Bildungsinitiative fordert Luzerner Politik

Linke Wahlkampf-Lokomotive rollt auf Reto Wyss zu

Bildungsdirektor Reto Wyss.

(Bild: les)

Ein Bündnis aus linken Parteien und Verbänden hat drei Initiativen eingereicht. In Bildung, öV und Gesundheit sollen Leistungen festgeschrieben werden. Dies als Reaktion auf die Sparmassnahmen im Kanton Luzern. Es geht also auch um Finanzen – aber nicht nur.

Zwangsferien, mögliche Schliessung der Fachklasse Grafik, eine Lektion mehr Unterrichtszeit – die Luzerner Bildungspolitik sorgte in den vergangenen Jahren für Schlagzeilen. Um die hohe Bildungsqualität im Kanton zu wahren, hat die «Luzerner Allianz für Lebensqualität» Ende 2016 eine Initiative eingereicht.

Nun befasste sich die Luzerner Regierung damit. Sie sieht das Grundanliegen als erfüllt an und empfiehlt dem Kantonsrat, die Initiative abzulehnen. Bei den unerfüllten Punkten sei die Erwartungshaltung nicht mit den finanzpolitischen Realitäten kompatibel, erklärte Bildungsdirektor Reto Wyss diesen Freitag vor den Medien (zentralplus berichtete).

Die Reaktion der «Luzerner Allianz für Lebensqualität», ein Bündnis aus linken Parteien und Verbänden, folgt postwendend per Mitteilung: «Die hohe Bildungsqualität darf nicht zum Spielball jener Finanzpolitik werden, die planbare und erforderliche Ausgaben nicht begleichen kann.» Diese Aussage zeigt, dass es in der Debatte um mehr geht als Bildungspolitik. Wie so oft im Kanton Luzern landet man schnell bei den Finanzen. Die Bildungsinitiative ist übrigens nicht der einzige Pfeil im Köcher der politischen Linken. Auch in den Bereichen Gesundheit und öV ist eine Initiative hängig.

zentralplus hat im Anschluss an die Medienkonferenz von Reto Wyss, den Bildungsdirektor zu wichtigen Punkten befragt. Anschliessend baten wir Urban Sager von der Luzerner Allianz um eine Replik seitens der Initianten. Sager ist Präsident des Verbands des öffentlichen Personals VPOD und SP-Kantonsrat.

zentralplus: Reto Wyss, die Initiative will eine hohe Bildungsqualität – Sie lehnen sie ab. Ist der Bildungsdirektor gegen eine hohe Bildungsqualität?

Reto Wyss: Nein. Im Kanton Luzern gibt es ein gutes Bildungsangebot auf allen Stufen, das regional sehr gut verankert ist. Ich denke an die Gymnasien. Welcher Kanton hat ein solch regional verankertes Gymnasialangebot wie wir? Das ist politisch auch nicht umstritten. Wir haben ein hohes Angebot und was bereits erfüllt ist, soll man nicht in die Verfassung schreiben. Ich wehre mich auch gar nicht gegen die Grundanliegen dieser Initiative. Sie verursacht jedoch Kosten, die wir an einem anderen Ort kompensieren müssten.

Urban Sager: Ich bin froh, ist Reto Wyss das gute Bildungsangebot wichtig. Diese Qualität ist jedoch in Gefahr. So schlug die Regierung immer wieder Schulschliessungen, Schulgelderhöhungen oder die Verschlechterung der Rahmenbedingungen in Schulen vor. Mit unserer Initiative wollen wir, dass diese Leistungen auch in der Verfassung festgeschrieben werden.


zentraplus:
Reto Wyss, der Lehrerverband unterstützt die Initiative und die demonstrierenden Schüler in der Stadt sind allen noch in Erinnerung. Man scheint mit der Bildungspolitik des Kantons nicht einverstanden zu sein.

Reto Wyss: Ich glaube nicht, dass sich die Unzufriedenheit gegen die Bildungspolitik richtet. Man ist vielleicht teilweise nicht zufrieden mit den finanziellen Rahmenbedingungen. Wenn ich aber sehe, dass die gleiche Bevölkerung im Mai bei der Abstimmung über höhere Steuern die Gelegenheit hatte, die finanziellen Rahmenbedingungen zu verbessern, dann ist das Anliegen offensichtlich nicht mehrheitsfähig.

Urban Sager: Das Nein zur Steuerfusserhöhung wird von den Bürgerlichen immer wieder als Argument gebracht. Seit der Nachbefragung weiss man aber auch, dass die Meinung vorherrscht, die Unternehmen leisten zu wenig. Das Problem liegt auf der Einnahmeseite. Die Umfrage zeigte nämlich weiter, dass man im Bildungsbereich nicht weiter sparen will.

Auch diese vier Kindergärtner werden sich wohl über ein gutes Bildungsangebot freuen.

Auch diese vier Kindergärtner werden sich wohl über ein gutes Bildungsangebot freuen.

(Bild: zvg)

zentralplus: Reto Wyss, haben Sie keine Angst, dass es im Abstimmungskampf gar nicht um die Initiative und das Thema Bildung geht, sondern um die Tiefsteuerstrategie?

Reto Wyss: Es gibt zwei Dinge, die man in meinen Augen nicht unterschätzen darf. Erstens ist das Anliegen aus bildungspolitischer Sicht inhaltlich in Ordnung. Weil aber die Anliegen erfüllt sind, gehört sie nicht in die Verfassung. Aber es war auch die Absicht der Initianten, sich zu den finanziellen Rahmenbedingungen zu äussern. Die Gefahr, dass man nicht über die Inhalte diskutiert, besteht. Es ist unsere Aufgabe, dem Rechnung zu tragen.

Urban Sager: Grundsätzlich geht es bei der Initiative um Leistungen. Aber der Zusammenhang mit der Tiefsteuerstrategie ist nicht von der Hand zu weisen. Die aktuelle Situation ist zwar gut, in sämtlichen Budgetverhandlungen wird aber einseitig nur über Kosten diskutiert. Wir wollen zuerst über Leistungen reden und diese definieren. 


zentralplus:
Reto Wyss, ist diese Initiative unter dem Deckmantel der Allianz für Lebensqualität einfach ein Wahlkampfvehikel der linken Parteien?

Reto Wyss: Es ist sicher so, dass man – nicht nur, aber auch – Wahlkampf macht. Man trägt ein sachpolitisches Anliegen vor und macht damit zusätzlich Finanzpolitik. Das ist nicht verboten, sondern legitim.

Urban Sager: Vom Zeitpunkt her kann man das schon so sehen. Nach Beratung im Kantonsrat wird wohl gegen Ende des nächsten Jahres über die Initiative abgestimmt. Die Initiative ist aber eine Reaktion auf die Angriffe auf die Bildung. Dass die Abstimmung nun genau vor die Wahlen zu liegen kommt, ist Zufall. 


zentralplus:
Reto Wyss, drei Initiativen wurden eingereicht, das Bildungsdepartement war am schnellsten unterwegs und hat bereits heute die Ablehnung präsentiert. Wie sieht der Zeitplan der anderen beiden Initiativen aus?

Reto Wyss: Wir wollen die drei Initiativen koordinieren. Die anderen Departemente befassen sich natürlich auch mit ihren Themen und werden demnächst kommunzieren. Anschliessend müssen die Vorlagen in den Kantonsrat. Wann und wie sie zur Abstimmung kommen, ist noch nicht klar.

Urban Sager: Wir haben uns gefragt, ob wir lieber alle drei Initiativen gleichzeitig an der Urne hätten oder getrennt. Lanciert und gesammelt haben wir die Initiativen als Allianz für Lebensqualität alle gleichzeitig. Gibt’s ein Paket, so könnten wir wirklich grundsätzliche Diskussionen über die Leistungen des Kantons führen. Es würde sich nicht immer nur darum drehen, was wir uns leisten können. Das ist das Grundanliegen der Luzerner Allianz für Lebensqualität. Kommen die Vorlagen getrennt, wird dafür länger über unsere Themen diskutiert.

 

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1 Kommentar
  • Profilfoto von David L
    David L, 19.11.2017, 13:49 Uhr

    Der Regierungsrat tut so, als seien diese so genannten «finazpolitischen Realitäten» eine Art von Naturgewalt, gegen die der Mensch nichts unternehmen kann. Dabei sind es unsere Politiker welche dieses Debakel zur Realität haben werden lassen und fleissig dafür sorgen, dass es weiterhin die Realität bleibt. Das permanente «sich selbst auf die Schulter klopfen» unserer Regierung ist in Anbetracht ihres Versagens wirklich unerträglich.

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