Beistände am Anschlag – Stadtrat will Millionen lockermachen
Dank zusätzlicher Mittel sollen die Aktenburge der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden der Stadt Luzern bald wieder schrumpfen. (Bild: Adobe Stock)
Die Luzerner Bestände für Erwachsene tragen immer mehr Mandate. Nun will der Stadtrat Gegensteuer geben. Er beantragt beim Stadtparlament einen Sonderkredit von über drei Millionen Franken.
Das schweizweite Bevölkerungswachstum wie auch die zunehmende Vergreisung machen auch vor der Stadt Luzern nicht halt. Die Zahl der Unterstützungsbedürftigen nimmt zu. Und damit die Arbeit für die Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) sowie für die Bestände im Erwachsenenschutz.
Weiterlesen, sonst verpasst du:
wie sehr die Kesb überlastet ist
was der Luzerner Stadtrat nun plant
wozu er über drei Millionen Franken benötigt
Es werden dabei nicht nur immer mehr Fälle, sie werden auch immer komplexer. Immer wieder schlug die Kesb Alarm. So etwa vergangenes Frühjahr (zentralplus berichtete).
Nun zeigt sich: Auch die Bestände im Erwachsenenschutz haben sehr viel Arbeit: 66 zu betreuende Personen wären der Richtwert für Vollzeitpensum, schreibt der Luzerner Stadtrat in einem Bericht. Aktuell sind es aber deutlich mehr. Das soll sich nun ändern.
So will der Stadtrat Gegensteuer geben
Der Luzerner Stadtrat will die Luzerner diese Stelle, die bei den sozialen Diensten der Stadt Luzern angesiedelt ist, um 230 Stellenprozent aufstocken. Dies geht aus einem Bericht und Antrag an das Stadtparlament hervor. Der Stadtrat beantragt bei diesem einen Sonderkredit in der Höhe von 3,075 Millionen Franken. Zusätzlich beantragt er 205'000 Franken für das laufende Jahr, zur Entlastung der Mitarbeitenden.
Vorbereitet ist das Terrain bereits: Im Jahr 2011 hat der Stadtrat ein «Ressourcen- und Controllinginstrument (RCI)» im Vormundschaftswesen bewilligt. Dieses dient der Qualitätssicherung in der Mandatsführung und soll eine Überlastung der Kesb-Angestellten verhindern.
Mit dem Instrument kann eine Stellenaufstockung oder ein Stellenaabbau beantragt werden, wenn dies die Zahl der durchschnittlichen Mandate pro Beistand nötig macht. Dabei wird eine maximale Richtgrösse festgelegt.
Anzahl der Mandate deutlich über Sollgrösse
Bereits auf Anfang 2024 hat das Stadtparlament eine Richtgrösse von maximal 65 zu betreuenden Personen pro Vollzeitstelle gutgeheissen. Seither ist die Belastung allerdings sukzessive weiter gestiegen, sodass eine einzelne Spezialistin respektive ein einzelner Spezialist aktuell im Durchschnitt 80 Mandate bewirtschaftet.
Wenn der Durchschnitt der zu betreuenden Mandate respektive Personen pro Mitarbeiter während sechs aufeinanderfolgenden Monate von der Sollgrösse abweicht, wird eine Anpassung des Stellenetats nötig. Dies sei aktuell der Fall, schreibt der Stadtrat.
Und: Zur steigenden Zahl der Mandate kommt immer mehr Arbeit für die Fachbearbeitung hinzu.
Aktuell liegt der Stellenetat bei den Beiständen im Erwachsenenschutz in der Mandatsführung bei 16,14 Vollzeitstellen. Mit den 2,3 zusätzlichen Vollzeitstellen können die Zahl der Mandate und die Arbeitslast wieder besser auf die Kesb-Spezialistinnen verteilt werden. Das Stadtparlament behandelt das Geschäft am Donnerstag, 27. März.
Psychische Probleme und Geldangelegenheiten sind Haupttreiber
Wie die schweizweite Konferenz für Kindes- und Erwachsenenschutz (KOKES) gemäss ihrer Statistik 2023 festhält, sind rund zwei Drittel der Menschen, die von der Kesb betreut werden, hilfsbedürftige Erwachsene. Per Ende 2023 waren es schweizweit 105'849 Fälle. Das sind 2519 Personen mehr als im Vorjahr, was einem Anstieg um 2,4 Prozent entspricht.
Diese Zunahme folgt laut KOKES dem allgemeinen Trend. Denn die Menschen werden immer älter und die Familienstrukturen funktionieren immer seltener als bis anhin. Laut KOKES brauchen Erwachsene am meisten Unterstützung wegen psychischer Probleme oder wegen Problemen im Umgang mit administrativen Angelegenheiten oder Geld. In 86 Prozent der Fälle erfolgt eine Vertretungsbeistandschaft. In einem solchen Fall berät ein Beistand oder eine Beiständin die hilfsbedürftige Person und vertritt sie im Bedarfsfall.
Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels, hiess es, dass die Kesb aufgestockt wird. Das ist nicht korrekt. Aufgestockt werden sollen die Beistände im Erwachsenenschutz, welche bei den sozialen Diensten der Stadt Luzern angesiedelt sind.
Redaktor bei zentralplus mit Themen-Schwerpunkten Politik und Kultur. Hat an der Universität Zürich Germanistik, Kunstgeschichte und Philosophie studiert. Als ehemaliger Triathlet nach wie vor begeisterter Läufer, Rennradfahrer und Schwimmer.