Debatte um OECD-Mindeststeuer

Nationalrat hat keine Lust auf eine «Lex Zug»

Heinz Tännler ist über den Entscheid des Nationalrats betreffend die OECD-Mindeststeuer nicht erfreut. (Bild: Archivbild Zuger KB)

Künftig müssen Grossfirmen mindestens 15 Prozent Unternehmenssteuern zahlen – auch in Zug. Die Mehreinnahmen soll der Kanton aber nur zur Hälfte behalten dürfen, findet der Nationalrat. Der Zuger Finanzdirektor Heinz Tännler ist darüber alles andere als glücklich.

Bundesrat Ueli Maurer sass am Donnerstag auf verlorenem Posten. Vergeblich versuchte er den Nationalrat davon zu überzeugen, dass 75 Prozent der Mehreinnahmen aufgrund der OECD-Mindeststeuer in den Kantonen verbleiben sollen. Ein Kompromiss, welcher der Bund zusammen mit den Kantonen, Wirtschaftsvertretern sowie Städte- und Gemeindeverbänden in einem mehrjährigen Prozess ausgearbeitet hatte.

«Dieser Kompromiss basiert auf einer Solidarität zwischen den Kantonen und einer Bereitschaft, die Finanzierung der Vorlage entsprechend mitzutragen», appellierte er ans Parlament. «Wenn Sie hier eine Lex Zug, eine Lex Basel und vielleicht noch eine Lex Vaud oder irgendetwas machen, dann bricht diese Solidarität auseinander. Das ist klar.»

SP-Nationalrat Cédric Wermuth (AG) widersprach: «Sollten wir wirklich zum Beschluss des Ständerates gemäss Entwurfs des Bundesrates zurückkehren, dann würden wir hier drin faktisch eine Lex Zug verabschieden. Das wäre nichts anderes.»

«Dann haben wir unter dem Strich rund 70 Millionen Franken weniger für die Standortförderung zu Verfügung.»

Zuger Finanzdirektor Heinz Tännler

Zur Erinnerung: Auf Anfang 2024 tritt die OECD-Mindeststeuer in Kraft. Sie besagt, dass Grossunternehmen mit einem Umsatz von mehr als 750 Millionen Franken mindestens 15 Prozent Steuern bezahlen müssen. Das ist weit höher, als dies heute in Tiefsteuerkantonen wie Zug der Fall ist.

In der Schweiz sind davon etwa 200 Unternehmen betroffen sowie rund 2000 Tochtergesellschaften von ausländischen Konzernen. Der internationale Steuerwettbewerb soll durch die OECD-Mindeststeuer entschärft werden.

Zug verliert seine Attraktivität für Unternehmen

Das Problem: Die Schweiz verliert damit einen entscheidenden Standortvorteil. Es herrscht deshalb grosse Einigkeit darin, dass die erwarteten Mehreinnahmen von 1 bis 2,5 Milliarden Franken in die Standortattraktivität investiert werden sollen.

Die Frage ist nur: Wie wird das Geld am effizientesten eingesetzt? Bundes- und Ständerat waren sich einig, dass der Löwenanteil (75 Prozent) an die Kantone fliessen soll, weil diese den betroffenen Unternehmen am nächsten sind (zentralplus berichtete). Der Nationalrat sieht das nun anders und will das Geld je hälftig auf Bund und Kantone verteilen.

Nicht mehrheitsfähig war hingegen der Antrag, den Anteil der Kantone zudem zu deckeln. Die zuständige Kommission hatte beantragt, dass der Anteil eine Obergrenze von 400 Franken pro Einwohnerin nicht überschreiten darf. Für den Kanton Zug hätte das massive Auswirkungen gehabt.

Erhöht Zug selber die Unternehmenssteuern, bleibt das Geld im Kanton

Der Zuger Finanzdirektor Heinz Tännler spricht deshalb von einem «positiven Teilschritt». Das Geschäft kommt als nächstes zurück in den Ständerat. Die Chancen sind intakt, dass es bei der 50-50-Lösung bleibt. «Dann haben wir unter dem Strich rund 70 Millionen Franken weniger für die Standortförderung zu Verfügung», sagt Tännler. Das sei eklatant. «Wir sind über diese Lösung nicht glücklich.»

Wie wird die Zuger Regierung darauf reagieren? «Das können wir noch nicht beantworten, wir werden das analysieren und allenfalls Massnahmen auf kantonaler Ebene prüfen», meint der Zuger Finanzdirektor.

«Die Kantone werden eigene Gesetzgebungen machen, die nicht im Interesse der Schweiz sind.»

Bundesrat Ueli Maurer

Ueli Maurer warnte in der Debatte am Donnerstag davor, wie diese aussehen könnten. Die Kantone könnten von sich aus die Unternehmenssteuern auf 15 Prozent anheben. Dann nämlich müssen sie dem Bund nichts von den Einnahmen abgeben. Die höheren Steuern würden dann allerdings alle Unternehmen treffen – nicht nur die Grossfirmen.

«Die Kantone werden eigene Gesetzgebungen machen, die nicht im Interesse der Schweiz sind», meinte Maurer. «Sie werden diese Solidarität auseinanderbrechen lassen. Das ist in der Steuerpolitik gefährlich.»

Wenn Zug verliert, verliert die ganze Schweiz

Der Bundesrat betonte: «Wenn ein grosser Konzern zum Beispiel aus Zug wegzieht, dann fehlen bei uns und im Kanton einige hundert Millionen Franken Steuern. Das betrifft dann natürlich den entsprechenden Kanton, aber es betrifft auch die ganze Schweiz, weil dann auch dem Bund Gelder für die Forschung, Gelder für die Infrastruktur, für den öffentlichen Verkehr fehlen.»

Für die 50-50-Lösung votiert hatten neben SP auch GLP und die Mitte. «Die Standortförderung ist innerhalb der Schweiz zunehmend auch eine Verbundaufgabe, die durch den Bund wahrgenommen wird. Damit werden wir auch über unsere Landesgrenze hinaus stärker beachtet», meinte Mitte-Nationalrat Markus Ritter (St. Gallen)

Die Grünen beantragten gar, die vollen Mehreinnahmen dem Bund zu überlassen, die SVP verlangte das Gegenteil. Die FDP votierte dafür die von Bundes- und Ständerat präferierte 75-25-Lösung. Das Geschäft geht nun zur Differenzbereinigung wieder zurück in den Ständerat.

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