Zwei Unternehmer – zwei Meinungen

Kleingewerbler zum Ladenschluss in Zug: «Das Internet geht auch nicht um 19 Uhr zu»

Wie lange kann man in Zug künftig abends einkaufen? Das entscheidet sich am 7. März.

Der Kanton Zug stimmt am 7. März darüber ab, ob Geschäfte künftig abends eine Stunde länger geöffnet sein dürfen. Was halten Inhaber kleiner Geschäfte davon? zentralplus lässt zwei von ihnen zu Wort kommen, die ganz unterschiedlicher Meinung sind.

Heute schliessen die Geschäfte im Kanton Zug wochentags um 19 Uhr, am Samstag um 20 Uhr. Die Initiative «+1» der bürgerlichen Jungparteien, die am 7. März an die Urne kommt, will die Ladenöffnungszeiten ausdehnen (zentralplus berichtete).

Wie stehen die Geschäfte dazu? Unterschiedlich, wie unser Pro-Contra zeigt. zentralplus gibt zwei Unternehmern das Wort, die in der Stadt Zug eigenständige kleine Firmen leiten – und in Sachen Ladenschluss unterschiedlicher Ansicht sind.

Pro: Christoph Utesch, Inhaber Optikergeschäft Eventoptik

«Ich bin für eine Verlängerung der Öffnungszeiten. Noch lieber wäre mir, wenn die gesetzlichen Vorgaben ganz aufgehoben würden, wie es die Regierung vorgeschlagen hatte. Für mich ist es wichtig, dass ich als Unternehmer flexibel sein und mich den Gewohnheiten der Kunden anpassen kann. Die eine Stunde plus, über die wir nun abstimmen, ist für mich folglich ein Schritt in die richtige Richtung.

«Gerade für uns Kleinunternehmer, die individuell die Kunden beraten, wäre ein grösserer Spielraum sehr spannend.»

Ich glaube nicht, dass von längeren Ladenöffnungszeiten vor allem die Grossen profitieren. Im Gegenteil: Gerade für uns Kleinunternehmer, die individuell und face-to-face die Kunden beraten, wäre ein grösserer Spielraum sehr spannend. So könnte ich den Kunden dann empfangen, wenn er Zeit hat. Sprich: Wenn jemand um 19 Uhr mit einem Problem in den Laden kommt, kann ich ihn in aller Ruhe noch beraten. Die grossen Unternehmen haben diese Flexibilität nicht.

Optiker Christoph Utesch vor seinem Laden in der Zuger Vorstadt. (Bild: zvg)

Ich habe schon Kunden erlebt, die nach einem Termin nach 19 Uhr fragten – und dann halt abends in Affoltern am Albis in ein Geschäft gehen. Das ist ja nur 15 Autominuten entfernt. Da läuft nicht nur mir, sondern der ganzen Zuger Wirtschaft der Umsatz weg. Wer abends einkaufen will, tut dies halt ennet der Kantonsgrenze. Auch wenn man das bedauern mag, kann man die Tatsache nicht weg- oder schönreden.

Zudem ist es eine Realität, dass die Menschen heute 24 Stunden pro Tag, sieben Tage die Woche im Internet einkaufen können. Wollte man fair sein, müsste man also um 19 Uhr das Internet abstellen – aber das funktioniert logischerweise nicht (lacht).

«Es ist ein Kann und kein Muss. Die Läden sind nicht gezwungen, länger aufzumachen.»

Bei mir ist es auch so, dass ich an meinem Standort vorne an der Vorstadt am Samstag ab 16 Uhr am meisten Laufkundschaft registriere – aber bereits um 17 Uhr schliessen muss. Könnte ich da eine Stunde länger offen haben oder solange es mir passt, hätte ich am Samstag wohl den umsatzstärksten Tag der Woche. Längere Öffnungszeiten würden meines Erachtens auch zur Belebung beitragen. Man könnte auch mal abends einen Event organisieren, beispielsweise ein Jubiläum oder einen Kundenapéro, ohne dass man sich gleich in eine juristische Grauzone begeben müsste.

Klar haben längere Ladenöffnungszeiten auch Nachteile. Ich habe Verständnis für Betriebe, die Angst haben, dass sie das personell nicht stemmen können und es nicht rentabel ist. Und ich sehe auch das Argument, dass es schwieriger sein wird, das Personal für diesen Job zu begeistern. Aber man muss klar sagen: Es ist ein Kann und kein Muss. Die Läden sind nicht gezwungen, länger aufzumachen. Jeder Inhaber soll selber seine Rechnung machen und entscheiden, ob sich längere Öffnungszeiten lohnen oder nicht.» 

Kontra: Fönsi Dubach, Inhaber Käse Dubach

«Ich bin gegen eine Verlängerung der Öffnungszeiten. Der Hauptgrund sind meine Mitarbeiter. Sie haben teils einen Arbeitsweg von einer halben oder dreiviertel Stunde – nach 20 Uhr vielleicht noch länger, weil der Bus oder Zug dann nicht mehr so häufig fährt. Müssen sie abends eine Stunde länger im Geschäft stehen, beschneidet man ihnen die Freizeit und verunmöglicht vielen, am sozialen Leben teilzunehmen. Beginnt der Feierabend erst nach 20 Uhr, hat die Probe vom Gesangsverein oder der Kinofilm vielleicht schon begonnen.

Haben die Initianten je eine Verkäuferin gefragt: Was meinst du dazu? Das bezweifle ich. Sie gehen einfach von ihren Bedürfnissen aus. In meinen Augen ist die Haltung hinter der Initiative egoistisch: Ich will und ihr müsst es leisten.

«Wo sind die qualifizierten Fachleute, der Metzger, die Apothekerin, der Verkäufer, die sich freuen, wenn sie abends bis 20 Uhr arbeiten dürfen?»

Sicher, die Lebensformen und die Gesellschaft haben sich verändert. Aber mein Laden ist 63 Stunden pro Woche geöffnet – sagen Sie mir jemanden, der es sich nicht einrichten kann, in dieser Zeit einkaufen zu gehen.

Wenn ich zurückdenke: Früher war der Abendverkauf ein Event. Man traf sich, ging einkaufen, vielleicht noch etwas trinken oder gemeinsam essen. Diese Zeiten sind schon lange vorbei. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Geschäft ehrlich von sich sagen kann, der Abendverkauf rentiere. Die Einkaufsstadt Zug ist abends tot.

Fönsi Dubach von Käse Dubach in der Zuger Neustadtpassage. (Bild: zvg)

Mit längeren Ladenöffnungszeiten, so wage ich zu behaupten, würden die Geschäfte keinen Franken mehr verdienen. Der Umsatz verteilt sich lediglich über eine längere Zeit. Die meisten Läden würden wohl kaum mehr Leute einstellen. Das heisst: Entweder stehe ich selber abends hinter den Tresen, oder ich gebe meinen Mitarbeitenden halt drei Stunden Mittag – was ihnen nichts nützt. Und wer ist bereit, den Mehraufwand zu bezahlen?

Es gebe ja genügend Leute, die froh sind um die Jobs zu Randzeiten, sagen die Befürworter. Da möchte ich gerne mal fragen: Wo sind sie? Wo sind die qualifizierten Fachleute, der Metzger, die Apothekerin, der Verkäufer, die sich freuen, wenn sie abends von 18 bis 20 Uhr arbeiten dürfen?

«Wenn ringsum alle länger öffnen, komme ich unter Zugzwang.»

Klar, die längeren Ladenöffnungszeiten wären freiwillig. Man müsste nicht bis 20 Uhr offen haben. Aber wenn man wie ich in einer Ladenpassage ist, oder auch in einem Einkaufszentrum, bestimmen oft die Grossen oder die Vermieter. Wenn ringsum alle länger öffnen, komme ich unter Zugzwang. Das ist dasselbe, wie wenn die SVP etwas lanciert und die SP hält dagegen. Ihre Reaktion wäre ja auch freiwillig, aber sie geschieht, denn das ist einfach die Logik. Bei uns ist es dasselbe Spiel: Wenn etwas passiert, müssen wir reagieren.

Auch ich bin grundsätzlich dafür, dass alle die gleich langen Spiesse haben. Die Frage ist: Braucht es dafür längere Öffnungszeiten und was sind die Konsequenzen? Ich bin überzeugt, dass sie für Kleingewerbler einschneidende Folgen haben könnten – denn irgendwann kann man das nicht mehr stemmen.»

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2 Kommentare
  • Profilfoto von kritischer_Zuger
    kritischer_Zuger, 28.02.2021, 12:28 Uhr

    Warum nicht länger öffnen? Wie der Optiker schon sagt – es ist ein KANN und NICHT ein MUSS !
    Das dafür u.U. eine bessere Personalplanung (Teilzeit, umverteilung der Dienstzeiten etc.) erforderlich ist – ich denke, dass versteht sich von selber.
    KEINER ist zu alt oder zu jung, um auch über Öffnungszeiten nachzudenken, welch eventuell später liegen – z.B. 10:00 statt 8:00 / 9:00 am Morgen.
    Dafür seid Ihr selbstständig und Unternehmer – und Unternehmer beinhaltet das Verb ‹unternehmen› und nicht herum jammern, wenn sich die Rahmenbedingungen zum GUTEN des Kunden wenden.

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    • Profilfoto von Tanti Salutti
      Tanti Salutti, 28.02.2021, 15:42 Uhr

      Zu den Ladenöffnungszeiten gibt es von 99 Menschen 100 Meinungen.

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