eingeführten obligatorischen Hunde-Erziehungskurse wieder abgeschafft, oder offenbar zumindest vereinfacht, soweit mir bekannt ist.»

Diese Haltung teilt auch Michael Arnold von der FDP. «Generell sollte gerade in diesem Bereich wieder vermehrt an die Eigenverantwortung appelliert werden, sei dies beim Züchter und Verkäufer der Hunde wie aber auch bei den entsprechenden Hundehaltern.»

Regierungsrätin äussert sich zurückhaltend

Laura Dittli, Sicherheitsdirektorin des Kanton Zug, äussert sich zum Anliegen wie folgt: «Da seitens Politik, Gemeinden und Bevölkerung kein Bedürfnis ersichtlich ist, kann sich die Regierung momentan nicht vorstellen, das Thema Hundegesetz wieder in eine Vernehmlassung einzubringen. Aber das ist der aktuelle Stand und natürlich können sich die Bedürfnisse auch wieder ändern.»

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher und mündlicher Austausch mit Fraktionschefs
  • Rassetypen gemäss Kanton Zürich
  • Informationen Bund zur Abschaffung der Hundekurse
  • Informationen des Kantons Zug zur Hundehaltung und zu den Gemeinderegelungen
  • Anfrage bei Sicherheitsdirektorin Laura Dittli
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