Luzerner Debatte um Ladenöffnungszeiten

Lösung für Abendverkauf-Dilemma der Stadt zeichnet sich ab

Nach Feierabend einkaufen war auch schon beliebter. Nun soll im Kanton Luzern ein Abendverkauf fallen. (Bild: jal)

Der Luzerner Kantonsrat diskutiert nächste Woche über eine Ausweitung der Ladenöffnungszeiten. Politisch scheint ein Kompromiss gefunden, die Wirtschaft kämpft aber weiter für zwei Abendverkäufe – bisher erfolglos. Dafür zeichnet sich für die Stadt Luzern eine elegante Lösung ab.

Die Schaufenster sind üppig dekoriert, noch nicht ganz so gestresste Menschen schlendern durch die Gassen, über denen die festliche Beleuchtung baumelt: Kurz vor dem ersten Advent ist Luzern in Vorweihnachtsstimmung.

Der Dezember ist für den Luzerner Detailhandel aber nicht nur wegen des Weihnachtsgeschäfts eine wichtige Zeit. Nächste Woche werden die Weichen gestellt für einen Entscheid, welcher dessen Zukunft betrifft: Der Kantonsrat diskutiert in der Dezembersession über die Ladenöffnungszeiten.

Ein Dauerbrenner der Luzerner Politik. Doch nach etlichen gescheiterten Versuchen steht der Kanton kurz davor, die restriktivste Regelung der Schweiz ein kleines Stück weit zu liberalisieren. Die Eckpunkte: Wochentags neu bis 19 Uhr, am Samstag bis 17 Uhr – dafür ist nur noch ein Abendverkauf pro Woche möglich (siehe Box).

Abendverkauf bleibt heisses Eisen

Gegen die Streichung eines Abendverkaufs wehren sich Wirtschaftsverbände, Einkaufszentren, die «IG zeitgemäss einkaufen» und auch die Stadt Luzern (zentralplus berichtete). Vergeblich.

Bei der zuständigen Kommission Wirtschaft und Abgaben (WAK) des Kantonsrats stossen sie auf taube Ohren. Die Versuche der «IG zeitgemäss einkaufen», die Kommission von zwei Abendverkäufen bis 20 Uhr zu überzeugen, sind offensichtlich gescheitert. Die WAK unterstützt den vorliegenden Kompromiss (zentralplus berichtete) – wohl auch deshalb, weil Gewerkschaften und der Detaillistenverband eine klare rote Linie zogen: Sollte es auch nur leichte Anpassungen geben, bekämpfen sie die Vorlage.

André Bachmann, Vorstand der City Vereinigung und Sprecher der IG «Zeitgemäss Einkaufen» sagt dezidiert: «Für uns ist das kein Kompromiss, wir haben klar andere Vorstellungen.» Der Vorschlag sei zwar ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, aber gleichzeitig eine vertane Chance für Luzern.

Der Altstadt ihren Donnerstag, Littau seinen Freitag

Froh ist Bachmann, dass die WAK mit ihrem Antrag nun zumindest «eine Hürde entschärft» hat. Die Kommission verlangt nämlich eine – einzige – Änderung: Die Gemeinden sollen für unterschiedliche Ortsteile unterschiedliche Abendverkaufstage bestimmen können. Damit kommt die WAK insbesondere der Stadt Luzern entgegen.

Der Vorschlag

Am Samstag sollen die Läden neu bis 17 Uhr, werktags bis 19 Uhr geöffnet haben. Dafür fällt ein Abendverkauf weg. Die Gemeinden entscheiden, an welchem Tag der Abendverkauf stattfindet.

Stimmt der Kantonsrat dem Vorschlag zu, werden die Ladenöffnungszeiten ab dem 1. Mai 2020 angepasst.

Denn trotz bald zehn Jahren Fusion mit Littau sind die Abendverkäufe unterschiedlich beliebt: Im Stadtzentrum läuft der Donnerstag besser, in Littau der Freitag. Erfolglos versuchte die Stadt in der Vernehmlassung zu erreichen, dass die Ladenbetreiber ihren Abendverkaufstag selber bestimmen dürfen. «Auf diese Weise können beispielsweise die Läden in der Altstadt am Donnerstag länger offen halten und diejenigen im Littauerboden am Freitag», sagte Peter Weber, Beauftragter für Wirtschaftsfragen, Anfang Oktober.

Mit dem neuen Vorschlag der WAK wird das genauso möglich. Und der Luzerner Stadtrat wird davor bewahrt, entweder die Geschäfte in der Altstadt oder jene in Littau vor den Kopf zu stossen. Da der Stadtrat den Antrag der WAK noch nicht diskutiert hat, kann er sich auf Anfrage noch nicht dazu äussern.

Klar ist: Es handelt sich um eine Änderung, die kaum Widerstand erregen wird. «Diese Anpassung ist ja nicht zuungunsten des Personals», sagt Marcel Budmiger vom Gewerkschaftsbund Luzern. «Deshalb sind wir damit einverstanden.» Auch der Detaillistenverband Luzern kann gut damit leben, wie Präsidentin Martina Stutz sagt: «Damit bleibt es bei einem Abendverkauf pro Woche und das ist für uns zentral.» 

Gefährlicher Stadt-Land-Graben

Es ist davon auszugehen, dass der Vorschlag nächste Woche im Kantonsrat durchkommen wird. Eine zweite Lesung ist für den Januar geplant, das neue Gesetz soll im Mai 2020 in Kraft treten.

Offen ist, wie sich die Wirtschaft positionieren wird. Auch sie könnte womöglich das Referendum ergreifen, in der Hoffnung, eine weitergehende Liberalisierung zu erreichen. Zu solchen Gedankenspielen könne man zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Aussage machen, sagt André Bachmann von der IG «Zeitgemäss einkaufen». «Unser weiteres Vorgehen hängt davon ab, wie das Gesetz nach der ersten und zweiten Lesung aussieht.»

Die Chancen auf Erfolg scheinen auf den ersten Blick indes gering: Die Stimmbevölkerung hat längere Ladenöffnungszeiten in den letzten Jahren mehrfach abgelehnt. Doch gerade das könnte den jetzigen Kompromiss allenfalls gefährden: In der Debatte um die Ladenöffnungszeiten öffnet sich ein Graben zwischen Stadt und Land. Das zeigte sich bei den letzten beiden Abstimmungen 2012 und 2013: Beide Male war die Zustimmung in der Stadt und der Agglomeration deutlich grösser als auf dem Land (siehe Grafik).

Noch heute finden sich in vielen Dörfern Stimmen, die auch eine moderate Ausdehnung – wie jene, die nun auf dem Tisch liegt – ablehnen. Sollte es zum Referendum kommen, könnte eine unheilige Allianz aus sehr Konservativen und sehr Liberalen den Kompromiss zum Absturz bringen.

Je ländlicher, desto tiefer der Ja-Anteil bei den letzten Abstimmungen zu liberaleren Ladenöffnungszeiten:

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2 Kommentare
  • Profilfoto von lisa
    lisa, 26.11.2019, 16:58 Uhr

    Der Rat kann doch nicht über das Volk entscheiden. Zig Mal wurde NEIN abgestimmt, das ist absoluter Bruch des Volkswillens, dann kommt halt das ganze vor Gericht oder eine neue Abstimmung. Was jahrelang ging, geht auf einmal nicht mehr.

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  • Profilfoto von Jörg
    Jörg, 26.11.2019, 13:31 Uhr

    Ein Witz, Abendverkauf in Littau ist eh nur bis 20 Uhr, und was gibt es da, nix. Da gehe ich gerne weg von der Altstadt und ins Emmen Center, Kinder deponieren, dann in Ruhe posten, danach Kidis abholen, ja und dann eine leckere Pizza essen, dazu Gratis Parkplätze. In Littau gibt es eine neue Migros, aber nur 1 M, für eine Metzg etc, muss man eh weg, also nach Emmen entweder Emmen Center oder Coop. Der Stadt würde ich raten Samstag ab 14 Uhr zu, dafür Montag bis Freitag bis 20 Uhr offen

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