Luzern hat eine neue Klimastrategie. Sie verfolgt damit ambitionierte Ziele. Ob und wie diese erreicht werden, ist heute noch fraglich.
Seit der Stadtrat die Klimastrategie der Stadt Luzern vorgelegt hat, ist über ein Jahr vergangen. Nun herrscht endlich Klarheit, wie die Klimapolitik der Stadt in den nächsten Jahren aussieht. Und nach dem heutigen Abstimmungssonntag ist klar: Es wird eine sehr ambitionierte Klimapolitik sein.
So haben die Stimmberechtigten der Vorlage des Grossen Stadtrats und somit der ambitionierteren Variante deutlich zugestimmt. Der gemässigte Gegenvorschlag von FDP und Mitte blieb in der Stichfrage mit knapp 5000 Stimmen weniger chancenlos.
Das Ziel ist somit gesetzt: Bis 2040 soll die Stadt Luzern klimaneutral werden. Bereits 2030 sollen die CO₂-Emissionen in der Stadt Luzern pro Kopf viermal kleiner sein als 2020 (zentralplus berichtete).
Bis 2050 soll der Energieverbrauch auf 2000 Watt gesenkt werden. Das entspricht einer Halbierung des Energieverbrauchs gegenüber heute.
Stadtrat freut sich über Resultat
Sehr erfreut über das deutliche Resultat ist der Umwelt- und Mobilitätsdirektor der Stadt Luzern, Adrian Borgula. Noch bevor die Resultate öffentlich bekannt waren, war seinem Gesichtsausdruck an der Pressekonferenz abzulesen, welche Variante sich an der Urne durchgesetzt hatte: «Der Stadtrat ist sehr erfreut über dieses Ergebnis», teilte Borgula daraufhin mit. «Die Mehrheit der Bevölkerung teilt die ambitionierten Ziele des Parlaments und des Stadtrats. Der heutige Tag ist ein gutes Zeichen für die Umwelt, die Biodiversität und zukünftige Generationen.»
Ebenso sehr freut sich das Komitee, das sich für die Vorlage des Grossen Stadtrats ausgesprochen hat. Die grüne Grossstadträtin Christa Wenger sagt stellvertretend für das Komitee: «Wir freuen uns extrem.» Wobei nicht alle mit diesem deutlichen Resultat gerechnet haben: «Etwa die Hälfte von uns war sehr optimistisch, dass sich die Vorlage des Parlaments durchsetzt. Die andere Hälfte war eher skeptisch.»
«Wir setzen uns lieber ambitionierte Ziele und schauen, was möglich ist, als von Anfang an zu zweifeln.»
Christa Wenger, Grossstadträtin und Co-Präsidentin Grüne Stadt Luzern
Zähneknirschend hingegen nimmt man das Resultat im Lager der Mitte und der FDP zur Kenntnis. Die beiden Parteien hatten sich in den vergangenen Monaten für den gemässigten Gegenvorschlag eingesetzt. «Im ersten Moment waren wir enttäuscht», gibt FDP-Fraktionschef Marco Baumann zu. «Aber 58 Prozent haben auch dem Gegenvorschlag zugestimmt. Das zeigt uns, dass wir viele Menschen für das Thema mobilisieren konnten und es richtig war, das konstruktive Referendum zu ergreifen.»
Die Stimmberechtigten hätten sich nun für die ambitioniertere Variante ausgesprochen und damit ein Zeichen gesetzt, dass es mit der Klimapolitik vorwärtsgehen soll. Ein Anliegen, welches das Referendumskomitee ebenfalls teile, wie Baumann betont.
Lässt sich die Klimastrategie überhaupt umsetzen?
Doch beim Komitee bleiben die Bedenken ob der Umsetzbarkeit der nun verabschiedeten Klimastrategie. Als Beispiele zählt Baumann ein mögliches Verbot von Autos mit Benzin- oder Dieselmotoren auf, oder auch das in der Klimastrategie enthaltene Verbot zum Bezug von nicht erneuerbarem Strom.
«Wir fordern zudem Augenmass beim Abbau der öffentlichen Parkplätze.» Bis 2040 soll die Zahl dieser Parkplätze halbiert werden. «Dieser Abbau soll nicht konzeptlos erfolgen, sondern dort, wo es Sinn macht. Zum Beispiel zur Umsetzung des Velo-Hauptroutennetzes in der Stadt. Und wir erwarten, dass bei jedem Abbau die Auswirkungen auf das Gewerbe und für den Tourismus gebührend berücksichtigt werden.»
«Wir müssen alle Hebel, die uns zur Verfügung stehen, in Bewegung setzen.»
Adrian Borgula, Umwelt- und Mobilitätsdirektor Stadt Luzern
Die Bedenken des Referendumskomitees teilt Christa Wenger nur in einem Punkt: Dem Fachkräftemangel. So räumt auch sie ein, dass dieser Aspekt der Umsetzung der Klimastrategie im Weg stehen könnte. Gleichzeitig betont sie: «Das ist eine riesige Chance für unsere lokale Wirtschaft. Und bereits die Corona-Pandemie hat uns gezeigt, wie schnell Dinge umgesetzt werden können, wenn der Wille dazu da ist.» Bei den Massnahmen, deren Umsetzung aus einer juristischen Perspektive fraglich sind, gibt sich Wenger optimistisch: «Wir setzen uns lieber ambitionierte Ziele und schauen, was möglich ist, als von Anfang an zu zweifeln.»
So sieht es auch Stadtrat Adrian Borgula. Die Zielsetzung sei nun klar: «Dass der Weg dorthin schwierig wird, ist allen bewusst», räumt auch er ein. «Wir müssen alle Hebel, die uns zur Verfügung stehen, in Bewegung setzen.» Letztlich sei die Stadt aber auch auf weitere Massnahmen von Bund und Kanton angewiesen, dass das Ziel Netto-Null bis 2040 erreicht werden kann. Und zu einem grossen Teil auch auf die Bevölkerung: «Die Klimastrategie funktioniert nur, wenn sie auch von der Bevölkerung mitgetragen wird.» Denn die Klimastrategie sei nicht nur eine technische Frage, sondern auch eine Frage der Effizienz, Freiwilligkeit und der Genügsamkeit.
Stadt steht vor grosser Aufgabe
So oder so wartet auf die Stadt Luzern nun jede Menge Arbeit. Borgula sagt dazu: «Wir stehen vor einer riesigen Aufgabe. Ich habe meinem Team gesagt 'Heute dürfen wir feiern, morgen arbeiten wir weiter'.»
Ähnlich, aber etwas deutlicher, hat es der Junge Grüne Grossstadtrat Jona Studhalter auf Instagram in Worte gefasst: «Heute anstossen, morgen Parkplätze abbauen.» Damit allein ist die Klimastrategie zwar noch nicht umgesetzt. Aber es ist eines von vielen Puzzle-Teilen für eine klimaneutrale Zukunft.
- Medienkonferenz der Stadt Luzern
- Telefonat mit Christa Wenger
- Telefonat mit Marco Baumann
- Informationen der Stadt Luzern zur Abstimmung