Airbnb dürfte für hitzige Debatte sorgen

In Luzern kommt es zum ersten «Overtourism»-Showdown des Jahres

Die Debatte um strengere Regeln für Airbnb leitet das heisse Tourismuspolitik-Jahr in Luzern ein. (Bild: jwy)

Das Luzerner Stadtparlament entscheidet nächste Woche über strengere Regeln für Plattformen wie Airbnb. Dabei werden wichtige Pflöcke in der «Overtourism»-Debatte eingeschlagen. Schon im Frühling kommt die neue Tourismusstrategie aufs Tapet. Wo sich dort politische Mehrheiten finden, ist alles andere als klar.

Die Stadt Luzern und der Tourismus: eine Art Hassliebe. Während es unbestritten ist, dass die ausländischen Gäste der Leuchtenstadt viel Geld bringen, wird die zunehmende Zahl an Touristinnen von Einheimischen mittlerweile kritisch beäugt – auch wenn der Druck auf die Innenstadt aufgrund der Coronakrise jüngst ausgeblieben ist.

Die Verantwortlichen versprechen den Luzernern seit einiger Zeit eine Neuausrichtung. Stadträtin Franziska Bitzi (CVP) wird im Frühling voraussichtlich die «Tourismusvision 2030» präsentieren. Diese definiert die Entwicklung der nächsten zehn Jahre und wird auch auf den Erkenntnissen einer Bevölkerungsumfrage basieren (zentralplus berichtete).

Schon vorher, quasi als Feuertaufe der Tourismuspolitik im neuen Parlament, steht die Debatte über Airbnb an. Denn die kurzzeitige Vermietung von Wohnungen über solche Plattformen nahm vor Corona zu und führte zum Verlust von Wohnraum für die Einheimischen. Jetzt wollen sowohl der Stadtrat als auch die meisten Parteien klare Regeln, um einem unkontrollierten Wachstum einen Riegel zu schieben (zentralplus berichtete).

Wo sind die Mehrheiten im Stadtparlament?

Wie dies genau geschehen soll, dürfte nächste Woche, am 4. Februar, im Grossen Stadtrat hitzig diskutiert werden. Nicht weniger als drei Regulierungsvorschläge stehen im Raum. Die Pläne des Stadtrats sehen vor, dass in jedem Quartier künftig maximal zwei Prozent der Wohnungen über Plattformen wie AirbnB angeboten werden dürfen. Das wird von CVP und FDP unterstützt.

Die Grünen und die GLP hingegen fordern eine Limite von einem Prozent. Die SP will derweil, dass Wohnungen nicht länger als 90 Tage pro Jahr angeboten werden dürfen – was faktisch wohl einem Verbot von kommerziellen Anbietern gleichkäme. Für die Bürgerlichen ein rotes Tuch, wie sie im Vorfeld durchblicken lassen.

Angesichts dieser verzwickten Lage wird eine Lösung wohl nicht einfach zu erringen sein. Denn die hauchdünne Mehrheit von SP und Grünen dürfte bei diesem Thema nicht einfach so spielen. SP-Grossstadtrat Mario Stübi liess verlauten, dass man den Ideen der Grünen und der GLP – Stand heute – wohl nicht zustimmen wird. Gleichzeitig stehen die Sozialdemokraten mit ihren eigenen Plänen isoliert da.

Flirtet die GLP plötzlich mit den Bürgerlichen?

Damit die Grünen und die GLP ihren Kompromissvorschlag durchbringen, sind sie ihrerseits auf die SP angewiesen. Sollten die Sozialdemokratinnen ihre Ankündigung also wahrmachen und den Vorschlag der Grünen und der GLP nicht unterstützen, könnten die Grünliberalen allenfalls dazu neigen, mit den Bürgerlichen für die Pläne des Stadtrats zu stimmen.

Denn seit den letzten Wahlen ist die GLP oft versucht, sich von der Linken zu emanzipieren, für die sie vier Jahre lang in Ökothemen die Mehrheitsbeschafferin im Sinne eines Juniorpartners war. Dies versucht sie in erster Linie durch einen klareren liberalen Kurs zu schaffen. Jedoch werden die Grünen voraussichtlich auf der Höchstquote von einem Prozent bei den Airbnb-Wohnungen beharren und die GLP im Stich lassen, falls sich diese nach rechts orientieren sollte.

Bürgerliche sind zu schwach

Eine solche Strategie im Sinne eines Pakts der Grünliberalen mit den Bürgerlichen dürfte deshalb kaum Aussicht auf Erfolg haben. Zumal es auch alles andere als klar ist, ob die vier SVP-Grossstadträte überhaupt für irgendeine Form von Regulierung beim Tourismus zu gewinnen sind. Eine entsprechende Anfrage von zentralplus liess die Volkspartei am Dienstag unbeantwortet.

Da SVP-Grossstadträtin Lisa Zanolla als Parlamentspräsidentin zudem nur bei einer Pattsituation mitstimmen kann, kommen die Bürgerlichen und die GLP zusammen mit dem parteilosen Silvio Bonzanigo auf 23 der benötigten 25 Stimmen. Immer vorausgesetzt, dass alle 48 Ratsmitglieder anwesend sind.

Nach dem jüngsten Wahlerfolg müssen die Linken liefern

Will heissen: SP und Grüne werden die Geschichte wohl unter sich ausjassen müssen, wenn sie ihren jüngsten Wahlerfolg bei einem für sie und ihre Wählerschaft zentralen Thema in Zählbares ummünzen wollen. Vor allem, wenn es darum geht, in der Touristenhochburg Luzern im Hinblick auf die neue Tourismusvision wichtige Pflöcke einzuschlagen.

Die Grünen dürften aber auch darauf achten, den Fuss nicht zu verletzen, den sie bei den Bürgerlichen in der Tür haben. Besonders wenn es um den Tourismus geht. Zur Erinnerung: Vor zwei Jahren hatten die Grünen zusammen mit den Bürgerlichen mehrere Vorstösse zur Lösung der Car-Problematik eingereicht (zentralplus berichtete).

Generell werden die Grünen von Exponenten der Bürgerlichen aktuell als zuverlässiger wahrgenommen als die SP, wie hie und da zu vernehmen ist. Auch beim Verkehr, dem anderen grossen Luzerner Reizthema. Der gemeinsame Vorschlag mit der GLP zum Thema Airbnb dürfte diesem Image auch nicht geschadet haben.

Wie die SP mit dieser Ausgangslage umgeht, bleibt abzuwarten. Wenn die Sozialdemokraten in der für sie identitätsstiftenden Wohnraumpolitik einfach so die Segel streichen würden, wäre dies jedenfalls überraschend.

Am 4. Februar wird also das spannende Luzerner Tourismus-Politjahr eingeläutet. Die erste Debatte dürfte die weiteren Kapitel sicherlich prägen.


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2 Kommentare
  • Profilfoto von Carlo Agrario
    Carlo Agrario, 27.01.2021, 15:36 Uhr

    Schon interessant, dass sich die Linken gegen ausländische Touristen, die vielen Luzernern Arbeitsplätze schaffen, wehren. Sonst heisst es bei diesen immer: Öffnet die Grenzen! Auch wenn uns das viel Geld kostet. Eine Antwort von dieser Seite wäre interessant.

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  • Profilfoto von Rudolf
    Rudolf, 27.01.2021, 07:24 Uhr

    «Die Pläne des Stadtrats sehen vor, dass in jedem Quartier künftig maximal zwei Prozent der Wohnungen über Plattformen wie AirBnB angeboten werden dürfen.» – In Wohnzonen müssen professionelle Vermietungen an Touristen ohnehin verboten werden. Die Mitglieder der SP diskutieren im Februar über das weitere Vorgehen.

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