Regierungsrat Winiker rührt Werbetrommel für Armee

Mit dem Heli in den Jura: Luzerner Politiker gehen auf Militärreisli

Regierungsrat und Oberstleutnant Paul Winiker lädt am 1. Juni zum Truppenbesuch beim Luzerner Panzerbataillon 13 im Kanton Jura.

(Bild: Bildmontage Gian Waldvogel)

Am 1. Juni lädt Paul Winiker zum Truppenbesuch beim Panzerbataillon 13 – inklusive teurem Superpuma-Flug und militärischer Verpflegung. Sind solche Helikopter-Ausflüge wirklich Aufgabe der Luzerner Politik? Ein Kantonsrat nimmt nun Sicherheitsdirektor Winiker ins Visier.

Am 27. April reiste viel Luzerner Polit-Prominenz nach Graubünden. Doch nicht um die schöne Landschaft zu geniessen. Sie folgten der Einladung von Regierungsrat Paul Winiker zum WK-Truppenbesuch des Luzerner Infanterie-Bataillons 20 nach St. Luzisteig, der Passhöhe zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und dem grössten Schweizer Kanton. Über 60 Prozent der Angehörigen der Truppe stammen aus dem Kanton Luzern. Es handelt sich um eines von insgesamt zwei «Götti-Bataillone» des Kantons.

«Briefträger für Armee-Werbeauftritte»

Die haben ihren Ursprung laut Regierungsrat Paul Winiker in historischen Militär-Strukturen: «Früher gab es noch rein kantonale Bataillons, darin befanden sich ausschliesslich Soldaten aus einem Kanton.» Es gab sogar Einheiten, in denen nur Personen aus einem der damaligen Ämter des Kantons dienten, zum Beispiel dem Amt Willisau. Mit der Armeereform 21 wurden diese Strukturen aufgebrochen, doch es verbleiben viele Bataillone, die einem bestimmten Kanton zugeordnet werden.

Doch es bleibt nicht bei diesem einen Truppenbesuch: Ein Monat später, am 1. Juni, folgt bereits das nächste Politiker-Reisli zum Militär – dieses Mal ins jurassische Bure. Wieder auf Einladung von Winiker. Dieses Mal zur WK des Luzerner Panzerbataillons 13. In beiden Fällen erfolgt die Verschiebung der Gäste von Emmen per Super-Puma. Kostenpunkt: Geschätzte 10’000 Franken pro Flugstunde. Auf die Palme bringt das Grünen-Kantonsrat Hans Stutz. Er kritisiert auf Facebook: «Offensichtlich eine PR-Aktion für die Armee, teuer und unökologisch!»

Besuch ist «nicht nachvollziehbar»

Laut Stutz soll es nicht bei zwei Besuchen bleiben – ein verhindertes Kantonsratsmitglied habe ihm berichtet, dass bereits ein eventueller Termin im Herbst in Aussicht gestellt worden sei, Winiker dementiert. Stutz kann nicht nachvollziehen, worin der Sinn dieser Truppenbesuche für Gemeinde- und Kantonspolitiker liege, denn die Schweizer Armee sei Sache des Bundes: «In meinen sechs Jahren als Mitglied der Justiz- und Sicherheitskommission des Kantonsrats wurde das Militär nicht ein einziges Mal behandelt», sagt Stutz. Noch unverständlicher sei ihm, dass ein Regierungsrat als Briefträger für Armee-Werbeauftritte auftrete.

Politiker sollen Einblick erhalten

Macht es Sinn, dass Kantons- und Regierungsräte mit einem Super-Puma durch die halbe Schweiz geflogen werden? Philippe Achermann, Kreiskommandant des Kantons Luzern, versandte im Auftrag Winikers die Einladungen und ist in die Organisation der Besuche involviert. Er sieht darin kein Problem: «Die Helikopterflüge werden in jedem Fall absolviert. Denn die Piloten müssen eine gewisse Anzahl Stunden im Jahr fliegen.» Ausserdem dauert die Reise ins Jura: «Würden die Gäste aus Luzern mit dem Auto an- und abreisen, würden sie kaum etwas mitbekommen von der Übung.»

Regierungsrat Paul Winiker, bis 2013 selbst Oberstleutnant in einem Genieregiment, verneint nicht, dass es bei den Besuchen darum geht, die Armee in ein gutes Licht zu stellen: Bei den Gästen förderten die Truppenbesuche das Verständnis für die anspruchsvolle Arbeit der Miliztruppen, ihre Leistungsfähigkeit und die Rahmenbedingungen der Milizsoldaten in ihren jährlichen WK. 

Es erscheint Paul Winiker wichtig, dass auch Kantons- und Gemeindevertreter regelmässig Einblick in ihre Arbeit erhalten. «Überdies fliessen die von den Gästen des Truppenbesuchs gemachten Erkenntnisse später wieder in den politischen Meinungsbildungsprozess ein.» Für den Steuerzahler würden keine Zusatzkosten entstehen.

Gästeliste: Truppenbesuch bei St. Luzisteig

Dabei waren am 27. April neben Regierungsrat Paul Winiker und seinem persönlichen Mitarbeiter Peter Soland unter anderem Kantonsratspräsident Andreas Hofer, Ständerat Damian Müller, Regierungspräsident Marcel Schwerzmann, die Kantonsräte Rolf Born, Charly Freitag und Ferdinand Zehnder.

Auch mit auf der Tour war die Luzerner Stadträtin Franziska Bitzi und der Gemeindepräsident von Meierskappel, Konrad Lan­genegger. Bestaunen durften die Politiker etwa den Häuserkampf, den Einsatz von Blendgranaten und Sprengstoff oder die Fahrt mit dem Radschützenpanzer.

Aufgabe der Armee

Hans Stutz und dreizehn weitere Politiker wurden laut Achermann eingeladen. Nach welchen Kriterien die Politiker angefragt werden, das sei ihm schleierhaft, so Stutz. Von Seiten der Armee heisst es: «Früher hat die Armee nur bestimmte Kreise zu diesen Veranstaltungen geladen, inzwischen bieten wir auch kritischen Personen die Möglichkeiten, an Truppenbesuchen teilzunehmen», erklärt Achermann.

Es gehöre zu den Aufgaben der Armee, sich der Öffentlichkeit zu präsentieren. Die Truppenbesuche würden in diesem Sinne durchgeführt: «Das ist übliche Praxis bei anderen Kantonsregierungen. Im Kanton Basel Land ist der Truppenbesuch gar per Organisationsreglement vorgeschrieben.»

Zum Anlass in zwei Wochen habe man vierzehn Personen angefragt, bis jetzt seien acht Zusagen und drei Absagen eingegangen, zwei Personen hätten noch nicht geantwortet. Die Kantonsräte würden keine Spesen oder Entschädigungen erhalten – die Reise geschehe im Rahmen ihrer Freizeit. Für das leibliche Wohl sorge die Feldküche, erklärt Achermann.

Ein Super-Puma der Schweizer Armee im Einsatz.

Ein Super-Puma der Schweizer Armee im Einsatz.

(Bild: zvg / VBS)

«Zweimal leer geschluckt»

Winiker erklärt, man achte bei den Einladungen auf eine gute Durchmischung der Gäste. «Wir laden Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft ein. Dabei legen wir Wert darauf, dass Personen aus allen politischen Ebenen – Bund, Kanton und Gemeinden – sowie aus allen Parteien vertreten sind.»

In St. Luzisteig dabei war Kantonsratspräsident und Grünen-Politiker Andreas Hofer: «Klar habe ich zweimal leer geschluckt, als ich die Einladung erhalten habe.» Der höchste Luzerner sagt, er hätte abgesagt, doch in diesem Fall sei er in seiner derzeitigen Funktion zum Truppenbesuch gegangen.

Kritik nachvollziehbar

Ob es ökologisch und ökonomisch Sinn mache, mit dem Super-Puma Politiker ins Niemandsland zu fliegen, das «ist eine absolut berichtigte Frage. Da bin ich als Grüner in den Clinch gekommen.» Korporal Hofer steht jedoch zum Schweizer Militär, Wertschätzung sei das Stichwort: «Niemand sagt den Armeeangehörigen Danke für ihren Dienst.» Viele der Männer würden sich ehrenamtlich engagieren und einen Beitrag zur Sicherheit des Landes leisten.

SP-Kantonsrat Peter Fässler, Mitglied der Justiz- und Sicherheitskommission, wurde ebenfalls eingeladen in den Jura – und hat zugesagt: «Klar sind diese Besuche grenzwertig und ich kann die Kritik von Hans Stutz nachvollziehen.» Gleichzeitig findet es der Krienser wichtig, dass man als Linker auch eher bürgerliche Veranstaltungen beiwohne und Hand für den Dialog biete: «Wir sollten uns nicht isolieren.»

 

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Marie-Françoise Arouet
    Marie-Françoise Arouet, 18.05.2017, 13:04 Uhr

    Stutz wünscht sich also eine unkontrollierte Armee, wo es doch seine verdammte Pflicht als Kantonsparlamentarier wäre, Truppenbesuche zu absolvieren und sich mit den Soldaten über deren Alltag, Anliegen und Ansichten auseinanderzusetzen. Oder wie ist die Aufgeregtheit, die natürlich ohne lästigen Umweg über höhergelegene Nervenzentren auch medial weitergepumpt wird, zu verstehen? Eine Frage der Kosten? Sollen die zum Besuch ihrer Truppen Geladenen mit dem Zug ins Bündnerland oder den Jura fahren und so zwei, drei Tage lang Spesen verursachen? Es gibt ja unbestrittenermassen sinnlos verpulvertes Geld: etwa den seinerzeitigen Werkbeitrag an den «Schriftsteller» Hans Stutz. Yep! Und jetzt dürfen die Kurzschliessenden und Kurzschliessendinnen aus der Kritik an Stutzens Rumgemaule auf den rechtsextremen Hintergrund des Kritikers schliessen. Das Weltbild bleibt so widerspruchsfrei; der Cincera der Linken, der Grossinquisitor der political correctness kann seine Register vervollständigen.

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