Abstimmung in der Stadt Luzern

Luzern sagt «No»: Spange Nord wurde zu Grabe getragen

Rund 1'000 Personen gingen im Juni 2019 gegen die Spange Nord auf die Strasse. (Bild: sah)

Politisch zwar bereits beerdigt, durfte die Bevölkerung ihre Meinung zur einst geplanten Verkehrsachse dennoch an der Urne kundtun. Das Resultat war klar. Bleibt die Frage, welche Konsequenzen daraus gezogen werden.

Jetzt ist es also offiziell: Mit rund 73 Prozent Ja-Stimmen heisst die Luzerner Stimmbevölkerung die Spange-Nord-Initiative gut. Die Stimmbeteiligung lag bei 60 Prozent.

Im Vorfeld der Abstimmung stellte sich wiederholt die Frage, weshalb das Volk überhaupt noch über das Strassenbauprojekt befinden muss. Die Kantonsregierung hatte sich schliesslich bereits im Oktober 2019 von der Spange distanziert und bevorzugt seither eine abgespeckte Variante (zentralplus berichtete).

Dennoch gab es genügend Gründe, die dafür sprachen, die Initiative zur Urne zu bringen. Unter anderem wurde die Initiative mit über 3'500 Unterschriften eingereicht. Ein Rekord (zentralplus berichtete).

SP: Ball liegt jetzt auch bei der Regierung

Wie man das Resultat mit über 70 Prozent Ja-Stimmen deuten muss, ist für die Initianten der SP klar: «Es ist ein klares Zeichen an den Luzerner Regierungsrat und die kantonale Strassenplanung, dass man ab Montag nicht mehr so weitermachen kann wie bis anhin», sagt der Stadtluzerner SP-Co-Präsident und Grossstadtrat Yannick Gauch.

«Es ist ein klares Zeichen an den Luzerner Regierungsrat und die kantonale Strassenplanung, dass man ab Montag nicht mehr so weitermachen kann wie bis anhin.»

Yannick Gauch, SP Stadt Luzern

Für den Stadtrat sei die Aufgabe nun klar: Mit allen politischen und juristischen Mitteln gegen die Spange Nord – und vor allem auch dessen Nachfolgeprojekt «Reussportbrücke» – ankämpfen.

Gefordert ist jetzt aber auch der Regierungsrat: «Dieser muss erkennen, dass es nicht nur der Stadtrat oder nur die Linken sind, die gegen das Projekt sind – die Anzahl Ja-Stimmen geht weit über unsere Basis hinaus», sagt Gauch.

Die hohe Zustimmung der Initiative erklärt Gauch auch mit dem Frust der Standortbevölkerung: «Dieses Projekt wurde über die Köpfe der Stadtbewohner geplant. Hätte man sie einbezogen, stünde man heute möglicherweise an einem anderen Ort.»

Stadt setzt auf kantonale Strategie

Für den Stadtrat ist die Zustimmung zur Initiative vor allem ein Bekenntnis zu einer nachhaltigen Stadtentwicklung, heisst es in einer Mitteilung. «Für die Mehrheit der Stimmenden ist die Spange Nord aufgrund der baulichen Eingriffe in den städtischen Siedlungsraum und den Naherholungsraum der Reuss nicht stadtverträglich.»

Für die Stadtluzerner Regierung sei klar, dass dies auch auf die aktuell diskutierte Variante mit der Reussportbrücke und den Autobahnanschluss Lochhof zutrifft. Diese Haltung hatte der Stadtrat bereits früher kommuniziert (zentralplus berichtete).

«Man muss sich einfach eines bewusst sein: Die Spange Nord ist keine Umfahrung der Stadt, sondern würde mitten durch sie hindurch führen.»

Adrian Borgula, Umwelt- und Mobilitätsdirektor Stadt Luzern

«Mitverantwortlich für das Ja war aus Sicht des Stadtrates auch, dass sowohl die Spange Nord als auch die Reussportbrücke die Anforderungen an eine moderne und nachhaltige Mobilität nicht erfüllen», heisst es in der Mitteilung weiter. Auf Anfrage von zentralplus ergänzt Umwelt- und Mobilitätsdirektor Adrian Borgula: «Man muss sich einfach eines bewusst sein: Die Spange Nord ist keine Umfahrung der Stadt, sondern würde mitten durch sie hindurch führen.»

Den nächsten Schritt sieht der Stadtrat in der geplanten kantonalen Mobilitätsstrategie. «Der Stadtrat ist überzeugt, dass eine breit abgestützte regionale verkehrspolitische Strategie der richtige Weg ist, um erfolgreich gemeinsame Projekte zur Optimierung der Mobilität in den urbanen wie auch in den ländlichen Regionen zu erreichen.» Gemäss Adrian Borgula fanden die ersten Sitzungen dazu bereits statt.

Rückhalt aus fast allen Quartieren

Zur Erinnerung: Die Spange Nord war als «flankierende Massnahme» zum Autobahnprojekt Bypass angedacht. Die Spange sollte das Zentrum der Stadt entlasten, in dem sie den Verkehr von Ebikon her über die Friedentalstrasse zum Autobahnanschluss Luzern-Lochhof und weiter über die Reuss in das Fluhmühle-Gebiet führt.

Die Spange Nord sah einen Autobahnzubringer beidseits der Reuss vor.

In der Folge formierte sich in den betroffenen Wohnquartieren – welche sich durchaus auch als Teil des Stadtzentrums verstehen – massiver Widerstand. Die «Spange Nord»-Bewegung fand schnell den Rückhalt grosser Teile der Stadtbevölkerung (zentralplus berichtete).

«Das Resultat bestätigt die Solidarität, welche die Gegenbewegung in den vergangenen zwei Jahren gespürt hat.»

Marius Fischer, Präsident Gegenbewegung Spange No

Dieser Rückhalt wurde nun an der Urne bestätigt: Mit Ausnahme des Thorenbergquartiers in Littau stimmten alle Quartiere der Initiative zu. Marius Fischer, Präsident der Gegenbewegung «Spange No», zeigt sich über das Resultat erfreut: «Es bestätigt die Solidarität, welche die Gegenbewegung in den vergangenen zwei Jahren gespürt hat.»

Zudem sei das Resultat – gerade auch mit Blick auf die Zustimmung aus Quartieren, die nicht direkt betroffen gewesen wären – ein lautstarkes Zeichen. «Es ist ein Signal, dass Quartiere nicht mehr bereit sind, solche Projekte einfach zu schlucken», sagt Fischer.

Was macht die Luzerner Regierung?

Es ging in dieser Abstimmung letztlich nicht um das Resultat an sich. Es ging viel eher darum, wie dieses nun interpretiert wird und welche Konsequenzen daraus gezogen werden. Tatsache ist, dass das Nachfolgeprojekt Reussportbrücke sich noch bis am Mittwoch, 30. September 2020, in der Vernehmlassung befindet.

Dieser Abstimmungssonntag hat bestätigt, was die Regierung schon wissen musste: Die Stadtbevölkerung wollte die Spange Nord nie und auch nicht das Projekt Reussportbrücke. Bläst die Regierung die Übung nun endgültig ab oder geht sie auf Konfrontationskurs? Die Antwort darauf wird sie sich gut überlegen.

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