Wie «links» ist die Zwischennutzung noch?

Luzerner Jungfreisinnige entdecken Neubad als Veranstaltungsort

Das Neubad scheint ihm nicht zu links: Lucas Zurkirchen, Präsident Jungfreisinnige Stadt Luzern.

 

(Bild: Bildmontage bic)

Immer mehr Veranstalter, die man nicht unbedingt im Neubad vermuten würde, entdeckten in jüngster Zeit die Lokalität für sich. Nach dem «Lucerne Festival» nun auch die Luzerner Jungfreisinnigen. Hat das alte Hallenbad seinen links-alternativen Anstrich abgelegt? 

Dieses Jahr feiert die Luzerner Zwischennutzung Neubad ihr fünfjähriges Bestehen. Das Haus ist inzwischen für viele nicht mehr aus dem Luzerner Kulturleben weg zu denken. Gestartet als szeniges, links-alternatives und hipstriges Kulturlokal, geriet das ehemalige Hallenbad in den letzten zwei bis drei Jahren immer mehr in den Fokus der breiten Öffentlichkeit.

Nun haben es sogar die Luzerner Jungfreisinnigen für sich entdeckt. Sie organisieren diesen Donnerstag einen Polittalk mit allen Jungparteien. Seit drei Jahren ist auch das lange als elitär geltende «Lucerne Festival» regelmässig zu Gast. Hat die Zwischennutzung ihren linken Anstrich also abgelegt?

Links-alternativ oder nicht?

Ausserhalb der Stadtgrenzen wird das Lokal heute als wichtiges kulturelles Zentrum wahrgenommen. So schrieb die «Zuger Zeitung» letzten Monat: «Mit 17 Festanstellungen und immer wachsender Nutzung hat sich das Projekt zu einem Volltreffer gemausert.» An anderer Stelle wird das Haus jedoch nach wie vor als links-alternatives Szenelokal betitelt. Das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) bezeichnete das Neubad unlängst als «alternatives Kulturlokal», wo die Gewerkschaften im «eigenen Saft kochen würden».

Damit spielte SRF auf die 1.Mai-Veranstaltung der Luzerner Gewerkschaften an, die sich dieses Jahr ins Neubad zurückzogen (zentralplus berichtete). Und die ehemalige Luzerner SP-Grossrätin und Gewerkschafterin Alice Königs kritisierte in der «Urner Zeitung», die Feier halte man so «im stillen Kämmerlein» unter seinesgleichen ab.

Alte Klischees sind weg

Was stimmt den nun und wie schätzen die Luzerner den Groove im alten Hallenbad mittlerweile ein? Lucas Zurkirchen, Präsident der städtischen Jungfreisinnigen und Organisator des Politevents, sieht zumindest den Trend einer Öffnung. «Ich glaube nicht, dass das Neubad nur für Linke und Alternative ist.» Zumal die Verantwortlichen auch daran arbeiten würden, alte Klischees zu beerdigen, sagt er (zentralplus berichtete). Selber sei er erst zwei- bis dreimal im Garten gewesen. Dies habe aber vor allem damit zu tun, dass er nicht oft an kulturelle Events gehe.

«Links-grüne Politiker versuchten vielleicht schon, das Neubad für ihre politische Seite zu besetzen.»

Fabian Reinhard, FDP-Präsident

«Ich kann mir aber durchaus vorstellen, in Zukunft öfters dort vorbeizuschauen. Als Partei sind wir auch schon eingeladen worden, im Neubad eine Sitzung abzuhalten», so Zurkirchen. Bislang hätten sich andere Lokale aber besser geeignet. «Wir sind aber immer offen für Neues und werden sehen, was die Zukunft bringt.»

«Im Neubad werden wir bewirtet»

Für den Event vom Donnerstag sei das ehemalige Hallenbad jedenfalls super geeignet, da es insbesondere für die Jungen ein toller Ort und zentral gelegen sei, sagt Zurkirchen. Weiter seien ja alle Jungparteien dabei, weshalb es eigentlich keine Rolle spiele, wo man die Veranstaltung letztlich durchführt.

«Die Veranstaltung haben wir bis jetzt meistens an einem anderen Ort durchgeführt. Das letzte Mal in Littau», sagt Zurkirchen. Ins Neubad gehe man dieses Mal aber, weil man während des Anlasses bewirtet werden möchte. Dies sei bislang nicht der Fall gewesen.

Es sollte für alle da sein

Ähnlich sieht es auch Fabian Reinhard, Präsident der Stadtluzerner Freisinnigen und FDP-Grossstadtrat. «Links-grüne Politiker versuchten vielleicht schon, das Neubad für ihre politische Seite zu besetzen. Das finde ich falsch, das Neubad soll ein offenes Haus für alle sein», sagt er. Selber war Reinhard auch schon mehrmals dort. «Das Essen war gut und das Personal sehr sympathisch», erinnert er sich.

«Persönlich möchte ich das Haus nicht unterstützen.»

Christian Huber, Präsident JSVP Luzern

Deshalb sei die Zwischennutzung wohl auch erfolgreich unterwegs. Aber es gebe sicher Leute, die ein 5-Sterne-Haus am Quai der Zwischennutzung in der Neustadt vorziehen. «Natürlich gibt es noch viel mehr Leute, welche wie ich genau das vielfältige Angebot mit Neubad und Hotel Schweizerhof schätzen», sagt Reinhard. Eine Parteiversammlung hat die FDP noch keine im Neubad durchgeführt. «Aber wer weiss, vielleicht kommt das ja noch, in diesem oder im nächsten Neubad», sagt Reinhard.

Für die SVP ein rotes Tuch

Ganz anders tönt es bei der Jungen SVP Luzern. «Ich war doch etwas erstaunt, dass die Jungfreisinnigen als liberale Partei das Neubad ausgewählt haben», sagt Präsident Christian Huber. Es sei halt doch eine typisch linke Lokalität. Deshalb gehe er dort persönlich eigentlich auch nicht hin.

«Im Neubad fühlt man sich auch heute sicher nicht wie bei einem ‹Buurezmorge› der SVP.»

Mario Stübi, Grossstadtrat SP

Besonders stossend findet Huber, dass seine Partei einst einen Vorschlag für eine Lokalität für den Polittalk gemacht habe, dieser von den Freisinnigen indes als «zu SVP-mässig» abgetan worden. Dass nun das Neubad ausgesucht wurde, sei daher «schon etwas komisch».

Neubad machte negative Schlagzeilen

«Das Angebot und auch die Leute, die im ehemaligen Hallenbad verkehren, sprechen mich nicht unbedingt an», sagt Huber. Zudem sei das Neubad vor knapp zwei Jahren in die Schlagzeilen geraten, als von dort aus eine Demo gestartet wurde, bei der es zu Sachbeschädigungen gekommen ist (zentralplus berichtete).

Würde er selber je einen Anlass seiner Partei im alten Pool organisieren? Huber dementiert vehement: «Das käme mir sicher nicht in den Sinn. Persönlich möchte ich das Haus nicht unterstützen.» Anwesend sein wird er diesen Donnerstag von Amtes wegen aber trotzdem.

Selbstverständlich immer noch links-alternativ

Dass das Haus an seiner ursprünglichen Ausrichtung nicht gross etwas verändert hat, diese Meinung teilt SP-Grossstadtrat Mario Stübi. «Im Neubad fühlt man sich auch heute sicher nicht wie bei einem ‹Buurezmorge› der SVP.» Den alternativen, eher linken Anstrich habe das Neubad seit Beginn erhalten.

Deshalb zeigt sich Stübi überrascht, aber erfreut, dass die Zwischennutzung nun auch bei den jungen Liberalen auf dem Radar erscheint. «Es ist natürlich schön zu sehen, dass sich mittlerweile auch Leute aus anderen politischen Richtung dafür begeistern können. Aber nicht das Neubad per se hat sich verändert, sondern die Wahrnehmung davon in der breiten Öffentlichkeit», ist Stübi überzeugt.

Eine tolle Location – weiter nichts

Und was sagt man beim «Lucerne Festival» über die Lokalität und deren Ausstrahlung? «Wir veranstalteten in den letzten Jahren einige Konzerte im Pool. Die Location ist zum Beispiel besonders spannend für das Publikum von Familienkonzerten, aber je nach Projekt auch für Veranstaltungen mit Neuer Musik», sagt die Kommunikationsverantwortliche Nina Steinhart. Das besondere Ambiente würde das KKL sehr gut ergänzen. Ob allerdings auch im nächsten Jahr wieder Konzerte in der Neustadt ausgetragen werden, kann sie noch nicht sagen.

«Für die Wahl des Neubad haben wir stets sehr positive Reaktionen von der Presse und den Besuchern erhalten». Leute, die sich negativ dazu geäussert hätten, seien ihr nicht bekannt. «Jedes Veranstaltungskonzept und jede Location erreicht ein eigenes Publikum», so Steinhart. «Auch bei unseren 40-min-Konzerten trifft man nicht auf die gleichen Leute wie am Eröffnungskonzert im KKL.» 

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