Parteien üben Kritik

Mehrwert-Initiative «ist falsch»: Darf der Stapi das sagen?

Der Zuger Stadtrat steht einmal mehr in der Kritik, bei kantonalen Abstimmung zu sehr Stimmung zu machen. (Bild: Stadt Zug)

Am 18. Mai steht in Zug die Abstimmung zur Mehrwert-Initiative an. Und die Schlammschlacht hat begonnen. In der Kritik: Der Zuger Stadtpräsident.

Der Stadtrat Zug steht in der Kritik. Politiker der Zuger Mitte, der GLP und der CSP fragen sich, ob sich der Stadtrat zu stark in den kantonalen Abstimmungskampf zur von der SP lancierten Mehrwert-Initiative eingemischt hat. Deswegen haben sie beim Grossen Gemeinderat einen Vorstoss eingereicht.

Darf der Stadtrat bei kantonalen Abstimmungen seine Meinung äussern?

Es ist nicht das erste Mal, dass der Zuger Stadtregierung zu starke Einmischung bei einem Abstimmungskampf nahegelegt wird. Bereits im Januar 2024 kam das Thema hinsichtlich einer kantonalen Abstimmung auf. Der Stadtrat verwies damals auf zwei Bundesgerichtsentscheide.

Laut diesen sollen Behörden einer durch eine kantonale Entscheidung betroffenen Gemeinde ausnahmsweise ihre eigene Sichtweise darlegen dürfen. Hier gilt die Voraussetzung, dass eine besondere Betroffenheit und die Beachtung der Sachlichkeit, Transparenz und Verhältnismässigkeit vorliegt. Diese Definition erlaubt einen gewissen Spielraum.

Auslöser für dieses Vorgehen sei ein Zeitungsinserat des Stadtpräsidenten André Wicki gewesen, wie dem Interpellationstext zu entnehmen ist. Über eine halbe Seite habe sich dieser für ein zweifaches Nein beim anstehenden kantonalen Urnengang starkgemacht.

Stadtpräsident Wicki äussert sich in Zeitung und ist auf Flyer präsent

Das Inserat habe den Anschein erweckt, dass sich die Stadtregierung als Ganzes sowohl gegen die Initiative als auch gegen den Gegenvorschlag des Kantonsrates ausspricht. Der Zuger Regierungs- und Kantonsrat empfehlen eine Annahme des Gegenvorschlags.

Zusätzlich sei Wickis Gesicht auch auf dem Flyer des Nein-Komitees zu sehen. «Es ist falsch, die Gemeinden zu zwingen, eine neue Abgabe von den Bürgern zu verlangen. Dies widerspricht unserer föderalen Tradition», lässt sich der Stadtpräsident da zitieren.

Der Auftritt der Regierung soll reisserisch sein

Für die Vorstösser Grund genug, sich zu fragen, ob der Stadtrat damit nicht seine Kompetenzen überschritten habe. Die Interpellation verlangt Antworten auf einen ausführlichen Fragenkatalog. Der Auftritt der Regierung sei reisserisch, in Alarmfarben gestaltet und nutze Angstbilder. Ist dieser Auftritt noch sachlich und verhältnismässig?

Weiter wollen die Politiker wissen, inwiefern die Stadt Zug betroffen sei und welche Beweggründe den Stadtrat dazu veranlassen, sich für ein zweifaches Nein – und somit gegen den Kantons- und Regierungsrat – auszusprechen. Auch die Finanzierung der Kampagne hinterlässt einige Fragezeichen.

Bezahlt Stadtrat die Kampagne aus Steuergeldern?

Die Frage nach der finanziellen Beteiligung der Stadt wird laut. Zudem wollen die Interpellanten wissen, nach welchen Kriterien die Stadtregierung sich dazu entscheidet, öffentlich in Abstimmungskampagnen einzubringen. Kann hier die parteipolitische Unabhängigkeit und Sachlichkeit der Regierung gewährleistet werden?

Darum gehts bei der Mehrwert-Initiative

Die SP fordert mit der Mehrwert-Initiative höhere Mehrwertabgaben, die aus der Umzonung eines Grundstücks entstehen. Wird ein Grundstück beispielsweise neu zu Bauland, steigt der Preis. Auf die Preisdifferenz muss der Grundstückbesitzer eine Abgabe entrichten – die Mehrwertabgabe.

Zurzeit liegt diese im Kanton Zug bei 20 Prozent der Preisdifferenz. Mit dem Vorstoss fordert die Partei eine Erhöhung auf mindestens 30 Prozent und die Möglichkeit für Gemeinden, die Abgabe auf 50 Prozent zu erhöhen. Die daraus entstandenen höheren Erträge sollen preisgünstigen Wohnungen zugutekommen.

Zu guter Letzt soll der Stadtrat aufzeigen, welche finanziellen Auswirkungen eine allfällige Annahme der Initiative oder des Gegenvorschlags für die Stadt Zug hätte.

Fauxpas bei den Abstimmungsunterlagen

Nicht nur das Engagement der Zuger Stadtregierung macht vor der Abstimmung Schlagzeilen: Am Donnerstagabend kam heraus: es wurden fehlerhafte Abstimmungsunterlagen verschickt – wenn auch wenige. Ein kleiner Teil der versendeten physischen Unterlagen hatte doppelte oder fehlende Seiten (zentralplus berichtete).

Der Kanton hat jedoch bereits eine Ahnung, worauf diese Panne zurückzuführen ist. Ein dreispaltiger Gesetzestext sei in der physischen Form der Abstimmungsunterlagen ausklappbar, erklärt Landschreiber Tobias Moser auf Anfrage. «Bei der Ausführung schlichen sich bei der Druckerei bei maximal 100 Exemplaren technische Fehler ein, wodurch die Unterlagen durcheinander geraten sind.»

Verwendete Quellen
  • Interpellation betreffend Einmischung des Stadtrats in einer kantonalen Abstimmung
  • Medienmitteilung des Kantons Zug
  • Telefonat mit Tobias Moser, Landschreiber des Kantons Zug
  • Aktuelle Abstimmungsunterlagen Kanton Zug
  • Medienarchiv zentralplus

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