Zwei linke Vorstösse im Luzerner Stadtparlament nehmen die Immobilienstrategie des stadteigenen Energieunternehmens ins Visier: Die EWL soll keine Grundstücke an Private verkaufen dürfen und ihr «Filetstück» der Stadt abgeben. Das ruft Widerstand hervor.
Die meisten kennen die EWL vor allem von der Strom- und Wasserrechnung, die jährlich ins Haus flattert. Das Unternehmen werkelt im Hintergrund gerade an weitaus grösseren Baustellen. Zum einen startet bald die Überbauung auf dem EWL-Areal inmitten der Stadt. Zum anderen steht der Umstieg auf eine klimaschonende Energieversorgung an. Und dafür braucht das Unternehmen viel Geld. Alleine die Klima-Investitionen werden auf rund eine Milliarde Franken geschätzt.
Jetzt steht die städtische Tochterfirma aber politisch unter Druck. Gleich mit zwei Vorstössen wollen linke Politiker das Energieunternehmen an die kürzere Leine nehmen – und das Immobiliengeschäft einschränken.
EWL müsse sich auf seine Kernaufgaben konzentrieren und dürfe nicht «Volksvermögen» vernichten, fordern die zwei Vorstösse. Ein Postulat von Mario Stübi (SP) und Jona Studhalter (Grüne) verlangt, dass die EWL keine eigenen Grundstücke mehr an Private verkaufen darf. Ein zweites Postulat von Stübi und Simon Roth namens der SP-Fraktion will, dass das EWL-Areal im Zentrum von Luzern in den Besitz der Stadt übergeht (zentralplus berichtete).
Stadtrat warnt vor Eingriff in Eigentumsrechte
Der Stadtrat hat dafür wenig Gehör. «Ein Verkaufsverbot wäre ein starker Eingriff in die Eigentumsrechte», begründet Finanzdirektorin Franziska Bitzi (Die Mitte) die ablehnende Haltung des Stadtrates. Die EWL seien ein eigenständiges Unternehmen und autonom im Umgang mit den eigenen Immobilien. «Deshalb ist nur schon der Titel des Postulates –Vernichtung von Volksvermögen – irreführend.» Zumal davon auszugehen sei, dass allfällige Verkäufe zu Marktpreisen erfolgten.
«Es wäre ein massiver zeitlicher Rückschlag und würde das ganze bisherige Konzept in Frage stellen.»
Franziska Bitzi Staub, Stadträtin
Für SP-Grossstadtrat Mario Stübi, der beide Postulate mitinitiiert hat, greift diese Haltung zu kurz. «Die EWL gehört uns allen. Sich allein auf ihre unternehmerische Freiheit zu berufen, verkennt, dass ihre Tätigkeit im Interesse der Luzerner Bevölkerung sein muss.» In seinen Augen gewichtet der Stadtrat die rechtlichen Aspekte und die unternehmerische Autonomie zu hoch. Es gehe ihm nicht darum, die EWL wieder zu verstaatlichen, sagt Stübi. «Aber wir sehen im aktuellen Rahmen Optimierungsbedarf.»
Wäre Bauprojekt beim EWL-Areal gefährdet?
Die zweite Forderung betrifft das EWL-Areal. Dort soll für 200 Millionen Franken ein neues Quartier entstehen mit Wohnungen, einem Café, den Büros von EWL und Teilen der Stadtverwaltung und Platz für die Feuerwehr. Derzeit sind die Verantwortlichen noch damit beschäftigt, die Pläne zu überarbeiten (zentralplus berichtete). Ende Jahr soll dann klar sein, was wo hinkommt und 2022 die Arbeiten am Gestaltungsplan beginnen.
Doch genau dieser Zeitplan würde laut Stadtrat beeinträchtigt, wenn das zweite Postulat der Linken eine Mehrheit fände: Dieses will das EWL-Areal als Sachdividende ausschütten, das heisst, es würde zukünftig wieder der Stadt gehören.
«Es wäre ein massiver zeitlicher Rückschlag und würde das ganze bisherige Konzept in Frage stellen», sagt Stadträtin Franziska Bitzi. Denn für das Bauprojekt wurde eigens eine Aktiengesellschaft gegründet, die EWL Areal AG. Beteiligt sind zu gleichen Teilen die Stadt, die EWL und die Allgemeine Baugenossenschaft. Würde das EWL-Areal der Stadt zugeführt, würde das laut Bitzi das ganze Projekt gefährden.
Stübi stellt nicht in Abrede, dass das Postulat den Prozess infrage stellen würde. Das Verzögerungsargument alleine sei aber nicht stichhaltig. Und gerade im Hinblick auf das Netto-null-Ziel der Stadt Luzern müsse sich die EWL auf diese Herausforderungen konzentrieren. «Das Bewirtschaften von Grundstücken ist hingegen kein Kerngeschäft der EWL.»
Stadt müsste noch mehr sparen
Der Stadtrat hat allerdings auch grundsätzliche Einwände. «Bereits in der jetzigen Form kann die Stadt Einfluss nehmen auf die Stadtentwicklung», sagt Bitzi. «Wir sehen daher keinen Mehrwert in der Forderung.»
Dazu kommt: Derzeit schüttet die EWL pro Jahr rund 12 Millionen Franken Dividenden an die Stadt aus, wegen der Klimawende werden es bald nur noch 6 Millionen sein. Würde das EWL-Stammgrundstück in Form einer Sachdividende an die Stadt übertragen, müsste letztere gemäss Berechnungen des Stadtrates 13 Jahre lang auf diese Summe verzichten. Ein Beitrag, den man laut Stadtrat im aktuell laufenden Sparprogramm kompensieren müsste (zentralplus berichtete).
Der Stadtrat lehnt deshalb beide Postulate ab. Wie das Stadtparlament dazu steht, wird sich voraussichtlich an der letzten Sitzung des Jahres, heute in einer Woche, zeigen. Klar ist bereits jetzt: Mehr Mitsprache ist gefragt. Kürzlich hat das Parlament eine Protokollbemerkung überwiesen, wonach die EWL ihre Immobilienstrategie mit der Stadt absprechen soll.
Stadt will Steghof-Areal kaufen
Die EWL besitzt in der Stadt Luzern mehrere Grundstücke, allen voran die zwei «Filetstücke» im Luzerner Stadtzentrum: das EWL-Areal und das benachbarte Steghof-Areal an der Sternmattstrasse (gegenüber des Kulturzentrums Neubad). Ersteres wird in den nächsten Jahren überbaut. Das Steghof-Areal möchte derweil die Stadt selber kaufen. «Die EWL ist bereit, das Steghof-Areal zu Marktkonditionen der Stadt zu verkaufen», sagt Stadträtin Franziska Bitzi. Allerdings sind die Verhandlungen derzeit auf Eis gelegt. Denn die Fläche wird für die Bauzeit auf dem EWL-Areal für logistische Zwecke benötigt.