Einmal einer der Bösen sein. Für die junge Alternative ist klar, wer in Zug die Fäden zieht. In ihrem neuen Spiel kann man jetzt in deren Rollen schlüpfen. Und Zuger Familien in den Aargau vertreiben. Die vermeintlich Bösen nehmen das, bis auf einen, gelassen.
Sich mal fühlen wie der Chef von Glencore? Wie Baudirektor Tännler oder Kies-Fabrikant Adrian Risi? Kein Problem: «Für alle, die mal wissen wollen, wie sich das anfühlt, als richtig reicher bürgerlicher Zuger, haben wir das Zugopoly erfunden». Das sagt der frischgebackene Präsident der Jungen Alternative Zug, Alessandro Perucchi (17), mit genüsslichem Bösewicht-Tonfall.
Und wir legen gleich los: Bloss noch die Figuren ausgeschnitten, das Geld auf den Tisch gepackt. Die versammelten Parteimitglieder sind begeistert bei der Sache und freuen sich schon auf all die teuren Grundstücke, mit denen sie bald Traumsummen abgrasen werden – endlich einmal sind sie in der Stadt am langen Finanzhebel, und nicht der «Umweltvergifter Ivan Glasenberg», der «rechts-konservative und tendenziöse Journalist Charly Keiser» oder der «CVP-Rechtsdriller Geri Pfister», O-Ton Spielanleitung.
«Wo bleiben da die Frauen?»
Es ist der Reigen der linken Zuger Feindbilder, den man sich als Spielfiguren ausschneiden kann. Nix da mit den Monopoly-üblichen Bügeleisen und Kleeblättern: Stattdessen Männer in Anzügen. «Wo bleiben da die Frauen?», fragt Hanni Schriber-Neiger den jungen Alternativen und Spielerfinder Marco Knobel. Und der sagt verlegen, «wir haben uns echt Mühe gegeben, aber keine bösen Frauen gefunden.»
Kein Wunder ist keiner der verunglimpften Herren zur Spieleröffnung aufgekreuzt, in den Zuger Siehbachsaal. Immerhin habe es nur höfliche Absagen gegeben, sagt Perucchi. Nur Adrian Risi sei beleidigt gewesen: «Er hat uns alle Schande gesagt und dass unser Spiel der letzte Dreck sei. Die Lösung, sagt er, könne nicht beim Staat liegen.» Die Lösung für die Wohnungsknappheit? «Er meinte wohl die Lösung für alles», sagt Perucchi und lacht.
«Wie in echt halt»
Der Journalist Keiser, ein weiterer Lieblingsfeind der Grünen, habe das Ganze trotz unvorteilhafter Darstellung im Spiel sogar mit Humor genommen und den jungen Alternativen zur «originellen Aktion gratuliert.» Da hat er wohl das Action-Kärtchen nicht gelesen, das auf ihn gemünzt ist: «Du schreibst einen tendenziösen und sexistischen Artikel. Natürlich bleibt das ohne Konsequenzen. Du darfst noch mal würfeln», steht da.
Es ist schlicht eine Frechheit, was die jungen Alternativen da abziehen, und die amüsieren sich köstlich dabei. Der Sinn des Spiels: «Die Mieten in die Höhe treiben, die Familien aus dem Kanton verdrängen.» Wer sich’s in Zug nicht mehr leisten kann, fliegt raus. Wer zuletzt bleibt, gewinnt. «Wie in echt halt», sagt Perucchi.
Dummerweise erweisen die jungen Alternativen dem Klischee der finanzschwachen Linken die Ehre und haben die nötigen Mengen an Kleingeld nicht ganz berechnet: Die Grundstücke sind teurer als mitgeliefertes Geld vorhanden ist. Macht aber nichts, man kann neues ausschneiden. «So einfach ist das?», fragt eine der Mitspielerinnen. Nix da, auch in Zug muss man klein anfangen: Zu haben ist am unteren Ende der Skala das Grundstück «Station Sihlbrugg», für unglaubliche 500’000 Franken. Ein Schnäppchen, verglichen mit dem Parktower für 80‚5 Millionen Franken.
Du fährst mit dem Offroader vor die Schule -Jackpot!
zentral+ lässt sich ganz unjournalistisch vom Spieltrieb übermannen und setzt mit der Spielfigur Adrian Risi auf die Chämleten in Hünenberg, die können wir uns nach der Übernachtung in Heinz Tännlers Gewerbestrasse in Unterägeri gerade noch leisten. Aber Gerhard Pfister kauft in der Zwischenzeit alle guten Lagen weg, gerade die Papieri unter den Nagel gerissen, während Charly Keiser den Jackpot landet: «Du fährst mit dem Offroader vor die Schule» – Parkplatz, Cash her. Inklusive Offroaderbildli mit Rauchfahne aus dem Auspuff.
Verdammt, jetzt hat Ivan Glasenberg die Nase vorn und steuert auf die Bahnhofstrasse zu – und wir? Wir landen im Gefängnis. Wir haben die Glencore-Zentrale mit Farbbällen beworfen, steht auf der Aktions-Karte, weil wir in Südamerika die Niederschlagung eines Aufstands von Minenarbeitern erlebt haben und uns dafür rächen wollten. Echt jetzt? Adrian Risi und Farbbälle? Zumindest unrealistisch. Wenigstens müssen wir da nur eine Runde aussetzen.
Warum so bösartig?
Aber jetzt mal ernsthaft, das Spiel ist manchmal richtiggehend beleidigend, auf einer Aktionskarte etwa steht: «Du verlegst deinen Steuersitz von Griechenland nach Zug in ein leeres Büro und zahlst hier praktisch keine Steuern. Bezahle der FDP 200’000 Franken, damit sie weiterhin solche Holdingtricks unterstützt.» Warum so bösartig? «Naja, wir sind eine Jungpartei», sagt Knobel, «das ist einfach frech. Das dürfen wir. Klar ist das böse. Aber zum Teil ist es halt einfach Realität.»
Zum Beispiel diese Aktionskarte hier, sagt er: «Einer deiner Öltanker ist ausgelaufen, zahle Bestechungsgeld.» Knobel: «Jeder weiss, dass bei der Katastrophe im Golf von Mexiko eine Zuger Firma beteiligt war.» Und dann passiert das Unsägliche: Barbara Beck, die Alternative Menzinger Gemeinderätin zieht die Karte: «Der Stadttunnel wurde angenommen. Fahre mit deinem Porsche bis auf Start.» Und sie tuts. Beck ist damit die erste offizielle Zuger Stadttunnelbefahrerin. Auch wenn er, wenns nach ihr geht, gar nie kommt.