Zuger Jahrhundertprojekt

Neue Fronten gegen Stadttunnel

So idyllisch soll die Zuger Vorstadt dereinst aussehen. Derweil geht in der Zuger Politik die Post ab wegen dem Stadttunnel. (Bild: zvg)

«Grotesk» sei die Idee, sagt ein Parlamentarier. «War noch nie so erbost», sagt ein anderer. Dabei gehe es der Staats- und Wirtschaftskommission nur darum, eine Finanzierung des Jahrhundertprojekts zu finden, sagt deren Präsident. Nun formiert sich neuer Widerstand. Gefährdet er den Stadttunnel?

«Ich glaube, das ist der Todesstoss für den Stadttunnel», sagt Daniel Burch, Fraktionschef der FDP im Kantonsrat. Er meint damit den Vorschlag der Zuger Staats- und Wirtschaftskommission (Stawiko), der am Montag bekannt wurde. Die Kommission schlägt vor, die Motorfahrzeugsteuern temporär zu erhöhen. 50 Prozent höhere Steuern sollen Autobesitzer für ihr Fahrzeug bezahlen, insgesamt 300 Millionen Franken. Damit soll der Kanton einen Teil des Stadttunnels finanzieren können. Zudem soll die Stadt Zug massiv mehr an den Tunnel bezahlen, als bis anhin geplant: 120 Millionen Franken statt der ursprünglich geplanten 60 Millionen Franken (zentral+ berichtete).

«Ganz falsches Signal»

Die Stawiko läuft mit ihren Anträgen nun offenbar Gefahr, neue Gegnerschaften für den Stadttunnel zu mobilisieren. Und macht damit dessen Befürworter nervös. «Ich kann mir vorstellen, dass das einige Menschen dazu bringt, das Projekt abzulehnen», sagt Burch. «Das sendet ein ganz falsches Signal, nämlich dass wir uns den Stadttunnel nicht leisten können.»

Und so werde das Projekt in der Bevölkerung auf Widerstand stossen. «Da gibt es bestimmt Personen, gerade ältere Generationen, die sich sagen, warum soll ich 50 Prozent höhere Motorfahrzeugsteuern bezahlen für einen Tunnel, von dem ich gar nichts habe.» Aber auch Leute aus den Ennetseegemeinden oder aus den Berggemeinden: «Da sagen sich doch die Leute: Das ist nur ein Geschenk an die Stadtzuger.»

Burch versteht die Kommunikation des Regierungsrates nicht. Es scheine so, als wolle man den Tunnel verunmöglichen. «Ich hätte das nicht kommuniziert, wenn ich den Stadttunnel will», sagt Burch. «Dass die Stawiko den Bericht gemacht hat, ist ihre Aufgabe. Ich verstehe allerdings nicht, dass der Regierungsrat ihn an die Medien verschickt hat, bevor die Diskussion im Kantonsrat und in den Fraktionen überhaupt stattgefunden hat», sagt Burch. Das sei ungeschickt gewesen.

«Das ist zu verantworten»

Baudirektor Heinz Tännler widerspricht: «Es ist ganz normal, dass der Bericht einer Kommission an die Kantonsräte und gleichzeitig an die Medien versendet wird.» Dies werde durch die Staatskanzlei vorgenommen. Die Stawiko hat diesbezüglich einen Antrag gestellt. «Und zudem liegt die Entscheidung beim Kantonsrat.» Der Regierungsrat habe sich zudem noch nicht mit dem Antrag der Stawiko befasst.

Ob die vorgeschlagene Erhöhung der Steuer das Projekt nicht gefährde? «Man muss über die Finanzierung diskutieren. Und die Erhöhung der Motorfahrzeugsteuer ist ein Weg, den man betrachten muss.» Das sei eine befristete Erhöhung der Steuer, im Durchschnitt 150 Franken pro Person. «Aus meiner Sicht ist das zu verantworten. Und das ist auch die Meinung der Stawiko.» In Gefahr gebracht sieht Tännler das Projekt dadurch nicht: «Natürlich werden wir diskutieren, vor dem Kantonsrat und vor dem Volk. Bei jeder Erhöhung der Motorfahrzeugsteuer gibt es Diskussionen. Aber das ist nicht einfach eine Erhöhung, sondern man erhält dafür einen direkten Nutzen. Jetzt wird es unsere Aufgabe sein, die Leute davon zu überzeugen, dass dieser Nutzen eine Erhöhung wert ist.»

«Man muss ehrlich sein»

Wird der Vorschlag der Steuererhöhung das Projekt zum Scheitern bringen? Der Präsident der Stawiko, Gregor Kupper, verneint: «Natürlich ist jetzt die Frage, ob man damit neue Gegner schafft. Aber wenn wir das nicht diskutieren, gaukeln wir dem Stimmbürger vor, du bekommst einen Stadttunnel und musst dafür nichts bezahlen. Das ist nicht so. Es ist ein attraktives Jahrhundertbauwerk, und irgendjemand muss es bezahlen.» Wenn es nicht gelinge, das Volk davon zu überzeugen, dass der Tunnel eine Erhöhung der Motorfahrzeugsteuern wert ist, dann sei das Projekt ohnehin nicht gut genug: «Dann lehnen die Leute den Tunnel sowieso an der Urne ab. Man muss ehrlich sein und auch wissen, was es kostet.»

«Absolute Frechheit»

Der mögliche Groll der Motorfahrzeugbesteuerten ist also noch ungewiss. Eine zweite Gegnerfront ist allerdings schon viel realer: In der Stadt Zug trifft der Plan der Stawiko auf kein Verständnis – dass die Stadt neu 120 Millionen Franken bezahlen soll, findet etwa SVP-Kantons- und Stadtzuger Gemeinderat Philip C. Brunner «grotesk».

Und FDP-Gemeinderat Etienne Schumpf sagt: «Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so erbost war. Ich habe zuerst gedacht, das sei ein Aprilscherz in der Zeitung. Der Vorschlag der Stawiko ist eine absolute Frechheit und lässt mich an deren Kompetenz zweifeln.» Die Kommission habe mit ihrem Vorschlag auf unkreative Weise die Stadt als Milchkuh ausgemacht, so Schumpf. «Da fehlt der Gerechtigkeitssinn. Bei anderen Projekten mussten die Gemeinden nichts bezahlen: Bei der Umfahrung Cham etwa.»

Das sieht auch Philip C. Brunner so: «Die Stawiko setzt sich zusammen aus zwei Neuheimer Kantonsräten, zwei Hünenbergern und einem Steinhauser, plus einem Oberägerer und einer Unterägerer Kantonsrätin. Die Stadt Zug ist darin gar nicht vertreten! Es ist ja klar, dass diese Mitglieder keine Zentrumsinteressen wahrnehmen.» Dabei leiste die Stadt Zug 43,6 Prozent aller Steuern des Kantons, über Gemeinde-, Kantons- und Bundessteuern. Das muss man sich mal vorstellen.» Der Kanton wolle aus der Spezialfinanzierung nur noch 250 Millionen bezahlen: «Diese zwei Zahlen stehen in keinem Verhältnis. Und jetzt soll einfach der Beitrag der Stadt an den Tunnel erhöht werden, wo bei der Umfahrung Cham-Hünenberg die Gemeinden nichts an die Projekte bezahlen mussten. Oder bei der Tangente Zug/Baar.»

Dem Hünenberger erklären, wie er ja sagen soll

Das letzte Argument lässt Stawiko-Präsident Kupper gelten. «Das kann ich nachvollziehen. Aber man muss sich einfach vor Augen führen, wie die Situation des Kantons momentan ist. Wir müssen eine Lösung suchen, mit der sich der Tunnel finanzieren lässt. Und die finanzielle Situation im Kanton ist nun mal anders als noch vor zwei, drei Jahren.» Das wiederum ist für Brunner nicht ausschlaggebend. «Der Stadttunnel ist ein Jahrhundertprojekt. Seit hundert Jahren plant man an dieser Idee. Da geht es nicht an, dass man jetzt, wo eine Lösung vorliegt, über die der Kantonsrat entscheiden kann, einfach mehr Last auf die Stadt abschiebt, weil die Verhältnisse gerade nicht so gut sind.»

«Natürlich wehrt sich die Stadt Zug gegen den Vorschlag», sagt Kupper. «Aber man muss auch einem Hünenberger erklären können, warum er zum Stadttunnel ja sagen soll.» Der Hauptnutzen des Tunnels gelte der Stadt Zug, dann den Autofahrern. «Deshalb haben wir vorgeschlagen, auch die Kostenverteilung so vorzunehmen.»

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Anton Saxer Stadtzuger
    Anton Saxer Stadtzuger, 12.11.2014, 10:46 Uhr

    Der Bund taxierte ehemals das Projekt Stadttunnel mit Zentrum Plus als zu teuer (damals veranschlagte Kosten 520 Mio), womit eine Kostenbeteiligung abgeschmettert wurde. Nun muss auf Teufel komm raus das überdimmensionierte und massiv zu teure (weil letztendlich garantiert über eine Milliarde) Vorhaben auf eine andere Art finanziert werden. Die Stawiko war gefordert: keine Vorschläge unterbreiten, oder die etlichen Kommisionssitzungen mit albernen Empfehlungen zu rechtfertigen?
    Die Kommission hat sich für das Absurde entschieden!

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