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Trotz wachsendem Widerstand hält die Luzerner Regierung an der Kirchensteuer für Unternehmen fest. Eine freiwillige Zahlung lehnt sie ab – aus mehreren Gründen.
Seit dem Bekanntwerden der Missbräuche in der katholischen Kirche hat diese mit einer Welle von Austritten zu kämpfen (zentralplus berichtete). Bei der römisch-katholischen Kirche traten 2023 schweizweit über 67’000 Personen aus, fast doppelt so viele wie im Jahr zuvor. Bei der reformierten Kirche stiegen die Austritte um knapp ein Drittel an, auf fast 40’000, wie das Schweizerische pastoralsoziologische Institut damals bekanntgab. Sie alle wollen nicht mehr hinter der Institution stehen und diese auch nicht mit der Kirchensteuer finanziell unterstützen.
Das hat Politiker dazu veranlasst, die geltende Regelung hinsichtlich der Kirchensteuer zu überdenken. Auch in Luzern. Die Luzerner Kantonsrätin Heidi Scherer (FDP) forderte im Juni 2024 den Regierungsrat mittels Postulat dazu auf, zu prüfen, ob die Kirchensteuer für Firmen künftig freiwillig werden soll.
Manche Firmen zahlen, andere nicht
Heute sind Kapitalgesellschaften wie Aktiengesellschaften, GmbH und Genossenschaften sowie Vereine und Stiftungen verpflichtet, Kirchensteuer zu zahlen – unabhängig davon, ob sie einer Konfession angehören oder nicht. Im Gegensatz dazu können Selbstständige und Personengesellschaften – etwa Kollektiv- oder Kommanditgesellschaften – durch einen Kirchenaustritt die Zahlung der Kirchensteuer umgehen. Das sei eine ungleiche Behandlung, finden Scherer und ihre Mitunterzeichner.
Zumal juristische Personen keine Rechte wie etwa das Wahlrecht, welche Personen in den Kirchengremien Einsitz nehmen sollen, besitzen. Ebensowenig können sie mitbestimmen, welcher Landeskirche ihre Steuern zugutekommen. Ausserdem bemängelt Scherer in ihrem Postulat, dass die Gelder teils für politische Aktivitäten der Kirche eingesetzt werden, oftmals gegen die Interessen der Wirtschaft. Unternehmen seien durchaus bereit, einen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten – wollen aber selber entscheiden, welche Institution sie unterstützen, so die Postulantin.
Die Kirchensteuer ist ein Politikum, das in Luzern schon früher Thema und Inhalt von Vorstössen war. 2014 reichte David Staubli ein entsprechendes Postulat ein – welches der Rat damals absägte. 2023 folgte eine Petition von Kilian Zemp über die Abschaffung der Kirchensteuer für Unternehmen, welches der Rat am 4. Dezember 2023 zur Kenntnis nahm.
Regierungsrat schmettert Idee ab – schon wieder
Nun reagiert der Luzerner Regierungsrat auf das Postulat – auf ähnliche Weise wie in früheren Fällen. Kurz: Er empfiehlt, das Postulat abzulehnen. Denn eine Freiwilligkeit der Zahlung von Kirchensteuern für juristische Personen käme einer Abschaffung gleich, ist der Regierungsrat überzeugt. Er glaubt, dass kaum ein Unternehmen bereit wäre, freiwillig eine Zahlung zu leisten.
Die Regierung sieht aber noch andere Hürden. Eine Anpassung der Regelung würde nämlich eine Änderung der Verfassung bedeuten, denn die Erhebung der Kirchensteuer sei in der Luzerner Verfassung verankert. Das Anliegen sei schon 2007 im Rahmen der Beratung zur neuen Kantonsverfassung «eingehend diskutiert» und vom Kantonsrat selbst «grossmehrheitlich verworfen» worden. Damals sei ebenfalls festgehalten worden, dass Erträge aus den Kirchensteuern von juristischen Personen nur für «soziale und kulturelle Tätigkeiten» verwendet werden dürfen.
Eine Frage des Geldes
Gemäss Regierungsrat nehmen Kirchgemeinden nach wie vor wichtige Aufgaben wahr, die einer breiten Bevölkerung – auch unabhängig der Konfessionszugehörigkeit – zugutekommen. Namentlich nennt er Leistungen zur Unterstützung von Jugendlichen und zur Förderung der Integration. «Überdies unterhalten Kirchen im öffentlichen Interesse Kulturgüter, Gebäude und Anlagen.» (zentralplus berichtete) Bei einem Wegfall dieser finanziellen Unterstützung müssten diese Aufgaben durch die allgemeinen Mittel des Kantons und der Gemeinden finanziert werden.
Nicht zuletzt wäre es also auch eine Geldfrage. Würde die Kirchensteuer für juristische Personen nämlich freiwillig – oder, in den Worten des Regierungsrats: abgeschafft – werden, hätte das grosse finanzielle Folgen. Genau beziffern lässt sich dieser gemäss der Exekutive zwar nicht, aber der «theoretische maximale Ausfall» würde sich auf rund 24 Millionen Franken belaufen. Das nämlich sei der Durchschnitt der Einnahmen während der Abrechnungsjahre 2013 bis und mit 2023. Davon gehen im Schnitt 0,25 Prozent an die christkatholische Kirchgemeinde, rund 16 Prozent an die reformierte Kirchgemeinde und knapp 84 Prozent an die römisch-katholische Kirchgemeinde.