Kanton reagiert auf OECD-Mindeststeuer

Luzern senkt Steuern für Arme und Konzerne

Finanzdirektor Reto Wyss will Grossunternehmen – wie etwa die Emmi – steuerlich entlasten.

Die Luzerner Regierung schraubt am Steuergesetz, um für die Einführung der OECD-Mindeststeuer gewappnet zu sein. Hier erfährst du, was das für dich heisst – und von welcher Seite sich bereits Widerstand ankündet.

Die Regierung des Kantons Luzern plant eine Revision des Steuergesetzes. Ziel ist es, die Steuerbelastung für Einkommensschwache, Familien und Unternehmen zu reduzieren. Insgesamt sind Entlastungen von 180 Millionen Franken geplant. Über die Hälfte fliesst an Private.

Die Kosten der Revision sollen einerseits durch die erwarteten Mehreinnahmen aus der OECD-Mindeststeuer getragen werden. Neueste Schätzungen gehen dabei von 72 Millionen Franken pro Jahr aus. Andererseits hat der Kanton für die Jahre 2023 bis 2026 jährlich 40 Millionen Franken im Haushalt budgetiert.

Erleichterung für einkommensschwache Familien

Eines der Ziele ist es, besonders einkommensschwache Familien steuerlich zu entlasten. Wie wirst du das im Portemonnaie zu spüren bekommen? Für dich als Privatperson könnten – je nach Situation – die folgenden geplanten Änderungen relevant sein.

  • 15 Prozent Sozialabzug für Einkommen unter 50'000 Franken
  • Kinderabzug von neu 10'000 Franken
  • Erhöhung des Abzugs für die Drittbetreuung von Kindern von 6000 Franken auf 25’000 Franken
  • neuer Tarif für Kapitalleistungen aus Versicherung und Vorsorge – auch für Konkubinate

Grund für diese Massnahmen ist ein Bericht zum Thema Existenzsicherung in Luzern von 2021, der Steuererleichterungen für Familien mit wenig Einkommen empfiehlt. Ein Beispiel: Eine Familie mit zwei Kindern und 70'000 Franken Bruttoeinkommen bezahlt heute ungefähr 1000 Franken Steuern pro Monat. Durch die Revision gäbe es eine Entlastung von 930 Franken jährlich – also rund 80 Franken im Monat.

Ist das nicht ein bisschen wenig? Finanzdirektor Reto Wyss findet nicht. «Für Familien mit tiefen Einkommen sind jährliche Erleichterungen von 900 Franken nicht nichts», meint er.  

Luzern soll für Unternehmen attraktiv bleiben

Die Regierung plant zudem, die Luzerner Unternehmen zu entlasten. «Es geht darum, die Einbussen an Attraktivität durch die OECD-Mindeststeuer zu kompensieren», erklärt Wyss. Geplant sind folgende Änderungen:

  • Einführung einer festen Kapitalsteuer für steuerbares Eigenkapital
  • Patentbox mit einer Entlastung von neu 90 statt 10 Prozent
  • stärkere Abzüge bei Forschung und Entwicklung (optional)
  • kantonale Standortmassnahmen wegen der OECD-Mindestbesteuerung

Die OECD-Mindestbesteuerung wird kommen, darauf bereitet sich der Kanton Luzern mit der Revision vor (zentralplus berichtete). Eine wichtige Massnahme ist die Kapitalsteuer. «Wir wollen so dem Abwandern von kapitalstarken Gesellschaften vorbeugen», meint Wyss. Er betont, dass einige Firmen den Kanton bereits verlassen hätten.

Mit den Mehreinnahmen soll aktiv Standortpolitik betrieben werden. Geplant ist die Ansiedlung einer internationalen Schule, die Förderung von Start-ups sowie die Unterstützung von Kindertagesstätten. Das alles, um für Fachkräfte attraktiver zu werden.

Die Regierung kann die Revision aber erst weiter vorantreiben, wenn die konkrete Ausgestaltung der OECD-Mindeststeuer durch den Bund festgelegt ist. Die jetzigen Berechnungen basieren auf dem ursprünglichen Vorschlag, bei dem die Kantone 75 Prozent der Mehreinnahmen erhalten sollten. Bekommen die Kantone jedoch nur 50 Prozent – wie es die Wirtschaftskommission vor Kurzem vorschlug – muss neu gerechnet werden (zentralplus berichtete).

Zentralschweizer Kantone konkurrieren um die tiefsten Steuern

Luzern möchte steuerlich attraktiver werden – so steht es im aktuellen Finanzleitbild 2022. Gemäss dem Bericht will sich der Kanton bei der Einkommenssteuer, der Vermögenssteuer und bei den Kapitalsteuern unterhalb des Schweizer Durchschnitts positionieren. Bei der Unternehmsgewinnsteuer ist das bereits gelungen. Zurzeit liegt die Gewinnsteuer juristischer Personen bei 1,5 Prozent.

Der Kanton Luzern liegt momentan bei juristischen und natürlichen Personen unter dem Schweizer Durchschnitt. «National sind wir gut positioniert, in der Zentralschweiz gehören wir nicht mehr zu den attraktivsten Kantonen», erklärt Reto Wyss. Selbst Uri sei für natürliche Personen attraktiver als Luzern. Das Ziel der Revision ist es, im Vergleich zu den Nachbarkantonen wieder an Attraktivität zu gewinnen.

Das Ganze sei kein Nullsummenspiel, räumt Wyss ein. Auch wenn 55 Millionen Franken aus der OECD-Mindeststeuer eingeplant sind, muss der Kanton tief in die Tasche greifen. «Die 40 Millionen, die wir einsetzen, fehlen irgendwo», bemerkt er. Es brauche jetzt mutige Finanzpolitik.

Die anderen Parteien stehen grösstenteils hinter dem Paket

Die Grünen finden die Steuersenkungen überdimensioniert. «Damit wird der Tiefsteuerwettbewerb weiter angeheizt und das Ziel der OECD-Mindeststeuer untergraben», so Samuel Zbinden, Kantonsrat der Grünen in einer Medienmitteilung. Es sei unverantwortlich angesichts der sozialen Herausforderungen und der Klimakrise, einkommensstarken Menschen und Unternehmen so hohe Steuergeschenke zu machen, kritisiert Kantonsrätin Korintha Bärtsch.

Überwiegend hinter das Paket stellen sich in ihren Medienmitteilungen die Bürgerlichen. Die Mitte begrüsst die Vorlage und findet sie sehr ausgewogen. Die FDP ist sich sicher, dass die Revision im ganzen politischen Spektrum Gehör findet, gerade, weil sie auch natürliche Personen stark entlastet. Die geplante Steuererleichterung für Unternehmen sei das absolute Mindestmass, meint die SVP. Und die GLP will die Massnahmen zwar noch näher prüfen, unterstütze aber die standortpolitischen Massnahmen.

Seit Freitag ist die Steuergesetzrevision in der Vernehmlassung. Danach wird der Entwurf überarbeitet, bevor er in den Kantonsrat kommt.

Verwendete Quellen
  • Teilnahme an der Medienkonferenz
  • Medienmitteilung des SECO
  • Entwurf einer Änderung des Steuergesetzes (Teilrevision 2025)
  • Medienmitteilung des Finanzdepartements Kanton Luzern
  • Medienkonferenz des Finanzdepartements
  • Informationen zur Gewinnsteuer in Luzern
  • Medienmitteilung der Grünen
  • Medienmitteilung der Mitte
  • Medienmitteilung der FDP
  • Medienmitteilung der SVP
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