Luzern kauft sich für Millionen aus uraltem Vertrag frei
Im ehemaligen Zisterzienserkloster St. Urban ist heute die Luzerner Psychiatrie untergebracht.
(Bild: zvg)
Der Kanton Luzern will die seelsorgerische Verpflichtung an die Kirchgemeinde St. Urban abtreten. Dafür muss der Kanton mehrere Millionen Franken in die Finger nehmen. In der Folge könnte St. Urban bald Kirchensteuern erheben.
Bisher ist der Kanton Luzern für die Seelsorge und den Unterhalt der für den Gottesdienst genutzten Gebäude in St. Urban zuständig. Es ist ein einzigartiger Vertrag in Luzern: Entstanden ist er im Jahr 1848 durch die Aufhebung des Klosters St. Urban und den Verkauf der Klosteranlage.
Durch den Verkauf der Immobilie, des Inventars, des Kirchenschatzes sowie des Chorgestühls nahm der Kanton Luzern damals rund drei Millionen Franken ein, um seine Kriegsschulden aus dem Sonderbundeskrieg von 1847 zahlen zu können. Im Gegenzug verpflichtete sich der Kanton Luzern, die Seelsorge und den Gebäudeunterhalt sicherzustellen. Gut 300'000 Franken überweist der Kanton Luzern jährlich für die Sicherstellung der Aufgaben nach St. Urban.
Nun will der Kanton diese Vereinbarung aufheben. Künftig soll die katholische Kirchgemeinde St. Urban die Aufgaben selbst übernehmen. Dies schreibt er in einer am Dienstag veröffentlichten Botschaft an den Kantonsrat, welcher dem Vorhaben zunächst zustimmen muss.
In einer Medienmitteilung nennt der Kanton als Grund die Umwandlung der psychiatrischen Klinik St. Urban in eine Aktiengesellschaft im Jahr 2022. Für die Umsetzung der Verpflichtungen war die Klinik zuständig. Nach der Umwandlung habe sie darum gebeten, die ihr systemfremden Aufgaben abgeben zu können, schreibt der Kanton.
Kirchgemeinden würden ungleich behandelt
«Die notwendige Neuorganisation machte eine grundsätzliche Überprüfung der aktuellen Praxis möglich. Die enge Zusammenarbeit und der entsprechende Synergiegewinn zwischen der Luzerner Psychiatrie und der Kirchgemeinde St. Urban fiel weg, dagegen fiel die Ungleichbehandlung gegenüber anderen Kirchgemeinden durch die Befreiung von der Kirchensteuer stärker ins Gewicht», heisst es in der Mitteilung.
Da der Kanton Luzern bisher für die Kosten der Seelsorge aufgekommen ist, erhebt die Kirchgemeinde St. Urban bis heute nämlich keine Kirchensteuern – als einzige Gemeinde im Kanton. Mit der Übergabe der Verpflichtungen könnte sich dies ändern. Wie Konrad Bucheli, Präsident der katholischen Kirchgemeine St. Urban, auf Anfrage von zentralplus sagt, sei dazu allerdings noch keine Entscheidung gefallen.
Selbst wenn eine Kirchensteuer eingeführt würde – in Bälde dürfte dies nicht passieren. Dies, da der Kanton der katholischen Kirchgemeinde eine saftige Entschädigung zahlt, damit diese die Aufgaben übernimmt. Konkret will er der Kirchgemeinde knapp 7,5 Millionen Franken auszahlen. Wegen der Höhe dieser Summe kommt das Geschäft in den Kantonsrat. Und somit hat die Kirchgemeinde St. Urban für einige Jahre ein Polster.
So teuer wird die Übergabe für den Kanton
Wie es in der Botschaft heisst, hätten sich der Kanton und die Kirchgemeinde auf eine jährliche Entschädigung in der Höhe von 340'000 Franken geeinigt. Diese orientiere sich an den bisherigen jährlichen Zahlungen des Kantons und beinhaltet die Personalkosten in der Höhe von 194'000 Franken, Sachkosten in der Höhe von 76'000 Franken sowie die Nebenkosten für die genutzten Räume in der Höhe von 70'000 Franken.
Nicht eingerechnet seien die Aufwände für die eigene Administration der Kirchgemeinde und deren Aufbau sowie Mietkosten für Räumlichkeiten, die von der Kirchgemeinde St. Urban punktuell genutzt würden. 22 Mal soll diese Entschädigung ausgezahlt werden, was ein Total von knapp 7,5 Millionen Franken ergibt.
Ausgenommen von der neuen Regelung sind die Mieten für die Räume, die die Kirchgemeinde für die Seelsorge benötigen wird. Das sind zum Beispiel die Klosterkirche St. Urban, Pfarramtsräume oder der Pfarreisaal. Der Kanton will diese der Kirchgemeinde weiterhin kostenlos zur Verfügung stellen.
Zunächst muss nun der Kantonsrat über das Vorhaben und den Sonderkredit für die Übergabe entscheiden. Traktandiert ist das Geschäft noch nicht. Es dürfte aber noch dieses Jahr beraten werden. Die Vereinbarung soll bereits am 31. Dezember in Kraft treten.
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