Volksinitiative auf der Kippe

Müssten Hochhäuser abgerissen werden?

Hier am Pilatusplatz soll ein 35-Meter-Hochhaus entstehen.

(Bild: mbe)

Der Luzerner Stadtrat empfiehlt dem Parlament, die Anti-Hochhaus-Initiative des Vereins Stadtbild am 21. Mai für ungültig zu erklären. Doch selbst dann könnten die Initianten mit dem Gang bis vors Bundesgericht für Probleme sorgen. Und im Extremfall müssten zwischenzeitlich gebaute Hochhäuser «geköpft» werden.

Am 21. Mai geht die leidige Stadtluzerner Hochhausdebatte in die Endphase. Dann nämlich entscheidet das Parlament über die umstrittene «Stadtbild-Initiative» des hochhauskritischen Vereins Stadtbild. Die Initiative verlangt in der Innenstadt ein Hochhausverbot. Damit würde ein Entscheid der Stimmbevölkerung von 2013 teilweise wieder aufgehoben: Damals haben die Stadtluzerner im Rahmen der Bau- und Zonenordnung (BZO) auch Ja gesagt zu den drei Hochhausstandorten Pilatusplatz, Bundesplatz und Steghof.

Gutachten zerzaust Initiative

Aus Zweifeln, ob die von gut 1000 Personen unterzeichnete Initiative gültig ist, hat sie der Stadtrat durchleuchten lassen. Pierre Tschannen und Dominik Elser vom Institut für öffentliches Recht in Bern kamen in ihrem Gutachten zum Schluss, dass es gleich aus mehreren Gründen rechtswidrig sei, so kurz nach einer Abstimmung über die Hochhäuser schon wieder darüber abstimmen zu lassen (zentral+ berichtete). Hauptsächlich widerspreche die Initiative der bundesrechtlichen Planbeständigkeit: Investoren und Grundstückbesitzer haben demnach ein Anrecht darauf, dass Volksentscheide über Planungen für eine Weile Gültigkeit haben und nicht sofort wieder umgekrempelt werden.

Stadtrat plädiert auf Ungültigkeit

An diesem Donnerstag nun hat der Stadtrat mitgeteilt, dass auch er die Initiative für ungültig hält und dem Parlament für den 21. Mai einen entsprechenden Antrag unterbreiten wird. «Mit der Initiative wird der Volkswille innert kurzer Zeit wieder grundsätzlich in Frage gestellt, ohne dass triftige Gründe vorliegen», begründet Baudirektorin Manuela Jost (GLP) den Entscheid. Die Planbeständigkeit wäre dadurch nicht mehr gegeben. Erst nach 10 bis 15 Jahren und im Rahmen einer Gesamtrevision dürften solche Änderungen wieder vollzogen werden.
 
Das Parlament wird die Volksinitiative am 21. Mai wohl klar ablehnen, wie eine kürzlich erfolgte Umfrage von zentral+ unter den fünf Parteien zeigte. Doch damit ist die Sache noch nicht gegessen.

Ziehen Initianten vors Bundesgericht?

Zwar haben die Initianten rund um Alexandros Guekos und David Stalder eine erste Frist für eine Stellungnahme bis 2. März verstreichen lassen. Doch sie können nach dem 21. Mai den Entscheid des Grossen Stadtrates per Stimmrechtsbeschwerde zuerst an den Regierungsrat, dann an das Kantonsgericht und schliesslich sogar ans Bundesgericht weiterziehen. «Bis zu einem Entscheid kann es dann zwei bis drei Jahre dauern», weiss Jost. Ob die Initianten die Ungültigkeitserklärung tatsächlich weiterziehen würden, wollen sie erst am kommenden Montag bekannt geben.
 
Sollten die Hochhausgegner den Gerichtsweg einschlagen, würde dies die Projekte am Bundesplatz, am Pilatusplatz und am Steghof aber nicht blockieren. «Dieses Verfahren hätte keine aufschiebende Wirkung, die Investoren und Bauherren könnten weiterarbeiten und müssten nicht auf einen abschliessenden Gerichtsentscheid warten», versichert Jost.

Worst Case: Abriss

Aber was passiert, wenn das Gericht die Initiative in zwei, drei Jahren doch für gültig erklären würde? Müssten dann allenfalls bereits bestehende Hochhäuser wieder «geköpft» werden? Die Initiative beinhaltet nämlich explizit einen entsprechenden Rückwirkungs-Passus. Demnach müssten Bewilligungen für Hochhausprojekte, die nach dem 1. April 2015 bewilligt wurden, widerrufen werden.
 
Diese heikle Frage beantwortet seitens der Stadt Daniel Bernet, Jurist der Baudirektion. «Nebst der Planbeständigkeit ist gemäss Gutachten von Professor Pierre Tschannen auch die Rückwirkung ungültig.» Gehe ein Gericht aber entgegen dem Gutachten auch von der Gültigkeit der Rückwirkung aus, würde laut Bernet gelten:

  • Ist das Hochhaus bereits erstellt, bleibt es zulässig.
  • Ist das Hochhaus noch in der Planung beziehungsweise noch nicht erstellt, sind nach dem 1. April 2015 erstinstanzlich erteilte Baubewilligungen zu widerrufen. Das Gebäude dürfte dann doch nicht realisiert werden.

 

«Investoren müssten Risiko eingehen»

«Dieses, unserer Meinung nach sehr kleine, Risiko müssten die Investoren eingehen», sagt Jost. «Das Gutachten ist aus unserer Sicht jedoch glasklar. Wir sind absolut sicher, dass die Initiative rechtswidrig ist und deshalb für ungültig erklärt werden muss.»

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