Kantonsratswahlen Luzern 2023

Kripochef Senad Sakic-Fanger will die Politik beschleunigen

Senad Sakic ist in Luzern verwurzelt, Jils Hair & Extensions in der Winkelriedstrasse betreibt seine Frau Jil Fanger. Im Hintergrund ist das Schild zum Restaurant Karels Korner zu sehen, das sein Vater einst als Wirt betrieben hat. (Bild: Michael Flückiger)

Der 44-jährige Stadtluzerner Senad Sakic-Fanger, Betriebsökonom, Jurist und Chef der Nidwaldner Kriminalpolizei, kommt von unten. Der Kantonsratskandidat der Mitte widerlegt so manches Vorurteil.

«Die Rechten wählen dich nicht, weil du ein Jugo bist – die Linken wählen dich nicht, weil du ein Polizist bist. Das musste ich mir von Kollegen anhören», erzählt Senad Sakic-Fanger (44). Mit Vorurteilen kennt er sich aus. Sie haben den sportlichen und bestimmt wirkenden Mann zeitlebens begleitet. Sie haben ihn aber auch motiviert, dagegen anzukämpfen. Gleichwohl: Am 2. April könnte es für ihn reichen: Weil er neben den Stimmen aus der Mitte aufgrund seiner Lebensgeschichte auch Stimmen der Linken erhält und Bürgerliche – auch solche von rechts – Leistungen zugunsten der Sicherheit zu honorieren wissen.

«Ich fühle mich nicht als Trainer dieser Mannschaft, sondern als Captain. Ich gehe mit aufs Feld und mache mir das Trikot auch dreckig.»

Senad Sakic, Kantonsratskandidat Mitte

Während sein in den 70er-Jahren aus Bosnien zugewanderter Vater Kasim sich den Traum von der eigenen Beiz erfüllte und bei den Kantonsratswahlen 2007 erfolglos für die SP kandidierte, denkt sein Sohn bürgerlicher. Auch, weil er zwar aus einer einkommensschwachen Schicht kommt, sich dann aber mit Zielstrebigkeit und viel Fleiss in den Mittelstand hat hocharbeiten können.

Vorzeige-Jugo und Kripochef, der in die Politik will

Seit einem Jahr ist Senad Sakic-Fanger Kripochef mit einem Team von knapp 30 Leuten und seit Anfang 2023 stellvertretender Kommandant der rund 80-köpfigen Kantonspolizei Nidwalden. Das hat er sich hart erarbeitet. Der ehemalige Fussballspieler des SC Buochs zieht einen Vergleich mit einer Fussballmannschaft heran: «Ich fühle mich nicht als Trainer dieser Mannschaft, sondern als Captain. Ich gehe mit aufs Feld und mache mir das Trikot auch dreckig.»

Das Treffen zum Fototermin mit zentralplus findet – auf seinen Vorschlag – auf der Strasse vor dem Haus Winkelriedsrasse 30 in Luzern statt. Aus «Jils Hair Extensions» grüsst eine Mitarbeiterin. Man kennt sich. Denn das Geschäft betreibt Senad Sakic-Fangers Ehefrau Jil Fanger. Gleich vis-à-vis liegt das Restaurant Karel Korner. Unter anderem Namen haben dieses einst Vater und Mutter Sakic geführt.

Für die Eltern Wirtepatent als Teenager im Selbststudium erlangt

Weil sein Vater in seinem vorherigen Job stark beansprucht war und deshalb keine Zeit dafür hatte und weil seine Mutter an der Sprachbarriere scheiterte, hat Sohn Senad vor 25 Jahren das erforderliche Wirtepatent erworben. So konnten seine Eltern das Restaurant mit bosnischen Spezialitäten eröffnen und erfolgreich führen.

Damals war er erst 18-jährig und steckte noch in der kaufmännischen Berufslehre bei der Intereurop-Hotelkette in Horw. Er erarbeitete sich das Wirtepatent im Selbststudium, weil das Geld nicht für die Kurse gereicht hat. «Weil meine Eltern im Gastgewerbe arbeiteten, schloss ich schon als Kind Bekanntschaft mit unterschiedlichsten Leuten – mit Sportlern, Politikern oder Kulturschaffenden», erinnert sich Senad Sakic-Fanger.

«Ich wollte durch Leistung einen Status erreichen, der es mir ermöglicht, mich nicht mehr beweisen zu müssen.»

Mit seiner Frau und seinen zwei Kindern wohnt er nur gerade 300 Meter entfernt im Neustadtquartier. Heute ist Sakic-Fanger – neben seinem eigentlichen Job in Stans – an der Hochschule Luzern Dozent, wo er über Wirtschaftskriminalität lehrt. Sein Fokusthema: Konkursreiterei. Er sagt: «Auf dieses Gebiet habe ich mich bei der Kripo Zürich spezialisiert.»

Experte für Wirtschaftsdelikte

Durch das Aufkaufen, Ausschlachten und Konkursgehenlassen maroder Firmen entstehen allein im Kanton Zürich jährlich volkswirtschaftliche Schäden von über 200 Millionen Franken. Schweizer Gesetzeslücken machten es «leider möglich, dass einzelne das als Geschäftsmodell gezielt und wiederholt betreiben können», weiss Sakic-Fanger. «Darum brauchen wir gut geschulte Fachleute, um dieses Problem besser in den Griff zu bekommen.»

Hinter allem, was er anpackt, steckt ein starker Wille: «Ich wollte durch Leistung einen Status erreichen, der es mir ermöglicht, mich nicht mehr beweisen zu müssen», so Sakic-Fanger. «Ausserdem brauche ich Druck, um Leistung zu bringen. Also habe ich mir diesen Druck selbst geschaffen.» Zwar versteckt er seine Herkunft keineswegs und steht zu seiner Community. Doch will er nicht danach beurteilt werden, woher er kommt. Sondern nach seinen Verdiensten.

Wer mit ihm spricht, erhält den Eindruck, dass er zu jenen Secondos gehört, die typisch schweizerische Eigenschaften wie ein Schwamm in sich aufsaugen. Und die sie dann zielstrebig einsetzen, um Positionen zu erreichen, die für Schweizer ohne das Herkunftshandicap viel einfacher zu erlangen sind.

«Ich habe wahnsinnig viel Respekt aus meinem näheren, zugleich aber auch Ablehnung aus meinem weiteren Umfeld erfahren.»

Dazu gehören Disziplin und Anstand, wie sie ihn sein Vater ihn von früh auf gelehrt hat. «Ich musste die Gäste im Restaurant jeweils mit Namen begrüssen und ihnen die Hand schütteln», erinnert er sich beispielsweise. Von der Primarschule bis zum 42. Altersjahr ist Senad Sakic-Fanger ununterbrochen zur Schule gegangen, als Erwachsener vorwiegend nebenberuflich. Der Samstag war für ihn stets ein Schultag.

Polizist von der Pike auf

Bei der Polizei arbeitet er seit mehr als 20 Jahren. Um mit seiner kaufmännischen Lehre an der Polizeischule Sempach aufgenommen zu werden, musste er sich gegen viele andere Bewerber durchsetzen: «Ich habe wahnsinnig viel Respekt aus meinem näheren, zugleich aber auch Ablehnung aus meinem weiteren Umfeld erfahren.» Die einen sagten, «einer von uns» habe «es geschafft», andere hätten sich abgewendet, warum auch immer.

In Sursee und in Kriens war er zunächst bei der Sicherheitspolizei eingeteilt. Dann war er in der Stadt Luzern sieben Jahre für die Lindenstrasse und die Fluhmühle zuständig, für die Gegend mit dem grössten Ausländeranteil in Luzern. «Ich hatte es gut mit den Klienten und konnte Vertrauen schaffen», erinnert er sich gerne an diese Zeit.

Sein Profil ist klar mitte-links: Der Smartspider von Senad Sakic

Senad Sakic-Fanger ist schon früh aufgefallen, dass sich Migranten in der Regel keine Probleme einhandeln wollen. Was so weit führen kann, dass sie sich auch dann nicht zur Wehr setzen, wenn dies angebracht wäre. «Diese still erduldeten Ungerechtigkeiten haben mich zusätzlich dazu motiviert, mich so zu entwickeln, dass ich für meine Belange einstehen kann», sagt Senad Sakic-Fanger.

Mittlerweile tue er das gegebenenfalls auch für andere aus seiner Community: «Ich werde immer wieder angefragt, wenn sich jemand ungerecht behandelt fühlt. Ich beurteile die Situation und gebe Ratschläge.»

Hindernis um Hindernis überwunden

Für den Eintritt in die Kriminalpolizei hat ihm auch die Ausbildung zum Betriebswirtschafter HF geholfen. Danach hat er Betriebsökonomie studiert. Bei der Luzerner Kriminalpolizei kam er nicht weiter wie erhofft. Also wechselte er zur Kripo Zürich, der führenden ihrer Art in der Schweiz:

«Ich führe mit Förderung und Motivation. Und versuche so, die Mitarbeitenden stetig weiterzuentwickeln.»

«Das war die beste Entscheidung, die ich damals fällen konnte. Da wurde ich gefördert. Und ich konnte als Dienstchef und stellvertretender Abteilungsleiter Wirtschaftskriminalität an den grossen Fällen arbeiten, die ein breites mediales Echo gefunden haben.»

Doch auch in Zürich stiess er irgendwann mit dem Kopf an die Decke. «Also habe ich den nächsten Schritt in Angriff genommen und an der Uni Fribourg zusätzlich Jura studiert.» Heute ist Senad Sakic-Fanger stolzer Besitzer von zwei Mastertiteln.

Bei der Nidwaldner Polizei ist er respektiert, weil er nicht nur die polizeiliche Grundausbildung durchlaufen hat, sondern auch im Kontakt mit Staatsanwälten auf Augenhöhe reden kann. In Stans pflegt Senat Sakic-Fanger einen «agilen Führungsstil», wie er das nennt. Es gehe darum, möglichst rasch auf die Herausforderungen reagieren zu können.

«Ich führe mit Förderung und Motivation. Und versuche so, die Mitarbeitenden stetig weiterzuentwickeln. Sie sollen sich zunehmend auch selber organisieren können. Das ist nötig, weil wir ein kleines Korps sind und dadurch jeder einzelne ein breiteres Aufgabenspektrum hat. Unser Ziel ist es, möglichst effizient zu sein.»

Mehr Agilität in der Politik, Sicherheit und Familie im Visier

In der Politik ist ihm selbstredend die Sicherheit ein zentrales Anliegen. «Sie ist eine wichtige Grundlage für das Funktionieren unserer Gesellschaft – und ohne Sicherheit ist kein Wohlstand möglich.» Darüber hinaus will er sich in der Familienpolitik engagieren. Und er erwähnt zuerst: «Ohne starke Frau an meiner Seite hätte ich das alles nicht geschafft.» Und ohne gute Kinderbetreuungsstrukturen hätte seine Frau nicht Unternehmerin sein können.

«Unsere politischen Prozesse sind angesichts der heutigen Herausforderungen oftmals zu träge. Wir müssen sie beschleunigen können.»

Gegenüber Asylsuchenden hat Senad Sakic eine restriktivere Haltung als die heute offiziell praktizierte. «Um jenen, die aus akuter Not oder aus dem Krieg geflüchtet sind, möglichst rasch helfen zu können, müsste man diese Flüchtlinge in Zukunft klar von den Wirtschaftsflüchtlingen trennen.» Davon erhofft er sich eine Entlastung unseres Asylsystems.

Daneben interessiere es ihn besonders, politische Antworten auf unsere zunehmend volatile Welt mit fortschreitender Digitalisierung und Individualisierung zu finden. Zudem gelte es, den demografischen Entwicklungen wie auch dem kulturellen Wandel zu begegnen. «Aus der Polizeiarbeit weiss ich, dass wir uns stets weiterentwickeln müssen, wenn wir Schritt halten wollen.»

Denn: «Unsere politischen Prozesse sind angesichts der heutigen Herausforderungen oftmals zu träge. Wir müssen sie beschleunigen können.» Eben: agil sein.

Verwendete Quellen
  • Persönliches Treffen und Gespräch mit Senad Sakic-Fanger
  • Position des Kandidaten gemäss Smartvote.ch
  • Liste der Kandidaten für den Kantonsrat Wahlkreis Luzern-Stadt
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3 Kommentare
  • Profilfoto von Stefan Holzer
    Stefan Holzer, 21.02.2023, 10:46 Uhr

    Ein spannender Kandidat. Aber warum stellt Zentralplus einzelne Kandidaten vor? Oder folgen noch Portraits aller weiteren 869 Kandidierenden? Falls nicht wirkt so ein Artikel sehr rasch nach einer redaktionellen politischen Hilfestellung

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  • Profilfoto von Jaap Super
    Jaap Super, 20.02.2023, 14:58 Uhr

    Ich ziehe meinem Hut und wünsche Herr Senad Sakic-Fanger weiterhin viel Motivation, Erfolg und Durchhaltevermögen. Seine Eltern dürfen berechtigt sehr stolz sein und haben bestimmt auch einiges an seinem Erfolg beigetragen.

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  • Profilfoto von Kasimir Pfyffer
    Kasimir Pfyffer, 20.02.2023, 12:04 Uhr

    Chapeau und grossen Respekt für diese Karriere! Wir brauchen mehr solche PolitikerInnen, egal bei welcher Partei.

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