Transparenz schon ab 1000 Franken

Luzern will, dass Parteien ihre Spenden offenlegen

Wer übergibt welcher Partei oder welchem Komitee wie viel Geld? In der Stadt Luzern soll man das nachschlagen können. (Bild: Symbolbild: cbu)

Wer finanziert die Stadtluzerner Parteien? Das soll künftig offengelegt werden. Während die bürgerlichen Parteien darin einen unnötigen Papiertiger sehen, empfinden die Linken das als Zeichen der Zeit.

Wer einer Partei, einer Politikerin oder einem Komitee für die Wahlen mehr als 1000 Franken spendet, soll künftig mit dem Namen öffentlich dafür einstehen. Nachdem eine gleichlautende Motion 2019 aus formellen Gründen gescheitert ist, versuchen es die SP-Grossstadträte Claudio Soldati und Lena Hafen erneut.

Denn: Seither ist klar geworden, dass die damals vermutete juristische Hürde gar nicht besteht. So hat inzwischen auch der Stadtrat sein Wohlwollen dafür bekundet (zentralplus berichtete). Und in der Debatte vom Donnerstag auch der Grosse Stadtrat, der die entsprechende Motion überwiesen hat. Jedoch nicht ohne Gegenwehr der Bürgerlichen.

Unnötiger bürokratischer Aufwand

Dass Transparenz wichtig ist, bestreitet keine der Parteien. Doch für die bürgerlichen Parteien stellt sich bei der Motion vor allem die Frage nach dem Wie und Warum. Fabian Reinhard (FDP) warnt, dass die Motion zu einem Papiertiger werden könnte. Die Umsetzung solle nicht zu bürokratisch werden und keinen erheblichen Mehraufwand darstellen. Gleichzeitig müsse die Offenlegung aber auch kontrolliert und gegebenenfalls sanktioniert werden. «Alibiübungen können wir uns sparen», so der FDP-Grossstadtrat.

«Nicht jeder, der ein paar Fränkli spendet, muss gleich in die Zeitung.»

Silvio Bonzanigo, fraktionsloser Grossstadtrat

Der FDP wäre es lieber, wenn die Parteien selbst am Zug wären und das untereinander ausdiskutieren würden. Dabei beschwört er in seinem Votum den französischen Philosophen Montesquieu: «Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu erlassen, dann ist es notwendig, kein Gesetz zu erlassen.»

Nutzen für die bürgerlichen Parteien nicht ersichtlich

Für die SVP erfüllt die Motion nicht die gewünschte Stärkung des Vertrauens der Bürgerinnen in die Politik. Damit würde eher das Misstrauen geschürt, vermutet Patrick Zibung der SVP-Fraktion. Zudem befürchtet die SVP, dass durch den Wegfall der Anonymität die Spenden wegfallen, womit die Luzerner Politik auf ein Modell der staatlichen Parteienfinanzierung herauslaufen würde.

Oder aber die Spender umgehen das Reglement, indem sie beispielsweise mehrere Teilzahlungen unter dem genannten Schwellenwert tätigen. Das kurze und knappe Fazit: Die Motion brauche es nicht. «Ich bin überzeugt, dass wir in der Schweiz sehr wenig bis gar keine Korruption haben.»

«Wir sollten wegen vorgeschobenen Details nicht das grosse Ganze vergessen.»

Claudio Soldati, SP-Grossstadtrat

Auch der parteilose Silvio Bonzanigo stellt den Nutzen einer Transparenzoffensive infrage: «Soll diese Geldgeberliste eine Art öffentlicher Pranger werden? Versucht man damit, Personen zu diskreditieren?» Nicht nur die Transparenz werde derzeit immer wichtiger, sondern auch der Persönlichkeitsschutz. «Nicht jeder, der ein paar Fränkli spendet, muss gleich in die Zeitung.»

SP fordert «endlich» Taten

Für die SP beanstanden die bürgerlichen Parteien die falschen Punkte. Die Wichtigkeit der Transparenz wird nicht bestritten. Nur gäbe es sehr viele Vorbehalte zur konkreten Praxis. «Wir sollten wegen vorgeschobenen Details aber nicht das grosse Ganze vergessen», so Motionär und SP-Grossstadtrat Claudio Soldati. Sollte die Motion angenommen haben, werde das Parlament im Rahmen des Berichts und Antrags der Stadt noch genügend Zeit haben, wichtige Details zu klären.

Zudem könne die Stadt auch von der Transparenzinitiative auf Bundesebene profitieren. Dort würden im Rahmen der Vernehmlassungen bereits die bürgerlichen Vorbehalte in der Praxis thematisiert. Die Stadt Luzern könne dann auf die Resultate des ausgearbeiteten Vorschlags zurückgreifen.

Für gewisse Vorbehalte zeigt die SP durchaus Verständnis: Das Privatsphäreargument für die Spenderinnen sei durchaus legitim. Aber für die SP sei das öffentliche Interesse höher zu gewichten: «Wenn eine Person Geld spendet, wird auf einen politischen Entscheid und damit auf die Öffentlichkeit Einfluss genommen. Die Einwohner haben ein Recht zu erfahren, wer Einfluss auf ihr Leben ausübt», so der SP-Grossstadtrat. Deshalb fordern die Motionäre im Nachhinein ebenfalls die Offenlegung der Namen der Spender.

«Freiwilligkeit hat noch nie funktioniert»

Der Meinung der SP schliessen sich sowohl GLP, Grüne als auch Mitte an. Irina Studhalter der Junge Grüne/Grüne-Fraktion weist zudem darauf hin, dass Freiwilligkeit bei der Offenlegung der Budgets «noch nie» funktioniert habe. «Wir jungen Grünen legen unser Wahlkampfbudget jedes Mal offen und laden andere Parteien ein, dies auch zu tun. Bei den Bürgerlichen bleibt es entweder still oder die Zahlen sind verdächtig tief.»

Die Mitte plädiert derweil für Augenmass. Zwar sei eine Offenlegungspflicht «pragmatisch und vernünftig», so Mirjam Fries (Mitte). Doch die Mitte hätte zuerst noch auf eine sinnvolle Umsetzung auf Kantons- oder Bundesebene gewartet. Auf kommunaler Ebene hätten die Parteien und Behörden mit beschränkten Ressourcen zu kämpfen. Der Aufwand für die Kontrolle dürfe deshalb nicht zu hoch und müsse mit bestehenden Ressourcen der Stadt zu bewältigen sein.

Transparente Finanzierung kommt wohl erst nach 2024

Stadtpräsident Beat Züsli wiederholt wiederum die Haltung des Stadtrats. Zwar hätte man den Fokus nicht auf der kommunalen Parteienfinanzierung gesetzt. Das grundsätzliche Anliegen der Motionärinnen befürwortet die Stadt aber.

Bei der Umsetzung wolle die Stadt versuchen, einen pragmatischen Vorschlag zu bringen. Erkenntnisse auf der kantonalen und nationalen Ebene werden darin miteinfliessen. «Hierbei gilt es, zwischen Transparenz und nötiger Kontrolle abzuwägen.»

Dass ein Reglement wie von den Motionären gewünscht bereits für die Wahlen 2024 umgesetzt wird, könne er nicht versprechen. Man wolle jedoch die Überweisung «so rasch wie möglich» angehen.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Kommentarschreiber
    Kommentarschreiber, 08.04.2022, 08:38 Uhr

    «Während die bürgerlichen Parteien darin einen unnötigen Papiertiger sehen, empfinden die Linken das als Zeichen der Zeit.»
    Logisch, finden das die Bürgerlichen, denn bei einer Spende von z.B. 100’000.- ist der Aufwand, sprich Papiertiger, dann halt schon gross, wenn diese 100 mal zu 999.- aufgesplittet werden muss, um eine Veröffentlichung zu kaschieren.

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