So geht es nach dem Ja zum Velonetz weiter

Bärtsch: «Jeder Luzerner Velofahrer kennt gefährliche Stellen»

Korintha Bärtsch, grüne Kantonsrätin und Co-Präsidentin von Pro Velo Luzern. (Bild: bic)

Anders als die Velostation an der Bahnhofstrasse stossen bessere Velowege bei der Stadtluzerner Bevölkerung auf grosse Sympathie. Korintha Bärtsch, Co-Präsidentin von Pro Velo Luzern, sagt im Interview, wieso nach dem klaren Ja jetzt auch der Kanton gefragt ist.

Die Stadt Luzern baut ihr Velonetz aus: Die Stimmbevölkerung heisst den Gegenvorschlag zur Velonetz-Initiative diesen Sonntag mit deutlicher Mehrheit gut (zentralplus berichtete).

Ein grosser Erfolg für Pro Velo Luzern, die das Anliegen aufs politische Tapet gebracht hat. Co-Präsidentin Korintha Bärtsch ordnet im Interview die klare Zustimmung ein.

zentralplus: Korintha Bärtsch, die Velostation am Bahnhof wollten die Stadtluzerner im Februar nicht, bessere Velowege aber schon. Wie erklären Sie sich das?

Korintha Bärtsch: Die Velostation war ein einzelnes Projekt, das polarisiert hat. Hingegen kann wohl jeder in Stadt Luzern eine Stelle nennen, an der er sich unsicher fühlt. Der Handlungsbedarf bei der Veloinfrastruktur ist bis weit ins bürgerliche Lager hinein unbestritten.

zentralplus: Das Resultat fiel mit 71,5 Prozent überdeutlich aus. Überrascht?

Bärtsch: Nein, nicht wirklich. Wie in anderen Städten fahren auch in Luzern immer mehr Menschen Velo. Sei es zur Arbeit oder in der Freizeit: Das Fahrrad wird für verschiedene Zwecke und Strecken genutzt. Und eine klare Mehrheit der Stadtbevölkerung verlangt jetzt Verbesserungen.

«Die Zustimmung der Stadtluzerner Bevölkerung ist ein klarer Auftrag an die Stadt. Und zugleich ein Zeichen, das der Kanton ernst nehmen muss.»

zentralplus: Wo besteht aus Ihrer Sicht am meisten Handlungsbedarf?

Bärtsch: An vielen Orten. Auf gewissen Strassen gibt es nicht einmal Velostreifen. Oder sie sind sehr schmal. Überholsituationen sind zudem oft gefährlich – einerseits, wenn man ein anderes Velo überholen möchte, andererseits wird man auch von Autos häufig nah überholt, weil der Platz eng ist. Dazu gibt es zuhauf Kreuzungen, die gefährlich sind.

zentralplus: Wo muss sich am schnellsten etwas ändern?

Bärtsch: Zum einen muss die Stadt rasch dort vorwärtsmachen, wo einfache Massnahmen umsetzbar sind. Als Vorbild möchte ich die Löwenstrasse erwähnen, wo gut signalisiert Platz für die Velofahrer geschaffen wurde. Andererseits erwarte ich vom Stadtrat, dass er für jene Stellen Verbesserungen angeht, wo die Ausgangslage komplizierter ist. Wichtige und noch gefährliche Veloverbindungen sind sicher die Haldenstrasse und der Schweizerhofquai-Bahnhofplatz.

zentralplus: Ob Schweizerhofquai, Bundes- oder Bahnhofplatz: Bei vielen gefährlichen Stellen handelt es sich um Kantonsstrassen. Dort wird es kaum auf die Schnelle vorwärtsgehen.

Bärtsch: Das ist richtig. Ich erwarte aber vom Stadtrat, dass er den Kanton ins Boot holt und die Zusammenarbeit intensiviert. Denn die Zustimmung der Stadtluzerner Bevölkerung ist ein klarer Auftrag an die Stadt. Und zugleich ein Zeichen, das der Kanton ernst nehmen muss.

Die blauen Linien stellen die Velohauptrouten dar, welche die Stadt künftig durchziehen sollen. (Bild: Gegenvorschlag Stadtrat)

zentralplus: Wie realistisch ist es denn, dass der Kanton mitzieht, wenn man sich beispielsweise die Alpenstrasse vor Augen führt, wo der Kanton Verbesserungen bislang ausgebremst hat?

Bärtsch: Ich bin vorsichtig optimistisch. Zum einen, weil die Regierung ihren Willen dazu im Konzept Zukunft Mobilität Luzern bekräftigt hat. Zum anderen, weil Velofahren auch bei den Bürgerlichen immer mehr zum Thema wird. Darüber hinaus haben wir die Velonetz-Initiativen auch in Kriens und Emmen lanciert. Der Kanton kann die Augen nicht davor verschliessen, wenn auch die Agglomeration sicherere und bessere Velorouten verlangt.

zentralplus: In der Stadt Luzern soll in den nächsten zehn Jahren ein Velonetz von 27 Kilometern entstehen. Stadtrat Adrian Borgula tritt 2024 zurück – streben Sie als seine Nachfolgerin die Umsetzung an?

Bärtsch: Keine Ahnung, das ist etwas weit in die Zukunft geblickt (schmunzelt). Und was die Umsetzung betrifft: Adrian Borgula muss morgen damit anfangen.

Adrian Borgula: «Austausch mit Kanton ist gut»

Der Luzerner Stadtrat ist überzeugt, dass mit dem neuen Hauptroutennetz das Velofahren in der Stadt sicherer und attraktiver wird. Wo und wann das die Velofahrerinnen spüren werden, lässt sich aber noch nicht sagen. Rund 30 Projekte an unterschiedlichsten Orten stehen bereit. Manche Verbesserungen sind laut Mobilitätsdirektor Adrian Borgula bereits aufgegleist, zum Beispiel an der Tribschenstrasse.

Mit dem Ja zum Gegenvorschlag hat die Bevölkerung einen Kredit von 19,5 Millionen Franken bewilligt. Doch für etliche Projekte wird die Stadt noch mehr Geld benötigen. Insgesamt geht sie von Kosten von rund 40 Millionen Franken aus.

Zur Forderung, den Kanton ins Boot zu holen, sagt der zuständige Stadtrat Adrian Borgula: «Wir stehen bereits heute in einem guten Austausch mit dem Kanton.» Die Kantonsregierung, darauf weist auch Borgula hin, räume in Zukunft Mobilität Luzern dem Velo eine wichtige Rolle ein. Bei den neuralgischen Stellen – beispielsweise auf der Bern- und Zürichstrasse oder auf der Seebrücke – lägen Machbarkeitsstudien vor. «Auch wenn man es vielleicht noch nicht sieht: Es ist einiges in Bewegung», so Borgula.

Verwendete Quellen
  • Telefongespräch mit Korintha Bärtsch
  • Telefongespräch mit Adrian Borgula
  • Abstimmungsresultate Stadt Luzern
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4 Kommentare
  • Profilfoto von Lou
    Lou, 16.05.2022, 08:27 Uhr

    Man könnte auch einfach je eine Spur für den MIV aufheben. So hätte ÖV und Langsamverkehr auch mehr Platz.

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    • Profilfoto von blaues einhorn
      blaues einhorn, 16.05.2022, 09:46 Uhr

      Am besten gleich alle Strassen aufheben, so braucht es auch keine Trottoirs mehr. Stattdessen könnte man Bäume pflanzen und etwas gegen die Erwärmung der Städte unternehmen.

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    • Profilfoto von James' Meinung
      James' Meinung, 16.05.2022, 10:19 Uhr

      Sind Sie nun für- oder gegen die Aufhebung einer Spur für den MIV? Im ersten Satz wollen Sie den FVV (Fuss- und Veloverkehr) benachteiligen um im zweiten Satz dem FVV die Spur wieder zurückzugeben… 😉
      Sie wissen schon, dass die Stadt bei Kantonsstrassen nicht viel ausrichten kann…?

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  • Profilfoto von Andreas Bründler
    Andreas Bründler, 16.05.2022, 02:01 Uhr

    Die Strecke Schweizerhofquai bis Bahnhofplatz ist schwierig. Es fehlt einfach an Platz. Das hat man ja gerade jetzt gesehen, als der Kanton sein Projekt für den Bahnhofplatz mit den Durchmesserlinien für den Bus nach viel Vorarbeiten abgeblasen hat.

    Man müsste halt den Schweizerhofquai weiter Richtung See aufschütten und den Quai damit weiter in den See hinausschieben. Und die Seebrücke verbreitern. Das würde Platz schaffen.

    Früher kam der See ja bis zum Hotel Schweizerhof. Vom Schwanenplatz bis zur Hofkirche gab es die gedeckte Hofbrücke. Sie wurde abgerissen als das Gelände aufgeschüttet wurde. Man hat es also schon einmal in diese Richtung gemacht.

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