Mirjam Fries: Die Zurückhaltende tritt ins Rampenlicht
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«Ganz in der Mitte» – so sieht sich CVP-Politikerin Mirjam Fries.
(Bild: jal)Mirjam Fries ist keine «Polteri»-Politikerin – und vielleicht gerade deshalb bei der Bevölkerung beliebt. Doch für die CVP-Stadtratskandidatur gilt sie nicht als Favoritin. Die Finanzexpertin will eine starke Wirtschaft und bezeichnet sich als gesellschaftsliberaler als der CVP-Durchschnitt. Passend zu ihrer ruhigen Art, hofft sie auf eine stille Wahl.
Obwohl Mirjam Fries in der Luzerner Politlandschaft nicht zu den prominenten Aushängeschildern zählt: Bei der Bevölkerung kommt die Politik der 52-jährigen CVP-Frau offenbar an. Im Mai ist Fries mit einem Spitzenresultat als Stadtparlamentarierin wiedergewählt worden.
Und auf einen solchen Coup hofft sie auch an der Nominationsversammlung der CVP am Donnerstagabend. Mirjam Fries will für die CVP den Sitz des zurücktretenden Stefan Roth gewinnen. Unterstützt wird die Finanzexpertin von einer Littauer Gruppe rund um den langjährigen CVP-Gemeinderat Beat Krieger, der auch in Leserbriefen mächtig die Werbetrommel für Fries rührt.
Vom Hintergrund ins Rampenlicht
Dass die Grossstadträtin nicht zu den Favoritinnen für die CVP-Kandidatur zählt, hat sicher damit zu tun, dass Mirjam Fries erst seit vier Jahren ein politisches Amt inne hat. Dazu kommt, dass sie sich im Stadtparlament selten in Szene setzt und auch mit der Verwaltung bisher nur wenig zu tun hatte.
Dieser Aussenblick bezeichnet Fries selber als Vorteil. Im Interview mit zentralplus erklärt sie zudem, wie man die Wirtschaft stärken könnte, wieso eine stille Wahl legitim wäre – und wieso sie keine Sorge hat, unterschätzt zu werden.
zentralplus: Mirjam Fries, wieso wollen Sie Stadträtin werden?
Mirjam Fries: Ich bin Luzernerin, wohne hier und will hier blieben. Kurz: Luzern liegt mir am Herzen. Das Amt der Finanzdirektorin wäre eine Chance, die Weiterentwicklung der Stadt Luzern mitzugestalten.
zentralplus: Was qualifiziert Sie für das Amt, besonders für die frei werdende Finanzdirektion?
Mirjam Fries: Ich habe sehr viel Erfahrung im Bereich Finanzen, denn ich arbeite seit über 20 Jahren in der Privatwirtschaft und war sowohl in internationalen Konzernen als auch in KMUs tätig. Deshalb passe ich gut auf das Profil, das die CVP formuliert hat.
«Meinen Aussenblick erachte ich als Pluspunkt.»
zentralplus: Auf der anderen Seite fehlt Ihnen – im Vergleich zu den drei Konkurrentinnen – der Einblick in die Verwaltung.
Mirjam Fries: Das kann ein Vor- oder ein Nachteil sein. Ich bin womöglich unverbrauchter und besitze einen anderen Blick auf die Dinge. Diesen Aussenblick erachte ich als Pluspunkt.
zentralplus: Gerade mit diesem Aussenblick: Wie beurteilen Sie die aktuelle Finanzlage der Stadt?
Mirjam Fries: Wir haben zwar mehrere Sparpakete geschnürt und 2013 trat eine kleine Steuererhöhung in Kraft. Aber Stefan Roth hat gute Arbeit gemacht: Die Finanzdirektion ist sehr gut aufgestellt.
zentralplus: Und wo würden Sie ansetzen, wenn ein Eingriff nötig wird?
Mirjam Fries: Wie gesagt, man kann wirklich einen Haushalt im Gleichgewicht übernehmen. Aber wenn man tätig werden müsste, wäre für mich klar: Eine weitere Steuererhöhung käme als letztes Mittel in Frage.
«Die Zusammenarbeit zwischen Privaten und der öffentlichen Hand sollte gefördert werden.»
zentralplus: Wo setzen Sie Ihre politischen Schwerpunkte?
Mirjam Fries: Als Finanzdirektorin muss man alle Geschäfte kennen, weil die Finanzen natürlich immer tangiert sind. Da ich in der Bildungskommission war und als Leiterin der Finanzen beim Gymnasium Immensee arbeite, stellte die Bildung bislang einen meiner Schwerpunkte dar. Nebst dem ist mir eine starke Wirtschaft sehr wichtig. Und was ich ebenfalls fördern möchte, ist die Zusammenarbeit zwischen Privaten und der öffentlichen Hand, wie das zum Beispiel beim KKL oder der Allmend getan wurde – oder wie das bei der Salle Modulable, wo es nun nicht geklappt hat, angedacht war.
zentralplus: Und nun eine Frage im Video:
zentralplus: Haben Sie denn bereits konkrete Ideen, wie man das erreichen könnte?
Mirjam Fries: Das wäre sicher eine Daueraufgabe. Wir sollten versuchen, eine liberale staatliche Haltung an den Tag zu legen, was zum Beispiel bedeutet, dass sich die Stadt in Sachen Reglementierungen zurückhält. Mein Empfinden ist, dass in der städtischen Politik die Bedeutung der Wirtschaft unterschätzt wird.
zentralplus: Auch für Sie im Schnelldurchlauf: Beurteilen Sie, wie wichtig Ihnen die folgenden Themen auf einer Skala von 1 bis 10 sind – dabei darf nicht jedes Thema eine 10 sein. Beginnen wir mit dem Umweltschutz:
Mirjam Fries: 7.
zentralplus: Wirtschaftsförderung?
Mirjam Fries: 10.
zentralplus: Kultur?
Mirjam Fries: 9.
zentralplus: Verkehr?
Mirjam Fries: 9.
zentralplus: Bildung?
Mirjam Fries: 10.
zentralplus: Sozialstaat?
Mirjam Fries: (zögert) Also sagen wir beim Umweltschutz doch eine 8 und beim Sozialstaat eine 7.
zentralplus: Wieso haben Sie die Beurteilung des Umweltschutzes revidiert?
Mirjam Fries: Obwohl beim Umweltschutz vieles national geregelt wird und das in meiner politischen Arbeit kein Hauptthema ist, finde ich grüne Themen wichtig. Ich versuche im Alltag auch, umweltbewusst zu leben.
«Gesellschaftspolitisch bin ich eher liberaler als der Durchschnitt der Partei.»
zentralplus: Die CVP deckt ein breites Spektrum ab – wo würden Sie Ihre Position einordnen?
Mirjam Fries: Ganz in der Mitte.
zentralplus: In allen Bereichen?
Mirjam Fries: Gesellschaftspolitisch bin ich eher liberaler als der Durchschnitt der Partei, aber in der Stadt ist das wohl generell der Fall. Bei den Finanzen bin ich eher restriktiver.
zentralplus: Wie schätzen Sie Ihre Chancen für die Nomination am Donnerstagabend ein?
Mirjam Fries: Das ist schwierig abzuschätzen. Denn es gibt vier gute Kandidatinnen – was für die CVP super ist. Ich spüre den Rückhalt von diversen Leute, und was für mich eine grosse Bestätigung war: Ich bin im Mai mit dem besten Resultat aller CVP-Kandidaten wiedergewählt worden. Ich glaube von daher, dass ich über die Partei hinaus akzeptiert bin.
zentralplus: Trotz dem Topresultat gelten Sie aber nicht als prägende Figur Ihrer Partei. Haben Sie Mühe damit, dass Sie nicht als Favoritin gehandelt werden?
Mirjam Fries: Nein, ich habe nicht den Eindruck, dass man damit meine Leistung unterschätzt. Es ist halt so, dass wir in der Bildung in den letzten vier Jahren nur wenige Projekte hatten – deshalb hat man auch von Bildungsdirektorin Ursula Stämmer die letzten vier Jahre weniger gehört als zum Beispiel von Adrian Borgula als Verkehrsdirektor. Zudem bin ich von Natur aus eine ruhige, überlegte Person, die sich nicht zu allem äussern muss, nur damit ich etwas gesagt habe.
«Ich traue mir absolut zu, mich in der Regierung oder im Parlament durchzusetzen.»
zentralplus: Als Stadträtin müssten Sie sich aber auch in der Regierung und im Parlament durchsetzen können. Trauen Sie sich das zu?
Mirjam Fries: Wenn ich in meinem Themenbereich etwas vertreten muss, ist das kein Problem. Das würde ich mir also absolut zutrauen. Es gibt verschiedene Arten von Führungsstärke.
zentralplus: Die CVP ging als Verliererin aus den Wahlen im Frühling. Die neue Stadträtin wäre auch ein neues Aushängeschild der Partei. Wären Sie das?
Mirjam Fries: Ich wäre das neue Gesicht, das man noch nicht so kennt. Von meiner Person her könnte ich eine Stadträtin sein, die einerseits wegen ihrer Fachkompetenz, andererseits wegen ihrer kooperativen und offenen Art akzeptiert ist. Und das ist auch, was die CVP verkörpern sollte.
zentralplus: Etliche Parteien prüfen eine eigene Kandidatur. Was würden Sie von einer Gegenkandidatin oder einem Gegenkandidaten halten?
Mirjam Fries: Das ist sicherlich legitim und eine Volkswahl gäbe der neuen Stadträtin wohl etwas mehr Legitimation. Aber grundsätzlich glaube ich nicht, dass der Sitz der CVP umstritten ist. Und man muss es auch pragmatisch sehen: Da die CVP vier gute Kandidatinnen hat, wäre eine stille Wahl genauso legitim. Und deshalb hoffe ich ehrlich gesagt schon, dass es eine stille Wahl gibt.
Die Frau für die Finanzen |
Mirjam Fries ist in Littau aufgewachsen, lebt heute aber im Luzerner Stadtteil. Nach einer kaufmännischen Lehre studierte sie an der Höheren Wirtschafts- und Verwaltungsschule in Luzern Betriebsökonomie. Später folgte ein Nachdiplomstudium in Corporate Finance in Zug. Seit Ende 2014 arbeitet Fries als Leiterin Finanzen und Dienste beim Gymnasium Immensee, wo sie auch Mitglied der Schulleitung ist. Vorher war sie in diversen privatwirtschaftlichen Unternehmen im Controlling und Rechnungswesen tätig, unter anderem beim Chemiekonzern BASF und dem IT-Unternehmen Also Schweiz in Emmen. Seit 2012 ist Mirjam Fries Mitglied im Stadtparlament für die CVP und dort Vizepräsidentin der Bildungskommission. Vorher hatte sie kein politisches Mandat inne. Die 52-Jährige lebt mit ihrem Partner und dessen zwei erwachsenen Kindern zusammen. Ihre Hobbys sind Joggen, Wandern und Lesen. |
Hier gehts zu allen vier grossen zentralplus-Interviews mit den CVP-Kandidatinnen:
- Das Interview mit Pia Maria Brugger Kalfidis: «Ich bin keine Sparpolitikerin»
- Das Interview mit Caroline Kuhn: Die unbekannte Favoritin der Konservativen
- Das Interview mit Mirjam Fries: Die Zurückhaltende tritt ins Rampenlicht
- Das Interview mit Franziska Bitzi Staub: Die Kronfavoritin spürt auch Gegenwind
Hinweis: zentralplus berichtet diesen Donnerstag ab 19.15 Uhr live von der Nominationsversammlung der CVP. Wir bieten das volle Programm: Live-Ticker, Interviews mit der siegreichen CVP-Stadtratskandidatin, Kommentar, Videos.
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