Luzern stimmt über Reuss-Oase-Initiative ab

Nach Inseli-Knorz: Wieso die Juso diesmal früher jubeln darf

Das Reussufer in Luzern: Es besteht Luft nach oben. (Bild: jal)

Die Stadt Luzern stimmt am 15. Mai über die Aufwertung des Reussufers ab. Die letzte Initiative der Juso, vor fünf Jahren angenommen, ist noch immer nicht umgesetzt. Wieso das diesmal anders werden soll.

Fast fünf Jahre sind vergangen, seitdem die Juso Luzern im Herbst 2017 über die Annahme ihrer Inseli-Initiative jubelte. Der Euphorie ist inzwischen der Ernüchterung gewichen. Denn noch immer sieht der beliebte Sommertreffpunkt hinter dem Bahnhof aus wie damals. Ja, mehr noch: Mit der kürzlich lancierten Määs-Initiative verlangen die Bürgerlichen, dass das Thema indirekt nochmals an die Urne gelangt (zentralplus berichtete).

Jetzt steht die Abstimmung über die nächste Juso-Initiative an. Auch dieses Mal geht es um öffentliche Plätze am Wasser, nun aber am Fluss. Die Reuss-Oase-Initiative verlangt, dass das Ufer zwischen Spreuerbrücke und Nordpol aufgewertet wird und dass dort unkommerzieller Freiraum entsteht. Dadurch soll auch die Sicherheit und der ökologische Wert des Ufers steigen.

Gründe für schnellere Umsetzung

Der Stadtrat steht hinter dieser Forderung und empfiehlt die Initiative zur Annahme. Das ist aber noch kein Garant dafür, dass es rasch vorwärts geht. Denn auch bei der Inseli-Initiative unterstützte die Exekutive – nachdem die Salle Modulable an diesem Standort vom Tisch war – das Anliegen der Juso.

Trotzdem gibt es einige Gründe, die dafür sprechen, dass für die Umsetzung der Reuss-Oase-Initiative nicht wieder Jahre verstreichen. Sofern es am 15. Mai an der Urne ein Ja gibt.

1. Die Juso formuliert ihr Anliegen viel offener

Ein wichtiger Unterschied besteht in der Art und Weise, wie das Anliegen der Juso formuliert ist. Bei der Abstimmung 2017 zur Initiative «Lebendiges Inseli statt Blechlawine» war die Forderung klar und deutlich: Der Carparkplatz Inseli-Quai soll aufgehoben und die dort bestehende Grünfläche erweitert werden.

Bei der Reuss-Oase liegt der Fall anders. Die Initiative enthält nicht eine einzelne, unmissverständliche Forderung, sondern einen offen formulierten Zweck. In diesem Fall: Dass die Stadt Massnahmen zur Attraktivierung des Reussufers prüft. Wie der Stadtrat dies umsetzt, schreibt die Juso nicht konkret vor.

Die Nordpol-Buvette belebt das Reussufer bereits heute. (Bild: ara)

Zwar formuliert die Jungpartei in den Erläuterungen zur Initiative konkrete Ideen – wie beispielsweise eine Reussbadi beim Kasernenplatz, neue Buvetten und schwimmende Plattformen am rechten Reussufer. Doch all dies sind lediglich nicht bindende Vorschläge. Das heisst: Ob, beziehungsweise wann die Initiative umgesetzt sein wird, bleibt ein Stück weit eine offene Frage. Oder anders gesagt: Der Stadtrat hat mehr Handlungsspielraum.

2. Die Stadt Luzern ist bereits dran

Hinzu kommt: Die Initiative rennt laut dem Stadtrat offene Türen ein. Er hat bereits Projekte im Köcher, die das Reussufer aufhübschen sollen (zentralplus berichtete). So hat er beispielsweise just diese Woche bekanntgegeben, dass bei der St.-Karli-Brücke Richtung Reussinsel ein neuer Park geplant ist.

Auch beim Geissmattpark auf der anderen Flussseite, ein paar Meter nach dem Nölliturm, wird bereits seit Längerem über eine Aufwertung diskutiert. Erste Sofortmassnahmen in Form von Bänken und Pflanztrögen hat die Stadt letztes Jahr umgesetzt.

Ebenfalls bereits aufgegleist sind die Pläne für eine bessere Verbindung am rechten Uferweg. Dazu gehört auch eine neue Velobrücke im Bereich des Nordpols. Über die wird übrigens ebenfalls am 15. Mai abgestimmt: Sie ist Teil des Gegenvorschlags des Stadtrats zur Velo-Initiative, die am selben Tag an die Urne kommt.

So soll die geplante Velobrücke aussehen:

Kurzum: Es gibt zahlreiche Wege, um dem Anliegen der Initianten Rechnung zu tragen.

3. Es ist keine Määs und kein Leitungswirrwarr im Weg

Gerade weil bereits Vorarbeiten zu einzelnen Abschnitten und Projekten im Gang sind, steht der Umsetzung wenig im Weg. Aber auch die Lage spielt der Stadt in die Hände. Denn entlang der Reuss gibt es nur wenige Hindernisse. Anders beim Inseli: Zunächst waren es die Carparkplätze, für die man Ersatz suchen musste. Jetzt kommt der Umsetzung auch noch die Määs in die Quere.

Auch bei der 2013 angenommenen Initiative für eine autofreie Bahnhofstrasse (diese stammt aus der Feder der Mutterpartei SP) ist erst ein Teil umgesetzt. Die vielen Leitungen im Untergrund, das benachbarte Theater, der Verkehr: All das muss bei der Neugestaltung berücksichtigt werden. Und macht die Sache komplexer, als man auf den ersten Blick wohl dachte.

«Der Stadtrat kann bei einem Ja gleich am Montag nach der Abstimmung loslegen.»

Yannick Gauch, SP

Beim Reussufer ist natürlich auch nicht alles nur einfach. So hat der Stadtrat zum Beispiel bereits klargemacht, dass eine Badi am Kasernenplatz – wie früher der «Mississippi Dampfer» – aufgrund der heutigen Gewässerschutz- und Wasserbaugesetzgebung nicht umsetzbar ist. Auch schwimmende Elemente wie Pontons sieht die Stadt aufgrund der rechtlichen Situation skeptisch.

Reuss_Mississippi_Dampfer_Badeanstalt
Unterhalb der Spreuerbrücke stand bis 1971 der «Mississippi-Dampfer» mitten in der Reuss. In der Badeanstalt wuschen sich viele Luzerner, da sie zu Hause noch keine Waschmöglichkeit hatten. (Bild: Staatsarchiv Luzern)

Aber einfache Aspekte, beispielsweise eine Verschönerung des Uferwegs, können relativ unkompliziert umgesetzt werden. Oder, wie es Yannick Gauch, SP-Präsident und Mitglied im Initiativkomitee, formuliert: «Der Stadtrat kann bei einem Ja gleich am Montag nach der Abstimmung loslegen.»

4. Niemand ist dagegen

Wer sich im Sommer flussabwärts treiben lässt oder mal abends am Ufer unterwegs ist, weiss: Das Reussufer hat noch sehr viel Potenzial (zentralplus berichtete). Und so erstaunt es kaum, dass die Aufwertung politisch unbestritten ist. Der Grosse Stadtrat hat die Initiative im Februar einstimmig zur Annahme empfohlen. Die SVP sprach in der entsprechenden Ratsdebatte gar von einem «Coup», welcher der Juso mit der Initiative gelungen sei.

Dass bei der Reuss-Oase-Initiative niemand dagegen ist, dürfte sicherlich ein Vorteil sein, wenn es um die Umsetzung geht. «Es ist allen bewusst, dass das Leben am Wasser ein Luxus ist, zu dem wir Sorge tragen müssen. Und dass in Luzern am Reussufer noch viel Potenzial schlummert», sagt Yannick Gauch dazu.

Die Unterstützung für die Inseli-Initiative war keinesfalls so breit abgestützt: Die Bürgerlichen kämpften engagiert gegen das Anliegen. Und auch jetzt, im Kontext der möglichen Verlegung der Määs, geht das politische Seilziehen weiter.

5. Das Parlament hat vorgesorgt

Um dem Willen Nachdruck zu verleihen, hat das Parlament vorgesorgt: Im Rahmen der Debatte sind im Februar zwei Protokollbemerkungen überwiesen worden. Die erste fordert, dass der öffentliche Zugang zum Wasser bis 2025 verbessert werden soll. Beispielsweise mit einer begehbaren Plattform am Standort der früheren Badeanstalt bei der Spreuerbrücke oder so, wie es die Stadt ursprünglich beim St.-Karli-Quai vorsah (siehe Abbildung).

St. Karli Quai Luzern Visualisierung
So könnte der St. Karli Quai gemäss Stadtraumstrategie auch aussehen. (Visualisierung: zVg)

Ebenfalls überwiesen hat die Ratsmehrheit eine Bemerkung der SP: So muss die Stadt bei Annahme der Initiative bis 2026 temporäre Aussengastronomie am Ufer zulassen.

Kleines geht schnell, Grosses dauert Jahre

Fazit: Stimmt die Bevölkerung am 15. Mai Ja, geht es diesmal sicher schneller vorwärts als bei der Inseli-Initiative. Erste Elemente dürften rasch umgesetzt werden. Doch zu früh freuen sollten sich Spaziergängerinnen und Schwimmer gleichwohl nicht. Bis die grossen Projekte umgesetzt sind und das Ufer in neuem Kleid daherkommt, werden noch einige Liter Wasser die Reuss hinunter fliessen.

Verwendete Quellen
  • Telefonat mit Yannick Gauch, Präsident SP Stadt Luzern und Mitglied Initiativkomitee
  • Bericht und Antrag des Stadtrats zur Initiative
  • Stadtraumstrategie der Stadt Luzern
  • Frühere Medienberichte
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5 Kommentare
  • Profilfoto von Max
    Max, 11.04.2022, 20:11 Uhr

    Wers glaubt. Auch das wird verschleppt mit studien wettbewerben machbarkeits prüfungen bla bla bla

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  • Profilfoto von Paul
    Paul, 11.04.2022, 20:09 Uhr

    Oje auch das wird ein Desaster… mit machbarkeits studien, wettbewerb, zwischennutzungen und verschleppetei pi pa po. Solange es nicht geld ab wirft wird in lu-toen nichts umgesetzt….. ausser für turisten..

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  • Profilfoto von Samuel Kneubuehler
    Samuel Kneubuehler, 11.04.2022, 16:49 Uhr

    Ein Thema ohne Gegnerschaft. Macht die Juso plötzlich erwachsene Politik? 😉
    Aber weshalb das Thema nicht via Parlament eingebracht wurde, wäre günstiger und schnelle rgewesen, erschliesst sich mir nicht ganz.

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  • Profilfoto von Jörg
    Jörg, 11.04.2022, 08:32 Uhr

    nun beim Schiff, an der Reuss wurde ein grosser Spielplatz gebaut, auch eine schönes Open Lokal,
    nun geht man nach ZH oder Basel erstaunt es einem das Luzern die Reuss nicht nutzt für Freizeit, Frei Badis, Boots Fahrten schade, da könnte man mehr draus machen.

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    • Profilfoto von martin.vonrotz
      martin.vonrotz, 11.04.2022, 09:19 Uhr

      Hat zu grössten Teil was mit dem Gewässerschutz zu tun, und da macht der Bund die Vorschriften. Da hat man nicht freie Hand. Und Boote auf der Reuss ist an vielen Orten zu gefährlich. Schon das Schlauchboot fahren ist nicht ohne.

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