Mitte-Frau überrascht – 2. Wahlgang verspricht Spannung
Michaela Tschuor schafft den Sprung in den Luzerner Regierungsrat auf Anhieb. Derweil kommt es voraussichtlich zu einem Dreikampf um die verbleibenden zwei Sitze in der Luzerner Regierung. Der Kantonsrat wird rechter. Eine Analyse.
«Ich bin dafür angetreten, frischen Wind in die Regierung zu bringen und werde das nun auch tun.» Das sagte die neu gewählte Luzerner Regierungsrätin Michaela Tschuor am Sonntagnachmittag zu ihrem Wahltriumph (zentralplus berichtete). Als Frau wird sie definitiv neue Impulse im fünfköpfigen Gremium setzen, war dieses in den vergangenen acht Jahren doch ausschliesslich von Männern besetzt.
Dass die 45-Jährige im ersten Wahlgang den Sprung in die Regierung schafft, ist eine Überraschung. Und dass sie fast gleich viele Stimmen holte wie Fabian Peter (FDP) und Reto Wyss (Mitte), ist eine noch grössere. Denn die beiden Männer hatten den Bisherigen-Bonus.
Ein mitentscheidender Grund für das gute Abschneiden Tschuors: Die Bevölkerung wollte unbedingt wieder mindestens eine Frau im Regierungsrat. Doch nicht nur ihr Geschlecht führte zum Triumph im ersten Wahlgang. Sie bringt wichtige Politerfahrung mit. Seit 2012 ist sie Gemeinderätin von Wikon, seit knapp vier Jahren Gemeindepräsidentin und seit 2022 Kantonsrätin.
Zweite Runde für SVP, GLP und SP
Lange auf der Kippe stand am Sonntagnachmittag die Wahl Armin Hartmanns (SVP). Mit der Auszählung der Stimmen der Stadt Luzern war dann aber klar, dass der SVP-Kandidat den Sprung in die Regierung nicht im ersten Wahlgang schafft. Für ihn geht es also in die zweite Runde, wobei seine Chancen am 14. Mai sehr gut stehen. Er hat mit 50'225 Stimmen über 10'000 Stimmen Vorsprung auf die direkt hinter ihm platzierte Ylfete Fanaj (SP, 39'442 Stimmen). Diese wiederum hat einen deutlichen Vorsprung auf die GLP-Kandidatin Claudia Huser (28'805 Stimmen).
Fanaj konnte auch Christa Wenger (Grüne, 28'109 Stimmen) deutlich distanzieren. Das ist ein schöner Erfolg für die SP-Frau, für Wenger ist es – wie das Abschneiden der Grünen im Kantonsrat – eine Enttäuschung. Doch die Ausgangslage bleibt für Fanaj kompliziert. Da SVP-Kandidat Hartmann noch nicht gewählt ist und auch GLP-Kandidatin Claudia Huser voraussichtlich nochmals kandidieren wird, treten wohl zwei Bürgerliche zum zweiten Wahlgang an. Entsprechend werden diese Wähler nochmals mobilisiert.
SVP macht Verluste von 2019 fast wett
Bleibt der Kantonsrat: Da ist ein Rechtsrutsch festzustellen. Die SVP hat fast zu alter Stärke zurückgefunden. Sie konnte als einzige Partei Sitze hinzugewinnen: plus fünf – zwei weniger, als sie 2019 verlor. Grund dafür dürfte die Asylkrise sein, welche im vergangenen Jahr auch den Kanton Luzern stark belastete. Zudem wird die hohe Zuwanderung Wähler zur SVP getrieben haben.
Die Mitte kann anders als bei den Regierungsratswahlen beim Kantonsrat nicht feiern, ihre Abwärtstendenz geht weiter. Sie bleibt mit 32 Sitzen (minus zwei) noch knapp stärkste Kraft im Kanton. Der erneute Verlust ist für die Partei eine historische Schlappe. Die FDP konnte ihre Sitze halten, was angesichts des Kollapses der Credit Suisse erstaunen mag – wird die nationale Partei doch immer wieder mit den Grossbanken in Verbindung gebracht.
Grüne können Schaden in Grenzen halten
Einigermassen ernüchternd verlief der Wahlsonntag für die Grünen. Sie haben zwei Sitze verloren, neu hat die Partei deren zwölf. Hinzu kommt der Sitz der Jungen Grünen, der ebenfalls weg ist. Ihr Rekordergebnis von 2019 konnte die Partei also nicht bestätigen. Mit Verlusten war gemeinhin gerechnet worden, stehen doch derzeit nicht klassisch grüne Anliegen im Zentrum der politischen Diskussionen. Doch immerhin für sie: Der Verlust ist nicht enorm.
Mehr erhofft hatte sich hingegen die SP. Sie gewann in der Stadt Luzern vor wenigen Wochen fast im Alleingang die Airbnb-Initiative, gesamtschweizerisch ist die Wohnungsnot ein grosses Thema. Sie hat weiterhin 19 Sitze. Halten konnte sich auch die GLP, welche wie bis anhin acht Sitze innehat.
Der Blick aufs Ganze zeigt aber trotz der Veränderungen im Kantonsrat: An der Politik im Kanton Luzern wird sich insgesamt wohl nur wenig verändern. Die Bürgerlichen sind weiterhin dominant, für die Linke wird es noch schwieriger werden, Mehrheiten zu finden.
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Sven, 03.04.2023, 05:10 Uhr Wieso platziert ihr in der KR Grafik die SP rechts aussen und Die Mitte links aussen? Irritierend und unübersichtlich.
👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎3Daumen runterRedaktion zentralplus, 03.04.2023, 09:51 Uhr Es handelt sich hier um die Darstellung, wie die Parteien im Kantonsrat sitzen.
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Gisela Meyer, 03.04.2023, 04:56 Uhr Die Luzerner Wähler/innen haben jetzt die Noten für die Arbeit der letzten vier Jahren verteilt. Mit Frau Claudia Huser sollte auch eine zweite Frau, eine für alle Luzernerinnen in die Regierung gewählt werden. Die den Kanton Luzern nach vorne bringt!
👍1Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎1Daumen runterStefan Holzer, 02.04.2023, 22:36 Uhr Bei der Zusammensetzung des Kantonsrates ist eigentlich klar: Grüne und GLP sollten sich für den Regierungsrat nun zurückziehen und die 2 verbleibenden Sitze der SP und der SVP überlassen. Das wäre eine Lösung im Sinne der Konkordanz und würde uns einen kostspieligen zweiten Wahlgang ersparen.
👍1Gefällt mir👏1Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runterMarie-Françoise Arouet, 02.04.2023, 23:46 Uhr Im Kopf einer Grünenden oder Soze heisst das Narrativ aber: Niemals keine Frau aufstellen, wenn ein Mann ein Mandat will, und gar einer von der SVP. Das verklickert man dann der GL-Kandidatin. Da es einen Rückzug geben wird, läuft es auf SP und GL gegen SVP heraus. Gewählt werden dann im Sinne der Konkordanz die von Ihnen Genannten, und der kostspielige zweite Wahlgang hat glücklich stattgefunden. Das wird dann als Sieg der Demokratie gefeiert, was gar nicht so abwegig ist, da auf diese Weise alle RR durch bestandene Wahlen legitimiert sind.
Sollte GL und nicht SP gewählt werden, bekäme David Roth ein Problem, da sein NR-Sitz davonschwimmen würde.👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔1Nachdenklich👎3Daumen runter