Luzern: Stadtverwaltung wird umgekrempelt

Merki wird zum Sicherheitsmanager

Der neue Stadtrat (von rechts): Martin Merki, Franziska Bitzi Staub, Beat Züsli, Manuela Jost und Adrian Borgula. Ganz links Stadtschreiber Toni Göpfert.

 

(Bild: jal)

Die Stadt Luzern baut ihre Verwaltung um: Die Sozialdirektion wird um den Bereich Sicherheit aufgestockt. Einen «Super-Stapi» gibt es jedoch nicht. Und das umstrittene Doppelmandat – Stadtpräsidium und Finanzdirektor – bleibt erlaubt. Grundsätzlich.

FDP-Stadtrat Martin Merki erhält mehr Arbeit: Der Sozialdirektor der Stadt Luzern soll ab 2018 auch für die Sicherheit verantwortlich sein. Das ist die wichtigste Änderung der Reorganisation der Stadtverwaltung, die diesen Donnerstagmorgen präsentiert wurde. Das bedeutet: Die aktuell stark belastete Direktion Umwelt, Verkehr und Sicherheit (UVS) von Adrian Borgula (Grüne) wird entschlackt. Er wird künftig «nur» noch für Umwelt und Verkehr zuständig sein. Das hat auch einen Namenswechsel zur Folge: Neu gibt es die Sozial- und Sicherheitsdirektion sowie die Umwelt- und Mobilitätsdirektion.

Arbeit besser verteilen

Die Umstellung ist gemäss Stadtrat sinnvoll. Denn die Sozialdirektion hat bei Themen wie Jugendgewalt, Drogenkonsum, Prostitution oder der Nutzung des öffentlichen Raums bereits jetzt mit Sicherheitsfragen zu tun. Luzern folgt damit dem Beispiel anderer Städte und Kantone, die Soziales und Sicherheit erfolgreich unter einem Dach vereinen.

«Die Sicherheitsaspekte, für welche die Stadt zuständig bleibt, sind eher als soziale Fragen zu verstehen.»

Rosie Bitterli Mucha, Projektleiterin

Weil in erster Linie die Kantonspolizei für die Sicherheit zuständig ist, seien die Aspekte, die der Stadt bleiben, «eher als soziale Fragen zu verstehen», so Rosie Bitterli Mucha, Projektleiterin der Reorganisation sowie städtische Kulturchefin. Auch Stadtpräsident Beat Züsli (SP) spricht von einer «moderneren Ausprägung des Sicherheitsbegriffs».

Mit der Änderung sollen die fünf Direktionen ausgewogener werden – was einerseits die Stellen und das Budget, andererseits aber auch die politischen Vorstösse und Anträge an das Stadtparlament betrifft. Zur Veranschaulichung: In den letzten vier Jahren hat Merkis Sozialdirektion dem Parlament keine zehn Mal ein Geschäft vorgelegt. Bei Borgulas UVS-Direktion waren es über 35, bei Manuela Josts (GLP) Baudirektion gar über 40 Anträge.

Dass dieses Ungleichgewicht entstanden ist, liegt daran, dass einerseits die Abteilung Tiefbau nach der Kantonalisierung der Stadtpolizei in die Direktion Umwelt, Verkehr und Sicherheit gezügelt wurde – und diese Direktion damit mehr Gewicht bekam. Andererseits fiel mit der Verselbständigung der Altersheime zur Viva Luzern AG eine grosse Aufgabe der Sozialdirektion weg.

Das knifflige Doppelmandat

Viel zu reden gab in der Vergangenheit die Frage, ob der Stadtpräsident zugleich auch die Finanzen führen sollte. Immer wieder wurde kritisiert, dass eine Person damit zu viel Macht auf sich vereine und zu wenig mutig sein könne – einige mutmassten gar, dass dies dem abgewählten Stadtpräsidenten Stefan Roth (CVP) zum Verhängnis geworden sein könnte.

Der Stadtrat verzichtet nun aber darauf, dieses Doppelmandat explizit zu verbieten. Er will es weiterhin dem politischen Ermessen überlassen, ob das möglich ist. Die Stadtregierung hält in ihrem Bericht aber fest, dass es politisch nicht gewünscht ist, dass der Stadtpräsident auch Finanzdirektor ist. Ein Verbot wäre allerdings nur mit einer Volksabstimmung möglich – und eine solche nur für diesen einzelnen Punkt durchzuführen, ist laut Stadtrat nicht sinnvoll.

«Der Stadtrat ist – auch nach den öffentlichen Diskussionen – genügend sensibilisiert, um auch in Zukunft eine gute Zuteilung vorzunehmen», sagt Stadtpräsident Beat Züsli. Eine gesetzliche Regelung sei nicht nötig. In seinen Augen ist nicht die angebliche Machtfülle das Problem, sondern vielmehr die verschiedenen Rollen. Da ein Finanzdirektor über die städtische Kasse wacht, müsse er tendenziell etwas zurückhaltender sein, wenn es um Ausgaben geht. Der Stadtpräsident habe hingegen die Aufgabe, in die Zukunft zu blicken und auch mal visionär aufzutreten. Zwei Rollen, die gemäss Züsli schwierig zu vereinen sind.

Die beiden Projektleiterinnen Ursula Eiholzer (links) und Rosie Bitterli Mucha präsentieren mit Stadtpräsident Beat Züsli die geplanten Änderungen.

Die beiden Projektleiterinnen Ursula Eiholzer (links) und Rosie Bitterli Mucha präsentieren mit Stadtpräsident Beat Züsli die geplanten Änderungen.

(Bild: jal)

Die Reorganisation der Stadtverwaltung setzt abgesehen davon kein grosses Karussell in Gange. Klare Mängel seien nicht festgestellt worden, sagte Ursula Eiholzer, Projektleiterin der Reorganisation.

Stadt bleibt bei Altbewährtem

Zur Debatte stand indes die Frage, ob Luzern auf einen «Super-Stapi» setzen will: Dass der Stadtpräsident keine Fachdirektion mehr führt, sondern eine sogenannte Präsidialdirektion. Heute ist Stadtpräsident Beat Züsli zugleich Bildungsdirektor – mit dem Präsidialmodell, das beispielsweise in Kriens eingeführt wurde, wäre das nicht mehr möglich. Ein solches Modell für Luzern hatte ein SP-Postulat angeregt. Aber bereits im September machte der Stadtrat publik, dass er nicht umsatteln will (zentralplus berichtete).

«Das Präsidialmodell bietet weniger Flexibilität und einen kleineren Spielraum in der Aufteilung der Bereiche.»

Beat Züsli, Stadtpräsident

Der Vorteil des neuen Systems läge darin, dass der Stadtpräsident stärker wahrgenommen werde und die Stadtregierung besser strategisch führen könne – ein Punkt, den eine externe Analyse am aktuellen Zustand kritisierte (siehe Box unten). Für den Stadtrat würde ein «Super-Stapi» jedoch nicht zur politischen Kultur der Stadt passen. Zudem spielten praktische Gründe eine Rolle: «Das Präsidialmodell bietet weniger Flexibilität und einen kleineren Spielraum in der Aufteilung der Bereiche», sagte Stadtpräsident Beat Züsli. Beim aktuellen System könne man besser auf die Neigungen der einzelnen Stadträte eingehen, «obwohl grundsätzlich alle Stadträte theoretisch alles übernehmen können müssen».

Eine weitere Forderung aus dem Parlament lehnt der Stadtrat ebenfalls ab: Die Grünen verlangten, dass das Stadtpräsidium neu jedes Jahr wechselt – was aber praktisch nirgends auf Gegenliebe stiess. Auch für den Stadtrat ist klar: Die Wahl des Stadtpräsidenten sei der Bevölkerung sehr wichtig. Würde man das Rotationsprinzip einführen, käme das wohl nicht gut an (zentralplus berichtete). «In der Deutschschweiz hat das Rotationsprinzip keine Tradition», so Züsli. Zudem sei der Aufbau von Beziehungen einfacher, wenn man das über längere Zeit machen könne, sagte er im Rückblick auf sein erstes Halbjahr als Stadtpräsident.

Unternehmenskultur wird überprüft

Auf dem Papier ist somit weitgehend klar, wie die Stadtverwaltung ab 2018 funktioniert. «Wir sind überzeugt, dass wir damit gut aufgestellt sind für die nächsten Jahre», sagte Züsli. Doch abgeschlossen ist der Prozess noch nicht. Als Nächstes soll die Führungskultur unter die Lupe genommen werden. Der Stadtrat will einerseits die Werte und Normen überprüfen, andererseits die Führungskultur des Kaders. Im Frühling starten diesbezüglich zwei Projekte. Ebenfalls im Sommer soll eine neue Strategie-Stelle geschaffen werden (siehe Box unten).

Das Stadtparlament wird am 16. Februar über die Reorganisation entscheiden. Und soll dann das dafür nötige Geld sprechen. Für neue Stellen in der Stadtkanzlei und im Bereich Personal werden jährlich 430’000 Franken fällig. Zudem kommen einmalige Kosten von 95’000 Franken für Umzüge, IT-Anpassungen und Kommunikation dazu, die mit der Reorganisation anfallen.

Stadt braucht neuen Manager für Zukunftsplanung

Das heutige System der Verwaltungsorganisation wurde 1999 geschaffen, im Zuge der Fusion mit der Bürgergemeinde. Seither gab es kaum wesentliche Wechsel in der Zuteilung. Nun hat sich laut Stadtrat eine Überprüfung aufgedrängt, nicht zuletzt, weil dies diverse Vorstösse verlangt hatten. Mit der externen Analyse wurde die Zürcher Firma Wülser Inversini Organisationsberatung beauftragt.

Ihre Analyse zeigt einige Schwachpunkte auf. Besonders fehle es dem Stadtrat an einer gemeinsamen Vision beziehungsweise diese sei zu wenig spürbar. Das sei unter anderem der zu wenig klar definierten Rolle des Stadtpräsidenten geschuldet, der im Spannungsfeld zwischen den Interessen der eigenen Direktion und der Gesamtperspektive der Stadt steht. Es hänge aber auch damit zusammen, dass viele Entscheide «bottom-up» erfolgen, also von den einzelnen Direktionen geprägt sind. Entsprechend passten sie nicht immer in ein Gesamtbild.

«Können besser in die Zukunft schauen»

Auch die Gesamtplanung sei als Führungsinstrument zu schwach. Denn sie sei zu umfassend und lege daher die Prioritäten zu wenig fest. Der Stadtrat möchte eine neue Stelle «Strategiemanagement» schaffen, welche die Strategie der Stadt erarbeitet und die Umsetzung kontrolliert. Die Aufgabe: Mit allen Direktionen zu koordinieren, wie die Stadt sich mittelfristig entwickeln soll. Der mit 150 Stellenprozent dotierte Bereich wird der Stadtkanzlei zugeordnet und ist damit dem Gesamtstadtrat unterstellt. Auf den Sommer hin soll die Stelle besetzt werden, für die der Stadtrat einen jährlichen Kredit von 240’000 Franken beantragt.

Stadtpräsident Beat Züsli verspricht sich davon einiges. «Damit sollen wir befähigt werden, besser in die Zukunft zu schauen und Entwicklungen frühzeitig zu erkennen.» Als Beispiel nennt Kulturchefin Rosie Bitterli Mucha die Stadtplanung, die aktiver ausgerichtet werden soll. «Es geht darum, die Stadt für die Zukunft zu planen, mit einem Horizont von 10, 15 oder 20 Jahren.»

Gewappnet sein für Digitalisierung

Neu wird bei der Personalabteilung eine interne Organisationsberatung geschaffen. Diese kümmert sich laufend um die Frage, wo die Stadtverwaltung besser organisiert werden kann, etwa im Hinblick auf die Digitalisierung, die auch bei den Behörden Einzug hält. Dafür ist eine Vollzeitstelle angedacht, der Stadtrat beantragt dafür jährlich 180’000 Franken.

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