Podium zur Spange Nord sorgt für Emotionen

Luzerner Gewerbler liest Stadtrat Borgula die Leviten

Am Podium stritten sich Adrian Borgula (links), André Bachmann (Mitte) und Robert Küng.

(Bild: les)

Das Strassenprojekt Spange Nord polarisiert. Insbesondere seit der Luzerner Stadtrat offiziell dagegen kämpft. An einem Podium kamen am Mittwoch die Argumente auf den Tisch. Dabei musste sich Stadtrat Adrian Borgula einiges anhören lassen.

Man wolle eine Diskussion anstelle eines Lagerkampfes. Unter diesem Motto organisierten die City Vereinigung und der Wirtschaftsverband Stadt Luzern diesen Mittwoch eine Podiumsveranstaltung. Dass es heiss zu- und hergehen würde, war klar. Bekanntlich wehren sich die Stadt Luzern sowie die betroffenen Quartiere gegen das grosse Infrastrukturprojekt zwischen dem Schlossberg und der Fluhmühle.

Organisator André Bachmann gab zu Beginn einen Überblick über die aktuelle Situation. Er appellierte, dass eine Lösung für alle Teilnehmer angestrebt werden soll.

Mobilität beschäftigt Bevölkerung

Die Veranstaltung trumpfte mit einem hochkarätigen Podium auf. Ständerat Damian Müller, Regierungsrat Robert Küng, Stadtrat Adrian Borgula, Stadtrat Matthias Senn (Bauvorsteher der Stadt Kriens) und die Buchrainer Gemeinderätin Käthy Ruckli waren zugegen. 

Damian Müller erklärte, wie er und Ständerat Konrad Graber «wie Löwen» in Bern für die Projekte Bypass und Durchgangsbahnhof kämpfen würden. Er sagte: «In Bern nimmt man die Misstöne aus Luzern wahr. Es besteht die Gefahr, dass wir auf die lange Bank geschoben werden.» Wenn der Bund schon bereit sei, in die Region zu investieren, müsse man Einigkeit ausstrahlen, dazu sei der Dialog eine zwingende Voraussetzung.

Das gesamte Podium. Von links: Matthias Senn, Adrian Borgula, André Bachmann, Robert Küng, Käthy Ruckli und Damian Müller.

Das gesamte Podium. Von links: Matthias Senn, Adrian Borgula, André Bachmann, Robert Küng, Käthy Ruckli und Damian Müller.

(Bild: les)

Regierungsrat Robert Küng ist die treibende Kraft hinter der Spange Nord. Er verwies darauf, dass die Mobilität auf dem Sorgenbarometer der Luzerner Bevölkerung stets die vorderste Position einnehme. Man wolle die Förderung des Autoverkehrs und des öffentlichen Verkehrs. «Die Spange Nord kommt beiden zugute», versicherte Küng. Und nur mit der Spange Nord könne der Bypass seine volle Wirkung entwickeln.

Adrian Borgula verteidigt sich

Das sah Stadtrat Adrian Borgula grundlegend anders. «Unser Zentrum ist gut erreichbar und die wirtschaftliche Entwicklung ist gut.» Die Spange Nord brauche es nicht. «Sie ist nicht siedlungsverträglich, bringt nur einen geringen Nutzen und ist für die Quartiere schlicht nicht zumutbar», erklärte Borgula. In der Stadt setze man auf «mehr Köpfchen statt Beton» – eine verkehrspolitische Haltung, die später noch zu reden gab.

Gewerbe wünscht offene Diskussion

Nebst der City Vereinigung Luzern war auch der Wirtschaftsverband Stadt Luzern an der Organisation des Events beteiligt. «Wir wollten die wichtigen Stimmen an einen Tisch bekommen und so den Puls fühlen», sagte Präsident Alexander Gonzalez zu zentralplus. Dieser Diskurs sei das oberste Ziel. Eine regelrechte Kampagne sei derzeit aber nicht geplant. «Die Gewerbetreibenden in der Stadt machen sich Sorgen und diese wollen wir aufnehmen.»

Matthias Senn betonte die Wichtigkeit des Dialogs und machte am Beispiel seiner Stadt Kriens klar, was man damit erreichen kann. «In einem konstruktiven Prozess haben wir mit dem Bundesamt für Strassen nach Lösungen gesucht und das Portal in Kriens präsentiert sich nun klar optimiert.» Auch wenn man noch nicht ganz zufrieden sei, habe man vieles erreicht. Er wünschte sich diese Position auch von anderen Gemeinden. Er meinte damit die Stadt Luzern, auch wenn er Adrian Borgula vor den rund 80 Personen nicht direkt kritisieren wollte.

Ähnlich argumentierte Käthy Ruckli aus Buchrain. «Die Rontaler Gemeinden haben schon vor Monaten sieben Punkte zur Verkehrspolitik festgehalten.» Man setze «gemeinsam» auf die Spange Nord – auch wenn nicht alle Gemeinden gleich stark betroffen sind. 

Schlagabtausch der beiden Stadtluzerner

Dann war André Bachmann, Verantwortlicher für das Ressort Politik, wieder an der Reihe. Er attackierte Adrian Borgula: «Wir sind konsterniert, dass man den Dialog abbrechen will.» Das Gewerbe sehe die Logik des Gesamtsystems. «Wir wollen dieses mit allen Massnahmen vernetzt umsetzen», so Bachmann. Auch wenn er einräumte, dass die Spange stadtverträglicher gestaltet werden müsste. Doch immerhin verfolge der Kanton seit Jahren einen genauen Plan, der sich am Agglomerationsprogramm orientieren würde. 

Adrian Borgula liess diese Kritik nicht gelten. Auch das abrupte Umdenken dementierte er. «Wir glauben nicht mehr daran, dass man eine siedlungsverträgliche Lösung findet.» Und man könne doch nicht immer auf die früheren Haltungen verweisen. «Schliesslich zeigen die Zahlen, gerade was Fahrten über die Seebrücke betrifft, dass wir auch mit anderen Massnahmen Erfolg haben können.»

Alternative: 50 Jahre warten

Ständerat Damian Müller rief nochmals in Erinnerung: «Wir können schon zurück auf Feld eins gehen – nur bis ein Projekt wieder so weit ausgereift ist, dass der Bund Geld investiert, dauert es bis ins Jahr 2060 oder 2070.»

Interessanterweise wählte gerade der Nicht-Politiker in der Runde die schärfsten Worte. «Wir können doch jetzt die jahrzehntelange Planung nicht einfach wegwischen. Ich sehe aktuell absolut keine Lösungen seitens des Stadtrates.» Adrian Borgula verdrehte zwar die Augen. Doch Bachmann doppelte nach: «Ich erwarte ganz klar, dass die Politik in der Stadt Luzern mit eigenen Ideen kommt und in diesen Prozessen eine ‹Lead-Funktion› übernimmt.»

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Felix Kaufmann
    Felix Kaufmann, 24.06.2018, 14:47 Uhr

    Getöse und Gepolter: Die übliche, mit gereiztem Unterton vorgetragene, Selbstinszenierung von Wirtschafts- und Gewerbeverband, City Vereinigung und wer sonst noch zu diesen Kreisen gehört; dazu die übliche Schützenhilfe von FDP und SVP, die sich lange gewohnt waren, solchermassen ihre Politik durchzusetzen. Dass kaum einer von ihnen, der Regierungsrat allen voran, auch nur in der Nähe von Luzern wohnt, macht ihre Bekenntnisse zur Stadt Luzern unglaubwürdig und realitätsfremd.
    Nun ist es plötzlich anders: Eine Quartierbevölkerung akzeptiert diese «es gibt keine Alternative zur Spange Nord»-Diktat nicht mehr. Und dieser Widerstand ist tief verankert bei Wähler und Wählerinnen aus allen Lagern; sie sind nicht gewillt, ihr Quartier einer solchen Politik zu opfern: sie fordern den Verzicht auf dieses unsinnige Projekt!

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  • Profilfoto von Libero
    Libero, 22.06.2018, 17:32 Uhr

    Seit Beginn des Nationalstrassenbaus im Jahre 1959 hat sich einiges verändert. Der Verkehr soll mit Ringstrassen um die Agglomerationszentren herum geführt werden und die bewohnten Gebiete umfahren. Die Spange Nord ist ein Relikt aus dem letzten Jahrhundert. Es kann nicht sein, dass eine 4-spurige Autobahn mitten in einem Wohnquartier endet. Wir hoffen, dass auch die Planer diese Tatsache erkennen werden. Wir danken Herrn Adrian Borgula für den Einsatz für die Stadtbewohner.

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