Nationalrat setzt sich gegen Seuche ein

Leo Müller sorgt sich um die Luzerner Schweine

Leo Müller fordert vom Bundesrat, dass er bei einem Ausbruch der Schweinepest auch Schlachtbetriebe finanziell unterstützt. (Bild: Adobe Stock / Philipp Schmidli)

Der Luzerner Nationalrat Leo Müller (Mitte) hat bereits drei Vorstösse zu einer möglichen Ausbreitung der Schweinepest eingereicht. Kein Wunder: Luzern wäre besonders betroffen, wenn sich die Seuche hierzulande ausbreitet. Der Bundesrat hat für das Anliegen des Politikers aber kein Gehör.

Die hochansteckende, fieberhafte Viruserkrankung ist seit 2016 in Europa auf dem Vormarsch. Italien hat in diesem Januar Fälle von Afrikanischer Schweinepest bei Wildschweinen in den Regionen Piemont und Ligurien gemeldet. Diese Regionen liegen rund 135 Kilometer von der Schweizer Grenze entfernt. 

Dem Luzerner Mitte-Nationalrat Leo Müller bereitet das Sorgen. Er ist überzeugt, dass sich nicht mehr die Frage stellt ob, sondern wann das Virus hierzulande auftritt.

Massentierhaltung erhöht das Risiko

Für den Säuli-Kanton Luzern könnte das zu einer Katastrophe werden. Über 30 Prozent aller Schweine in der Schweiz sind hier untergebracht. Gleichzeitig steigt im Kanton die Massentierhaltung an. In den letzten 25 Jahren hat sich die durchschnittliche Zahl der Schweine pro Betrieb fast verdreifacht (zentralplus berichtete). Heisst: Ist ein Betrieb betroffen, ist der Schaden umso grösser.

«Der Bund und die Kantone können nicht jedes unternehmerische Risiko abdecken.»

Aus der Antwort des Bundesrats

Was das heissen könnte, zeigte sich zuletzt im März 2014. Damals wurden auf einem Hof in Luzern Schweine entdeckt, die am Porcinen reproduktiven und respiratorischen Syndrom (PRRS) erkrankt waren. Die betroffenen Tiere mussten getötet und die Betriebe gereinigt und desinfiziert werden. Nach der Ausbreitung der Krankheit auf einen weiteren Hof hatten die Behörden die Lage unter Kontrolle.

Schweinepest: Leo Müller fordert Entschädigungen

Bei einem grösseren Ausbruch der afrikanischen Schweinepest allerdings müssten in Luzern Tausende von Schweinen getötet, seuchensicher abtransportiert und entsorgt werden. Das Problem: Hierfür gibt es in der Schweiz nur zwei Anlagen in Bazenheid und Lyss. Massive Engpässe sind programmiert, heisst es im Katastrophenplan des Kantons.

Nur eine Übung: Mit einer Suchkette sucht der Zivilschutz Luzern nach verstorbenen Wildschweinen. (Bild: Kanton Luzern)

Leo Müller spricht in diesem Zusammenhang von einem «systemrelevanten Klumpenrisiko». Er rechnet mit massivem Zusatzaufwand für die einzelnen Schlacht- und Entsorgungsbetriebe. Die Entschädigung für die Tierbesitzerinnen decke diese nicht – weshalb innert Kürze die Existenz der jeweiligen Schlacht- und Verarbeitungsbetriebe gefährdet sei. «Wohl auch deshalb finden sich in unserem Land keine Versicherungen, die bereit sind, ein derartiges Risiko zu tragen», schreibt der Mitte-Nationalrat in einem Vorstoss. Er fordert den Bundesrat auf, eine entsprechende Entschädigungslösung vorzubereiten.

Bundesrat lehnt Sonderlösung ab

Die Landesregierung will davon nichts wissen. «Der Bund und die Kantone können nicht jedes unternehmerische Risiko abdecken, das sich bei Betrieben in Zusammenhang mit einem Tierseuchenausbruch ergeben kann», schreibt der Bundesrat in seiner Antwort. Er will keinen Extrazug für Schlachtbetriebe. Der Bundesrat findet: Andere Betroffene – etwa die Futtermittelherstellungsbetriebe – würden auf diese Weise benachteiligt, weil dort solche Regelungen fehlen.

«Wenn ein Kanton anregt, dass diese Entschädigungen den aktuellen Entwicklungen angepasst werden, ist das ein klares Zeichen, dass der Bund hier über die Bücher gehen muss.»

Nationalrat Leo Müller

Nationalrat Leo Müller überzeugt diese Argumentation nicht. Auf Anfrage von zentralplus sagt er: «Es geht hier um Tiere, die mit übertragbaren Seuchen infiziert sind, die getötet werden müssen. Es braucht eine Unterstützung der Schlachtbetriebe, damit sie eine solche Krise bewältigen und den Betrieb aufrechterhalten können.» 

Wenn Getreide oder Milch kontaminiert seien, könnten diese Stoffe ohne Übertragungsrisiko entsorgt werden. In einem Schlachtbetrieb, in dem verseuchte Tiere angeliefert wurden, seien die «Massnahmen viel, viel grösser», die getroffen werden müssen, damit es zu keiner Weiterübertragung komme.

Entschädigungen: Die Richtlinien sind veraltet

Die Entschädigungen im Fall einer Tierseuche sind in Luzern schon länger Thema. Der Kanton legt in seinem Katastrophenplan detailliert vor, was es braucht, um sich auf eine solche Krise vorzubereiten. Aus dem Bericht geht hervor, dass die finanzielle Entschädigung, die Landwirte bei der Tötung von Viehbeständen erhalten, noch auf «sehr alten Zahlen» beruht. Sie müsste angepasst werden.

Das Problem: Im Fall von hochansteckenden Tierseuchen ist der Bund – und nicht der Kanton – dafür zuständig. «Der Kanton Luzern will sich deshalb starkmachen für die Aktualisierung der Richtlinien für die Entschädigung von getöteten Tieren», heisst es dazu im Bericht. Für Leo Müller ist das eine Bestätigung. «Wenn ein Kanton anregt, dass diese Entschädigungen den aktuellen Entwicklungen angepasst werden, ist das ein klares Zeichen, dass der Bund hier über die Bücher gehen muss.»

Kanton Luzern bereitet sich auf den Ernstfall vor

Der Kanton Luzern setzt in Sachen Schweinepest stark auf Prävention. Der Zivilschutz übt den Ernstfall mit zwei «Spezialeinheiten» (zentralplus berichtete). Weil Wildschweine als Hauptüberträger der Seuche gelten, werden Hunde darauf trainiert, entsprechende Kadaver im Wald rasch zu finden. Eine weitere Massnahme: Eine rasche Sperrung der Autobahn-Wildtierpassagen, damit infizierte Schweine in einem bestimmten Gebiet isoliert werden können. Auch dazu hat der Kanton bereits Übungen durchgeführt.

Nach Einschätzung des Bundesrats liegt das Risiko für eine Einschleppung der Afrikanischen Schweinepest in die Schweiz allerdings vor allem bei menschlichen Aktivitäten, wie er 2017 in seiner Antwort auf einen Vorstoss des Luzerner Ständeräts Damian Müller schrieb. Gemeint ist damit der illegale Import, aber auch der Jagdtourismus (zentralplus berichtete).

Verwendete Quellen
  • Medienmitteilung des Kantons Luzern zur Schweinepest im Februar 2022
  • Schlussbericht Kantonale Gefährdungs- und Risikoanalyse (Phase I und Phase II)
  • Antwort des Bundesrats auf den Vorstoss von Leo Müller
  • Telefonat mit Leo Müller
  • Medienmitteilung des Kantons Luzern zur Schliessung der Wildtierpassagen im Februar 2022
  • Antwort des Bundesrats auf einen Vorstoss von Damian Müller
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5 Kommentare
  • Profilfoto von Vreni
    Vreni, 30.08.2022, 20:41 Uhr

    Müller sucht seine Wähler

    Eine Frau an seiner Stelle in den Nationalrat wäre überfällig

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  • Profilfoto von B. Suter
    B. Suter, 30.08.2022, 18:03 Uhr

    Die Massentierhaltung führt nachweislich zu mehr Seuchen bei Mensch und Tier. Auch deshalb: Ja stimmen im September!

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  • Profilfoto von schaltjahr
    schaltjahr, 30.08.2022, 11:49 Uhr

    Im nächsten Jahr sind Wahlen und es bleibt zu Hoffen, dass sich das Luzerner Volk an solche dreisten Lobbyaktionen einzelner Politiker erinnert und an der Urne darauf Antwortet.

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  • Profilfoto von Loris Fabrizio Mainardi
    Loris Fabrizio Mainardi, 29.08.2022, 19:03 Uhr

    Das geht gar nicht, Herr Nationalrat Müller!

    Sie und Ihre Mit-Lobbyisten bekämpfen die Initiative gegen Massentierhaltung mit allen Mitteln – und unterstützen somit die ökologische und ethische Hybris, dass im Kanton Luzern mehr Schweine als Menschen «leben», gemäss den von Ihnen hochgelobten «strengsten Richtlinien» legal zu zehnt auf der Fläche eines Autoparkplatzes. Nachdem schon die Produktion solchen Billigfleisches teuer steuersubventioniert wird, fordern Sie gar auch noch eine öffentliche Deckung der von Ihrer widernatürlichen Massenhaltung verursachten Seuchenschäden.

    Die inneren Widersprüche Ihrer Politik offenbaren die Dekadenz der von Ihnen vertretenen Form von «Land-Wirtschaft». Deshalb: JA am 25. September – und Konsequenzen bei den nächsten Wahlen!

    Loris Fabrizio Mainardi, lic.iur.

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  • Profilfoto von Albus
    Albus, 29.08.2022, 18:21 Uhr

    Mir dünkt es, dass der Titel nicht stimmt: dieser Herr sorgt sich anscheinend um die Portemonnaies seiner Klienten, d.h. den Unternehmern die Schweine züchten – und eben NICHT um die Schweine.

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