Wenige Gemeinden oder eine Kantonsgemeinde Zug?

Mehr als nur Provokation: Wer in Zug mit wem fusionieren könnte

Würde die Stadt Zug mit Walchwil fusionieren, wäre das wohl alles andere als eine Liebeshochzeit.

(Bild: Fotolia/ Montage wia)

Immer wieder fusionieren Gemeinden in der Schweiz. Auch das Zuger Amt für Raumplanung hat angedacht, wie eine mögliche künftige Neuaufteilung des Kantons aussehen könnte. Während sich einige Gemeinden schon mal in Stellung bringen, könnte man sich andernorts ein Zusammengehen durchaus vorstellen. 

In verschiedenen Schweizer Kantonen werden aktuell Gemeindefusionen diskutiert. Und wenn auch das Thema in Zug nicht gerade präsent ist, so hat das Amt für Raumplanung doch vorgesorgt und angedacht, wie Gemeindefusionen hierzulande aussehen könnten. Im derzeit bearbeiteten Dossier zur Anpassung des Richtplans findet das Thema sehr knapp und in wenigen Sätzen Platz.

Konkret steht da, dass innerhalb des heutigen Kantonsgebiets langfristig eine Fusion zu wenigen Gemeinden oder «einer Kantonsgemeinde» Zug zu prüfen sei.

Lobeshymnen aus Glarus

Nun, bevor die Stadtzuger nun lauthals «Die Bergler sollen zu uns gehören? Niemals!» schreien und die Unterägerer finden «Jesses, mit diesen halben Zürchern da unten fusionieren? Lieber zu Schwyz gehören», schauen wir uns die Sache mal genauer an.

Denn Gemeindefusionen versprechen nicht nur finanzielle, sondern auch organisatorische Vorteile. Dies jedenfalls ergab eine Anfrage beim Gemeindepräsidenten der Gemeinde Glarus, welcher bis 2011 noch aus vier verschiedenen Gemeinden bestand. Die Antworten von Gemeindepräsident Christian Marti sind durchwegs positiv. Die Steuern seien tiefer als zuvor, die Gemeinde erbringe teilweise höhere Leistungen als zuvor, «das Denken im neuen Ganzen bietet grosse Entwicklungschancen und kommt so auch in den Herzen der Menschen an», sagt Marti schwärmerisch. Klingt doch gut.

Wie? Baar und Menzingen zusammen? Und was soll Zug mit Walchwil?

Im Dossier, welches das Zuger Amt für Raumplanung schuf, hat man eine mögliche künftige Neuaufteilung der Gemeinden visualisiert. Das Beispiel sieht Folgendes vor: Die Ennetsee-Gemeinden Cham, Hünenberg und Risch könnten vereint werden, dann würden Zug und Walchwil vermählt. Baar, Steinhausen, Neuheim und Menzingen würden gemeinsame Sache machen und letztlich könnten Unter- und Oberägeri fusionieren.

Dass die Ennetsee-Gemeinden zusammenkämen, ist wenig überraschend, hat sich die Wirtschaft dort bereits vor Jahren doch zur Wirtschaftsregion Zugwest zusammengeschlossen. Hier könnte womöglich noch dichter zusammengearbeitet werden. Doch fänden das die Ennetseeler auch gut?

«Es braucht keine Fusion, sondern punktuelle Zusammenarbeit.»

Regula Hürlimann, Hünenberger Gemeindepräsidentin

Die Idee einer Fusion stösst bei der Hünenberger Gemeindepräsidentin und Zugwest-Präsidentin Regula Hürlimann auf wenig Gegenliebe. «Um Gewicht im Kanton zu haben, sich wirtschaftlich gut zu positionieren oder sich organisatorisch und finanziell weiterzuentwickeln, braucht es keine Fusion, sondern punktuelle Zusammenarbeit», beantwortet sie unsere Frage. Und diese Zusammenarbeit laufe bereits sehr gut. Etwa mit Zugwest, aber auch auf schulischer Ebene.

Denkbarer Perimeter – mit Betonung auf «denkbarer»

Warum das Amt für Raumplanung jedoch Zug und Walchwil zusammenbringen würde, ist uns ein Rätsel. Das pulsierende Zug und dann dieses etwas verschlafen wirkende, lauschige Walchwil, ab vom Schuss mit fast mediterranem Klima. Wohl auch von der Mentalität. Da würde Baar doch vielmehr zu Zug passen. Starke Wirtschaft, eine städtische Mentalität, grosse Lust am Wachsen.

«Das ist überhaupt keine abschliessende Einteilung. Sie hätte auch ganz anders herauskommen können.»

René Hutter, Leiter Amt für Raumplanung

Wir treffen René Hutter, den Leiter des Zuger Amtes für Raumplanung, und wollen von ihm wissen, wie denn überhaupt diese «denkbaren Perimeter» der vier Grossgemeinden zustande gekommen seien. «Handgelenk mal Pi», so seine Antwort. «Das ist überhaupt keine abschliessende Einteilung. Sie hätte auch ganz anders herauskommen können. Doch haben wir in diesem Falle einigermassen versucht, finanzpolitisch starke mit schwächeren Gemeinden zu paaren, damit dort ein Gleichgewicht entsteht.» Das erklärt, warum Baar mit den Berggemeinden Menzingen und Neuheim im Boot sitzen würde.

Hutter betont jedoch sogleich: «Wir haben vorgängig zur Anpassung des Richtplanes zwei Workshops mit den Gemeinden durchgeführt. Und durchs Band reagierten die Gemeinden ablehnend gegenüber der Idee, mit anderen Gemeinden zu fusionieren.» Und er ergänzt: «Am ehesten scheint es für die Gemeinden denkbar zu sein, aus dem Kanton Zug eine grosse Gemeinde zu machen.»

Angst vor Identitätsverlust

Auch Andreas Hotz, Gemeindepräsident von Baar, zieht einer möglichen Gemeindefusion die Idee einer Kantonsgemeinde vor. Doch erst, nachdem er betont hat, dass der Status Quo aktuell keiner Veränderung bedürfe. Doch er gibt zu bedenken: «Ein Gemeindekanton würde eine rund 150’000 Personen umfassende Organisation hervorrufen.» Er deutet zudem darauf hin, dass mit Fusionen jedweder Art auch Identitäten verloren gehen würden. Eine Gefahr, findet Hotz. Denn in einer Zeit, in der Identität keine Selbstverständlichkeit mehr sei, sei diese von umso grösserer Bedeutung, findet er.

«Würden sich die Talgemeinden Zug, Baar und Steinhausen zusammenschliessen, entstünde eine Stadt mit rund 63’000 Einwohnern. Das wäre unserer Wirtschaftskraft angemessen.»

Dolfi Müller, Stadtpräsident von Zug

Dolfi Müller, Stadtpräsident von Zug, nimmt sich des Gedankenspiels an: «Würden sich die Talgemeinden Zug, Baar und Steinhausen zusammenschliessen, entstünde eine Stadt mit rund 63’000 Einwohnern. Da lägen wir im Bereich von Lugano und gehörten zu den zehn grössten Städten der Schweiz. Das wäre unserer Wirtschaftskraft angemessen.» Und er schiebt dann nach: «Ich will mich aber nicht dazu äussern, wo das Rathaus dieser Stadt stünde.»

Doch auch Müller sieht im Kanton Zug aktuell keinen Sinn in Gemeindefusionen. «Solange der Zuger Finanzaustausch besteht, gibt es keinen finanziellen Druck dazu. Arme Gemeinden mit 83 Einwohnern wie in den Alpen, die voll am Tropf des Kantons hängen, finden wir im Wirtschaftskanton Zug keine.»

Die Statistik spricht gegen Fusionen im Kanton Zug

Diesen Punkt spricht auch Hutter an. «Rein statistisch gesehen ist Zug nicht reif für Fusionen.» Und er legt gleich die entsprechende Statistik vor. «Hier sieht man: Der Kanton Zug ist wohl der Schweizer Kanton mit den einwohnerstärksten Gemeinden. Bei uns leben durchschnittlich 11’266 Menschen pro Gemeinde. Im Kanton Bern sind es gerade mal 2’924.» In Zugs kleinster Gemeinde Neuheim leben 2’219 Menschen. In Schelten, der kleinsten Gemeinde Berns, leben 37 Leute. Eine andere Frage sei indes, wie man mit grenznahen Orten Zugs wie etwa Sattel oder Knonau umgehe.

Vor zwölf Jahren stand etwa zur Debatte, ob die Luzerner Gemeinde Meierskappel künftig zum Kanton Zug, konkret zu Risch, gehören solle. Die Gemeinde wünschte sich den Wechsel, da sie sich einen Zusammenschluss mit den naheliegenden Luzerner Gemeinden nicht hatte vorstellen können.

Hutter sagt zu solchen interkantonalen Fusionen: «Die Fragen, die zwischen solchen interkantonalen Ortschaften vorherrschen, lassen sich auch anders lösen. Dafür braucht es aus raumplanerischer Sicht keine Fusion.»

Der Regierungsrat entscheidet, ob das Thema relevant ist

Es ist wahrscheinlich, dass die Diskussion über mögliche Fusionen im Kanton Zug bald wieder versanden wird. Denn das Dossier zur Anpassung des Richtplans wird nun vom Regierungsrat bearbeitet, bevor es – wahrscheinlich im Frühling – in den Kantonsrat kommt. «Und der Regierungsrat kann den kurzen Absatz zu diesem Thema rausstreichen, wenn er findet, es sei für den Kanton und die Gemeinden nicht nötig, sich entsprechende Gedanken zu machen», erklärt Hutter.

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