Schneeüberhäufte Trottoirs und Velowege

Luzern arbeitet Schneechaos auf – ab 16 Uhr wurde es schwierig

Am 21. und 22. November standen Dutzende Menschen im Einsatz, um die Wege möglichst vom Schnee zu befreien. (Bild: mst)

Jahrhundert-Schneefall im November, Chaos auf den Strassen, für Fussgänger und Autos kein Vorankommen – die Stadt hält das Räumungskonzept trotzdem für tauglich. Sie will aber Anpassungen vornehmen.

42 Zentimeter Neuschnee fiel vom Donnerstagnachmittag, 21. November, bis Freitag, 22. November, 3 Uhr nachts. Das ist die grösste gefallene Menge Schnee innerhalb von 24 Stunden seit Messbeginn im Jahr 1883. Der Verkehr in Luzern stand still. Die Schneefälle beschäftigten auch in den Tagen danach. Dem Strasseninspektorat der Stadt Luzern (STIL) gelang es zwar, die Strassen schwarz zu räumen. Für Kritik sorgten aber die grossen Schneehaufen, die in den Folgetagen die Fussgänger und Velofahrer behinderten (zentralplus berichtete).

Die Stadträte Senad Sakic Fanger und Diel Schmid Meyer richteten am 27. November namens der Mitte-Fraktion eine Interpellation an die Stadt mit vier Frageblöcken. Vor allem sorgten sich die Interpellanten um die Sicherheit von Personen mit eingeschränkter Mobilität. Nun liefert die Stadt eine gesalzene Antwort, deren Umfang der gefallenen Menge Schnee gerecht wird. Sie umfasst nicht weniger als sieben Seiten Papier.

Äusserst seltene Rekordschneemenge

Aufhorchen lässt die Einordnung des Ereignisses. So ist vom 21. auf den 22. November 2024 nicht nur eine Rekordschneemenge innerhalb von 24 Stunden gefallen. Es gibt in der gesamten Messperiode seit 1883 nur gerade fünf Ereignisse mit einem Schneefall von mindestens 35 Zentimetern Schnee innerhalb von 24 Stunden.

Gemäss der statistischen Auswertung muss die Stadt Luzern alle fünf Jahre mit 23 und alle zehn Jahre mit 27 Zentimetern neuem Schnee innerhalb von 24 Stunden rechnen. Ausserdem zeigt die Statistik, dass die gefallenen Schneemengen leicht rückläufig sind.

Bewertung der Schneeräumung aus Sicht der Stadt

Das Strasseninspektorat zieht auch eine detaillierte Bilanz zur Bewältigung des Schneechaos in Luzern. Der Winterdienst, so heisst es, sei am Donnerstag ab 14:45 Uhr mit 18 Grossfahrzeugen mitsamt Schneepflug und Salzstreuern im Einsatz gewesen. Da habe man vorausschauend gearbeitet, sei doch die grosse Schneemenge erst nach und nach gefallen.

Ab 16 Uhr sei der Einsatz schwierig geworden, wegen des Feierabendverkehrs mit unzähligen nicht wintertauglich ausgerüsteten motorisierten Fahrzeugen und den infolgedessen gehäuften Unfällen. Am Freitagmorgen um 01:15 Uhr habe dann eine Pause eingelegt werden müssen. Die Mitarbeitenden und die Fahrzeuge seien dann ab 03:15 Uhr wieder im Einsatz gewesen. Mehrere Teams hätten auch mit Kleingeräten an Trottoirs und Fussgängerübergängen und Bushaltestellen gearbeitet.

Wegräumen der Schneehaufen bildet grosse Herausforderung

Am Samstagmorgen um 4 Uhr sei nochmals ein Aufgebot erfolgt für alle zur Verfügung stehenden Einsatzkräfte. So hätte laut dem Strasseninspektorat bis am späten Samstagnachmittag ein wesentlicher Teil der Bushaltestellen geräumt werden können. Eine grosse Herausforderung sei es indes gewesen, die Schneehaufen wegzuräumen und zu deponieren.

Gleichwohl habe das Strasseninspektorat am Freitag zusätzlich die Abfallsammlung durchführen können. Am Sonntag hätte der Einsatz stark reduziert werden müssen, um den Mitarbeitenden infolge des Sonderefforts eine Pause zu gönnen. Zumal Tauwetter angekündigt gewesen sei. Obwohl der Schnee in der Folge grossflächig geschmolzen sei, seien allenfalls am Montag ein paar Haufen zu lange liegen geblieben.

Dringlichkeitsstufen geben Prioritäten der Räumung klar vor

Das Strasseninspektorat erwähnt, dass gemäss Paragraph 81 im kantonalem Strassengesetz vom 21. März 1995 ausdrücklich kein Anspruch auf Schwarzräumung der Strassen bestehe. Wohingegen die Stadt diese Schwarzräumung im vorliegenden Fall trotzdem vornehmen konnte. Seit dem 20. Dezember 2006 bestehe ein Stadtratsbeschluss, den Winterdienst differenziert auszuführen.

Entsprechend hat das Strasseninspektorat Dringlichkeitsstufen eingeführt. Gemäss Dringlichkeitsstufe 1 müssen innerhalb dreier Stunden Kantonsstrassen, öffentliche Strassen zu Bahnhöfen, Spitälern, Sanitätsposten, Polizei und Feuerwehr geräumt sein. Dazu kommen wichtige Haltestellen von öffentlichen Verkehrsmitteln, Steilstrassen, wichtige Fussgängerverbindungen und Fussgängerbereiche im Zentrum.

Nebenstrassen sowie Rad- und Gehwege haben erst zweite Priorität

In den Stunden drei bis sechs müssen gemäss Dringlichkeitsmodell erst die Nebenstrassen, Quartierstrassen, wichtige öffentliche Parkplätze, Radwege, Gehwege und Haltestellen sowie Fussgängerverbindungen und Treppenanlagen zu Schulhäusern vom Schnee befreit sein. Alle übrigen Flächen haben dann sechs bis neun Stunden Zeit.

Ein Standardereignis liegt gemäss Strasseneninspektorat mit dem Fallen von 25 Zentimetern Neuschnee innerhalb von 24 Stunden vor. Was alle fünf bis zehn Jahre vorkomme. Als Notfallkonzept diene bereits ein umfangreiches Winterdiensthandbuch, das die wichtigsten Eventualitäten abdecke. Grundsätzlich gelte: das Räumen von grösseren Schneemassen erfordert Zeit.

Es sind keine weiteren Anschaffungen erforderlich

Die Prioritäten zwischen dem Räumen von Strassen, Gehwegen und Velowegen seien wie erwähnt nach Dringlichkeitsstufen geregelt. Das vollständige Räumen bedinge allerdings auch ein Aufladen und Wegführen des Schnees. Genau das sei nicht so einfach zu bewerkstelligen.

Die Frage nach Plänen zu weiteren Anschaffungen von Geräten und Fahrzeugen verneint das Strasseninspektorat. Es seien genügend Gerätschaften vorhanden, weitere Anschaffungen seien unverhältnismässig. Im Nachgang zum Schneeereignis vom 21. und 22. November 2024 sei ein Debriefing zur weiteren Optimierung erfolgt.

Mit dem Resultat, dass die fristgerechte Räumung der Radwege noch einmal überprüft werden soll. Es soll ein Konzept für regelmässige Kontrollfahrten erarbeitet werden, um verbleibende Schneehaufen noch rechtzeitig wegräumen zu können.

Potenzial an weiteren Ressourcen vorhanden

Ausserdem wird geprüft, ob bei einem nächsten Mal zusätzlich zwei weitere Maschinen zum Einsatz kommen sollen, um den Schnee in Luzern gleich von den Bushaltestellen abzutransportieren. Die Ressourcen und Kapzitäten an Personal bewertet das Strasseninspektorat als ausreichend, es werde nun geprüft, ob in einem ähnlichen Fall auf die Ressourcen der Siedlungsentwässerung zurückgegriffen werden könne.

Bezüglich des Einsatzes von temporären Zusatzkräften gibt das Strasseninspektorat zu, dass sowohl bei der Mobilisierung als auch der Logistik der zusätzlichen internen Kräfte noch Verbesserungspotenzial besteht.

Fazit grundsätzlich positiv, es besteht nur wenig Anpassungsbedarf

Das Strasseninspektorat hält fest, dass «die Stadt Luzern für regelmässige Schneefallereignisse sehr gut aufgestellt und vorbereitet ist. Trotz der hohen Schneefallintensität konnte der Schnee vom 21. und 22. November insgesamt gut bewältigt werden.»

Es will an den Prioritäten des Winterdienstes festhalten. Zur Optimierung des Einsatzplanes sollen die vorhandenen Mittel neu disponiert und punktuell ergänzt werden. Ausserdem sieht das Strasseninspektorat zur Qualitätssicherung ein Konzept für regelmässige Kontrollfahrten vor. Es zeige sich sicher, dass Standardereignisse damit künftig zufriedenstellend bewältigbar seien.

Zugleich betont es in der Interpellationsantwort aber auch, dass von der Bevölkerung zusätzlich zu den Leistungen der Stadt Luzern mehr Eigenverantwortung gefragt sei.

Verwendete Quellen
  • Interpellation 21 zum Schneechaos auf Trottoirs und Velowegen von Senad Sakic Fanger und Diel Schmid Meyer im Namen der Mitte-Fraktion vom 27. November
  • Antwort auf die Interpellation 21 der Stadt Luzern vom 15. Februar (noch nicht publiziert)

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