Zoff unter Luzerner Parteien

Kritik an Mittel gegen Prämienschock – und das von links

Adrian Nussbaum (links) will, dass der Kanton Luzern die Versicherungsabzüge erhöht. Jörg Meyer von der SP ist damit gar nicht einverstanden. (Bild: Adobe Stock/zvg)

Die Abzüge für Krankenkassen sollen aufgrund der gestiegenen Prämien erhöht werden. Dies fordert die Mitte Luzern. Die SP ist damit überhaupt nicht einverstanden. Sie will das Problem anders angehen.

Im Kanton Luzern steigen die Krankenkassenprämien im Mittel um 5,9 Prozent (zentralplus berichtete). Die Mitte-Fraktion des Kantonsrats will nun in einem dringlichen Vorstoss erreichen, dass der Mittelstand von den stark steigenden Krankenkassenprämien entlastet wird.

Die Partei fordert in der Motion, dass die Versicherungsabzüge erhöht werden. Momentan können verheiratete Paare bis zu 4’900 Franken vom steuerbaren Einkommen abziehen, alle anderen Steuerpflichtigen bis zu 2’500 Franken. Die Höhe des Abzugs hängt von den jeweiligen Gesundheitskosten ab. Falls ein alleinstehender Mann beispielsweise weniger als 2’500 Franken im Jahr für Versicherungsleistungen ausgibt, darf er nur einen kleineren Betrag vom steuerbaren Einkommen abziehen.

Aufgrund der Inflation hat der Kanton Luzern angekündigt, diese Abzüge um je 100 Franken zu erhöhen (zentralplus berichtete). Ab Januar 2023 können verheiratete Paare bis 5’000 Franken, alle übrigen bis 2’600 Franken abziehen.

Das geht der Mitte zu wenig weit. Eine Anpassung der Abzugshöhen an die Inflationsrate sei zu wenig, weil die Prämien aufs nächste Jahr hin so stark ansteigen.

Mitte findet Steuerabzüge Symptombekämpfung – sie seien dennoch wichtig

Geht es nach der Mitte, soll der Kanton Luzern daher die Versicherungsabzüge erhöhen. Die Mitte Luzern setzt bewusst auf das Instrument des Versicherungsabzuges und nicht auf Prämienverbilligungen. Denn auch mittelständische Familien würden unter den hohen Krankenkassenkosten leiden, ohne von Prämienverbilligung profitieren zu können.

Zudem werden die Versicherungsabzüge weniger wirksam, wenn die Erhöhung der Abzüge nicht an die Erhöhung der Prämien angepasst wird. Dazu beklagt die Mitte, dass viele Familien schon heute nicht all ihre Versicherungsprämien von den Steuern abziehen können.

«Es kann nicht sein, dass eine mittelständische Familie mehr Prämien zahlt, als sie von den Steuern abziehen kann.»

Adrian Nussbaum, Mitte-Fraktionschef

Wie stark der Versicherungsabzug erhöht werden soll, wird bewusst offengelassen. Fraktionschef Adrian Nussbaum sagt jedoch gegenüber zentralplus. «Es kann nicht sein, dass eine mittelständische Familie, welche nur Grundversicherung zahlt, mehr Prämien zahlt, als sie von den Steuern abziehen kann.»

Das Problem liegt woanders

Dazu müsste man die Abzüge aber deutlich erhöhen. Nur schon aufgrund des Prämienwachstums müsste die Erhöhung der Abzüge 5,9 Prozent betragen. Schon heute übersteigen jedoch die Gesundheitskosten vieler Luzernerinnen die maximale Höhe der Abzüge. Entsprechend würde die Erhöhung also mehr als die eigentlichen 5,9 Prozent Prämienwachstum betragen.

Dennoch ist für Adrian Nussbaum von der Luzerner Mitte klar, dass auch die eigenen Bemühungen keine nachhaltige Lösung sind. «Grundsätzlich müsste man das Problem an der Wurzel packen, der Versicherungsabzug ist gleich wie die Prämienverbilligung eine reine Symptombekämpfung.»

Die steigenden Kosten als zugrunde liegendes Problem könne der Kanton Luzern aber schwer alleine lösen. Nussbaum verweist daher auf die Kostenbremse-Initiative der Mitte Schweiz, welche das Prämienwachstum beschränken will.

SP wirft Mitte vor, Geld in eigene Tasche zu schaufeln

Dem Vorschlag der Mitte nicht viel abgewinnen kann die SP. Kantonalpräsident David Roth findet klare Worte: Die Mitte würde mit ihrem Vorstoss Geld in ihre eigenen Taschen schaufeln.

Zwar ist für die SP unbestritten, dass man aufgrund der gestiegenen Prämien etwas machen muss. «Den Vorschlag der Mitte lehnen wir aber komplett ab, da davon fast nur die höchsten Einkommen profitieren», wie SP-Kantonsrat Jörg Meyer gegenüber zentralplus sagt.

SP plant eigenen Vorstoss

«Die Mitte hat in der Tat recht, dass der Mittelstand nicht von Prämienverbilligungen profitiert. Wenn man den Mittelstand entlasten will, muss man aber die Einkommensschwelle anheben, welche für Prämienverbilligung berechtigt», sagt Meyer weiter.

Deshalb ist die SP daran, einen alternativen Vorstoss vorzubereiten. «Wir werden in der nächsten Session ein Postulat einreichen. Darin fordern wir, dass der Kanton Luzern die Einkommensschwelle für die Prämienverbilligung erhöht», so Meyer abschliessend.

Verwendete Quellen
  • Telefongespräch mit Adrian Nussbaum, Fraktionschef Mitte im Kantonsrat
  • Telefongespräch mit Jörg Meyer, SP-Kantonsrat
  • Vorstoss der Mitte Luzern
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9 Kommentare
  • Profilfoto von Gitta
    Gitta, 05.10.2022, 12:30 Uhr

    Die Einkommensgrenze nach oben verschieben heisst den Mittelstand unterstützen. Wie hoch ein Mittelstands-Einkommen sein darf, um Krankenkassenprämien Zuschüsse zu erhalten muss ausgehandelt werden. Damit werden jene Familien, Einzelpersonen und Rentnerinnen belohnt, die ihr Einkommen ehrlich versteuern.

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  • Profilfoto von Philipp
    Philipp, 05.10.2022, 11:49 Uhr

    Schaut besser mal dass die Prämienverbilligung gerechter verteilt werden damit auch Einzelpersonen mit niedrigem Einkommen davon profitieren können. Selbst mit einem Steuerbaren Einkommen von 35’000.- bekommt man in Luzern nichts als Single.

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    Sandro, 04.10.2022, 22:32 Uhr

    Wow dann muss ich 20.- weniger Steuern zahlen. Ist ja krass.

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    Hanspeter Flueckiger, 04.10.2022, 20:44 Uhr

    Es ist und bleibt eine Bankrotterklärung auf allen Ebenen. Anstatt, dass man endlich offen und erhlich sagt, dass niemand – wirklich niemand – daran interessiert ist, dass die Kosten im Gesundheitswesen nicht mehr steigen, überbieten sich Partei-Exponenten mit Nonsens, dass es kaum mehr zum Aushalten ist. Das Gesundheitswesen ist dank den bürgerlichen Parteien längstens zum Selbstbedingungsladen verkommen, wo jeder Player für sich schaut und das System abzockt. Einfach nur unglaublich dilettantisch und äusserst besorgniserrgend. Die Parteien sind aufgefordert ihre «Gesundheitspolitiker», welche sich in Verwaltungsräten von Krankenversicherungen, Spitälern, Pharma-Unternehmen etc. tummeln, von diesen Gremien abzuziehen. Es kann doch einfach nicht sein, dass der Wähler so dumm ist und sich weiter abzocken lässt. Unfassbar!

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  • Profilfoto von Loris Fabrizio Mainardi
    Loris Fabrizio Mainardi, 04.10.2022, 20:36 Uhr

    Aus einer nicht linken, aber sozial-marktwirtschaftlichen Warte ist daran zu erinnern, dass die damalige «CVP» vor den Eidg. Wahlen 2019 ein ähnliches Entlastungspaket für den «Mittelstand» forderte – mit relevanter Wirkung progressionsbedingt erst ab 300’000 Fr. Wenn für die «Mitte» der Mittelstand erst bei dieser Einkommensstufe beginnt, besteht freilich der Verdacht auf gewisse Gleichgewichtsstörungen. Von daher ist zu hoffen, dass das verdeckte, volkswirtschaftlich unsinnige Steuergeschenk an das reichste Einkommensprozent wie 2019 durchschaut und versenkt wird!

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    • Profilfoto von Verwöhnter Fundi und Naivling
      Verwöhnter Fundi und Naivling, 05.10.2022, 19:13 Uhr

      @LFM
      Gehe mit Ihnen zu 100% einig. Warum Sie sich aber mit diesem Votum so penetrant gegen «Links» abgrenzen müssen, bleibt mir ein Rätsel…..🤔

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      • Profilfoto von Loris Fabrizio Mainardi
        Loris Fabrizio Mainardi, 05.10.2022, 20:58 Uhr

        … ganz einfach, weil ich – im Gegensatz zum dogmatischen Parteiprogramm der SP – den Kapitalismus nicht abschaffen will!

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        • Profilfoto von Verwöhnter Fundi und Naivling
          Verwöhnter Fundi und Naivling, 06.10.2022, 07:38 Uhr

          aha, und wie halten Sie es mit dem «bürgerlichen Dogma» der «freien Marktwirtschaft», das ja im krassen Gegensatz zu der von Ihnen propagierten «sozialen Marktwirtschaft» steht? Übrigens, auch die SP propagiert die «soziale Marktwirtschft»….

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  • Profilfoto von Lucommenter
    Lucommenter, 04.10.2022, 20:17 Uhr

    Laut «grün-links» scheinen nur noch die «höchsten Einkommen» Steuern zu zahlen – einmal mehr ein Märchen. Gezielte Entlastungen sind angebracht, jedoch nur für Versicherte welche bereit sind ein Hausarzt, Telmed oder HMO (Gruppe Praxis) Modell zu wählen.

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