Politik
Gemeinde stimmt über Wachstumsinitiative ab

Kräne ade? Emmen stellt Weichen für die Zukunft

Im Quartier Feldbreite prägten die Baukräne in den letzten Jahren das Ortsbild. (Bild: dvm)

So gehts nicht weiter, findet die SVP Emmen und will dem Bevölkerungswachstum einen Riegel schieben. Zu starr sei ihr Vorschlag, monieren die Gegner. Am 28. Juni entscheidet das Stimmvolk. Was du über die Emmer Masseneinwanderungs-Initiative im Miniformat wissen musst.

Baukräne am Laufmeter: Dieses Bild zeigte sich in Emmen in der Vergangenheit nicht selten. Die zweitgrösste Gemeinde des Kantons erfreute sich reger Bautätigkeit und ist entsprechend gewachsen. Stopp!, verlangt deshalb die SVP. Am übernächsten Sonntag stimmen die Emmer über ihre Wachstumsinitiative ab.

Vor dem Urnengang liefert zentralplus die wichtigsten Informationen zum Thema.

1. Was verlangt die Initiative?

Die Initiative verlangt eine Obergrenze für das Bevölkerungswachstum. Konkret dürfte Emmen im Durchschnitt von fünf Jahren nicht mehr als 0,7 Prozent pro Jahr wachsen. Das klingt sehr technisch. Hochgerechnet auf die aktuelle Bevölkerungszahl heisst dies: Emmens Bevölkerung dürfte um jährlich um rund 220 Personen steigen – Neugeborene inklusive. Der Gemeinderat soll die Zonenplanung entsprechend gestalten.

Die SVP hat das Anliegen eingereicht, weil das Wachstum der Gemeinde ihrer Ansicht nach zu schnell vonstatten ging und viele Probleme und hohe Kosten verursachte. Fakt ist, dass Emmen bei der Infrastruktur – beispielsweise Strassen und Schulen – mächtig investieren musste. Finanziell geht es der Gemeinde nicht sonderlich gut. Vor wenigen Jahren musste sie eine vom Regierungsrat verordnete Steuererhöhung hinnehmen.

2. Wie sieht der Gegenvorschlag aus?

Der Gemeinderat hat sich gegen die Initiative ausgesprochen. Sie sei weder zielführend noch praktikabel. Bei Annahme der Initiative erwartet er einen kompletten Investitionsstopp ab 2021 (zentralplus berichtete). Die Exekutive ist zwar ebenfalls der Meinung, dass Emmen das Wachstum steuern muss. Eine starre Obergrenze sei aber der falsche Weg.

Der Gemeinderat hat darum einen Gegenvorschlag auf den Tisch gelegt: Ein Reglement soll sicherstellen, dass die Entwicklung massvoll und qualitativ gut vonstatten geht. Darin gibt es keine fixen Zahlen, sondern inhaltliche Vorgaben. So soll Emmen vor allem dank Verdichtung der zentralen, gut erschlossenen Gebiete wachsen. Wer bauen will, muss zudem mit qualitätssichernden Verfahren gute Projekte vorlegen. Diese Stossrichtung soll in die laufende Ortsplanungsrevision einfliessen.

3. Was sagen die Zahlen?

Obwohl sie sich nicht Stadt nennen will: Emmen ist die zweitgrösste Gemeinde im Kanton Luzern und zählt aktuell über 31'000 Einwohner. Ein Blick zurück zeigt, dass die Zuwanderung insbesondere in den letzten rund zehn Jahren angezogen hat. Die Zunahme lag stets und teilweise sogar deutlich über den von der SVP geforderten 0,7 Prozent. Seit 2000 ist die ständige Wohnbevölkerung um rund 14 Prozent gestiegen.

Der kantonale Richtplan erwartet für Emmen bis ins Jahr 2030 ein jährliches Bevölkerungswachstum von 1 Prozent. Die SVP hält dem entgegen, dass die Gemeinde Emmen im eigenen Aufgaben- und Finanzplan bis 2023 mit einem jährlichen Wachstum von 0,75 Prozent rechnet.

Dass in Emmen in den letzten Jahren viele Baukräne standen, belegt auch ein Blick in die Statistik der neuen Wohnungen. Insbesondere 2015 und 2016 entstand in Emmen überdurchschnittlich viel zusätzlicher Wohnraum. Weitere Projekte sind im Gange oder geplant, beispielsweise im Quartier Feldbreite oder rund um den Seetalplatz.

4. Wer ist für die Initiative?

Die Ja-Parole hat einzig die SVP beschlossen. Sie hält wenig vom gemeinderätlichen Gegenvorschlag. Er sei zu schwammig und nicht bindend. Die Partei weist zudem die Befürchtungen des Gemeinderates zurück, wonach es bei einem Ja zur Initiative Auszonungen oder Enteignungen gebe. Auch die Wirtschaft leide nicht, wenn weniger Wohnungen gebaut würden.

5. Wer ist dagegen?

Die vier Parteien FDP, Grüne, SP und CVP haben sich im Komitee «Nein zur Wachstumsinitiative» zusammengeschlossen. Sie argumentieren, dass die starre Regelung die Wirtschaft schwäche und Rechtsunsicherheit für Grundeigentümer schaffe. Darüber hinaus seien Rück- und Auszonungen zu befürchten.

6. Gibt es vergleichbare Fälle in anderen Gemeinden?

Ja, Hochdorf hat 2015 überraschend eine gleichlautende Initiative angenommen. Die anspruchsvolle Umsetzung sorgte in der Folge für Gesprächsstoff.

Allein ist Emmen mit dem Phänomen ohnehin nicht: Wachstumsskeptiker gibt es in etlichen Agglomerationsgemeinden. In Kriens haben die Grünen nach dem Bauboom ein Einzonungsmoratorium verlangt. In Ebikon schickte die Stimmbevölkerung 2019 die Pläne für ein modernes Wohnquartier beim MParc-Areal bachab (zentralplus berichtete).

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