SP und Mitte wundern sich über Entscheid von Real

Luzern: Altkleidersammlung wird zum Politikum

Wer soll Altkleider im Kanton Luzern sammeln und verwerten dürfen? (Bild: Adobe Stock)

Caritas darf in Luzern keine Kleidercontainer mehr betreiben – das hat der Gemeindeverband Real entschieden. Die SP und Mitte-Fraktion des Grossstadtrates zeigen sich verdutzt und reichen eine Interpellation ein.

Der Gemeindeverband Real will zukünftig, dass Caritas im Kanton Luzern keine Altkleidercontainer mehr betreibt. Das hat der Verband im Oktober dieses Jahres entschieden. Auf die öffentliche Ausschreibung für die Sammlung und Verwertung von Textilien haben sich drei Organisationen beworben. Real erteilte Texaid und Tell-Tex den Auftrag – der Caritas nicht (zentralplus berichtete). Gegen diesen Entscheid hat Caritas eine Beschwerde beim Kantonsgericht eingereicht (zentralplus berichtete).

Über die Entscheidung von Real, Caritas zukünftig nicht zu berücksichtigen, waren auch Luzerner Politikerinnen verdutzt. Die zwei Grossstadträte Benjamin Gross (SP) und Mirjam Fries (Mitte) reichen gemeinsam im Namen ihrer jeweiligen Parteien eine Interpellation ein.

«Gewinnorientierte Recyclingfirmen» haben Caritas übertrumpft

Sie schätzen die Auswirkungen des Entscheids für Caritas als «beträchtlich» ein. Die Hilfsorganisation sei nun gezwungen, insgesamt 45 Sammelcontainer im Real-Gebiet zu entfernen. Ausserdem fehlt für Luzerner mit engen finanziellen Möglichkeiten künftig die Möglichkeit, die an Caritas gespendeten Kleider in den Läden günstig zu erwerben, steht in der Interpellation.

Der Entscheid von Real stehe zudem im Widerspruch zum Auftrag vom Kanton. Die Caritas Schweiz hat nämlich durch den Kanton Luzern das Mandat, Asylsuchende und Geflüchtete mit Kleidern zu versorgen.

Bei den zwei von Real berücksichtigten Unternehmen handle es sich um «gewinnorientierte Recyclingfirmen mit internationaler Ausrichtung». Der Lokalbezug fehle grösstenteils. In der Interpellation heisst es weiter: «Die Wertschöpfung und der soziale Mehrwert gehen Luzern und der Region verloren, wenn ausgerechnet die Luzerner Caritas die Möglichkeit verliert, in ihrer angestammten Region Kleider zu sammeln.»

Benjamin Gross, einer der Initianten der Interpellation, erzählt auf Anfrage, er habe durch seine Arbeit bei Solidar Suisse mit Texaid zu tun gehabt. Er schätze das Unternehmen. Gross findet es aber extrem schade, dass genau in Luzern, wo die Caritas verwurzelt ist, dieses Hilfswerk nicht berücksichtigt wird. Caritas sortiert und bereitet die Kleider hier im Kanton auf und gibt sie auch hier wieder an Menschen weiter, erklärt der Grossstadtrat. Bei Texaid sei dieser Lokalbezug nicht gegeben.

Gross will mit der Interpellation das rechtliche Vorgehen von Caritas gegen den Entscheid von Real politisch stützen. Ausserdem erhofft er sich, dass bei einem nächsten Entscheid die Lokalität als Kriterium stärker gewichtet wird.

Was hält der Stadtrat vom Entscheid?

Die SP und Mitte-Fraktion konfrontieren den Stadtrat nun mit diversen Fragen bezüglich der Kriterien und des Entscheidungsprozesses, der zu dieser Vergabe geführt hat. Ausserdem interessieren sie sich für die Konsequenzen für die betroffenen Organisationen und die lokale Gemeinschaft.

Konkret wollen sie wissen, ob die Stadt einen Einfluss auf die Kriterien hatte und ob die sozialen Aspekte aus Sicht der Stadt angemessen berücksichtigt wurden. Weiter soll geprüft werden, inwiefern unter anderem die Beschäftigung erwerbsloser Menschen und die Bekleidung von Asylsuchenden und Geflüchteten durch die Caritas nun gefährdet sind. Die Politiker fragen ausserdem nach der Einschätzung des Stadtrates, ob Real überhaupt den Auftrag für die Textilsammlung zur Weiterverwendung vergeben darf.

Caritas sagt auf Anfrage, sie begrüsse es, dass die Ausschreibung der Kleidersammlung auf politischer Ebene zum Thema wird. «Dies trägt zu einer Sensibilisierung für solche Ausschreibungen und Entscheidungen sowie deren Auswirkungen auf Non-profit-Organisationen bei», erläutert das Hilfswerk. Ob die gesetzliche Grundlage für die Vergabe bestehe, wird das Kantonsgericht beurteilen.

Verwendete Quellen
  • Interpellation 310 Stadt Luzern
  • Telefonat mit Benjamin Gross, SP-Grossstadtrat
  • Schriftlicher Austausch mit Daria Jenni, Mitarbeiterin Medien- und Öffentlichkeitsarbeit Caritas
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