Vor dem Zuger Restaurant Più

Kellner müssen Apéro in Leuchtwesten über Strasse tragen

CSP-Gemeinderat Ignaz Voser findet die künftige Strassensituation vor dem Restaurant Più am Postplatz bedenklich. (Bild: keg/zvg)

In diesen Tagen eröffnet in Zug das Restaurant Più. Der Gastrobetrieb hat 64 Aussenplätze. Doch zwischen dem Restaurant und den Aussenplätzen verläuft eine Strasse. Deswegen muss das Personal Leuchtwesten tragen.

Stellen dir vor, du kellnerst in einem Restaurant und jedes Mal, wenn du etwas an einen Tisch bringst, musst du zuerst eine Strasse überqueren. Gefährlich, oder? Besonders in der sowieso schon hektischen Gastronomie. Das wird aber die Realität auf dem oberen Postplatz in Zug sein, wo diesen Freitag das Restaurant Più eröffnet (zentralplus berichtete).

Nun hat CSP-Gemeinderat Ignaz Voser mit einer Interpellation den Stadtrat aufgefordert, die Sicherheitslage am alten Postplatz zu evaluieren. Denn auch der Vertreter der Bindella-Gruppe, dem die vier Più-Restaurants in der Schweiz gehören, sei besorgt.

Personal im «Più» trägt zur Sicherheit gelbe Leuchtwesten

Auf der Strasse, die vor dem künftigen Restaurant Più durchführt, gilt Tempo 30. Das heisst: Autos haben Vortritt. Beim Restaurant ist man gefasst auf die Herausforderungen, die auf das Personal deswegen zukommen. «Die einzige Auflage der Stadt war, dass das Personal am Abend gelbe Leuchtwesten tragen muss. Das werden wir jetzt so machen», erklärt die Betriebsassistentin des Restaurant Più am Postplatz, Ramona Bolzli.

Die Verkehrssituation am oberen Postplatz ist schwierig, denn er befindet sich zwar mitten in der Innenstadt, aber nicht direkt an einer Hauptverkehrsstrasse. «Man merkt den Feierabendverkehr», sagt Ramona Bolzli. «Ansonsten sind es vor allem viele Velos, die hier durchfahren. Und man bemerkt die Autos, die am Lichtsignal um die Ecke stehen», ergänzt sie.

«Wenn man eine Italianità will, dann müsste man das auch zu Ende denken und an die anderen Verkehrsteilnehmer denken.»

Ignaz Voser, Mitglied Grosser Gemeinderat (CSP)

Ein weiteres Hindernis ist die Ausfahrt des Parkhauses Postplatz gleich nebenan. Dort kommen Autos regelmässig mit hoher Geschwindigkeit heraus. Nicht gerade die ideale Ausgangslage für ein italienisches Apéro-Feeling.

Italianità oder nicht: Die Kompromisslösung ist gefährlich

Für Ignaz Voser ist es unverständlich, weshalb die Stadt nicht reagiert hat, bevor sie die Bewilligung für die 64 Aussenplätze ausgestellt hat. Für ihn als Einwohner ist der Verkehr zu stark: «Wenn Sie da sitzen, fahren die Autos schon sehr nahe an Ihnen vorbei», beschreibt er am Telefon.

Italianità und ein «dolce far niente» zu zelebrieren, während einem Autos um den Kopf rasen, findet Gemeinderat Voser seltsam. «Wenn man eine Italianità will, dann müsste man das auch zu Ende denken und an die anderen Verkehrsteilnehmer denken.»

«Bei Tempo 20 hätten Fussgänger und Velos Vortritt und trotzdem könnten Autos noch durchfahren. Dann wäre es ein Miteinander und nicht ein Gegeneinander.»

Ignaz Voser, Mitglied Grosser Gemeinderat (CSP)

Die nächtliche Ruhestörung wegen des Restaurants, vor der einige Anwohner Angst hätten, halte er für ein kleineres Problem: «Die Lärmstörung des Verkehrs ist viel grösser. So wie der Platz gebaut ist, können Geräusche kaum hallen», erklärt er.

Eine Frage der Priorität: Verkehr oder Begegnungsraum

Die einfachste Lösung ist für Ignaz Voser klar: «Bei Tempo 20 hätten Fussgänger und Velos Vortritt und trotzdem könnten Autos noch durchfahren. Dann wäre es ein Miteinander und nicht ein Gegeneinander», sagt der Zuger. Er verweist dabei auf die erfolgreiche Umsetzung beim Park'n’Ride am Bahnhof.

Dort gilt Tempo 20. Motorfahrzeuge sind noch immer zugelassen, doch die Sicherheit von Fussgängerinnen und Velos steht im Vordergrund – denn sie haben Vortritt. Voser denkt dabei ganz grundlegend: Für ihn ist die Stadt Zug vor allem eine Fussstadt. Die Wege seien so kurz, dass viele Leute zu Fuss unterwegs seien. Das müsse die Stadt anerkennen und die Sicherheit der Fussgänger ernst nehmen, fordert Voser.

Er könnte sich vor dem Restaurant Più auch eine Begegnungszone vom Platzhirsch bis zur Einfahrt ins Parkhaus Postplatz vorstellen. «Das wäre eine Win-win-Situation für alle», fasst Voser begeistert zusammen. Ob dies jedoch umgesetzt wird, ist fraglich.

Am 17. Juni eröffnet das Restaurant Più. Auf der Gartenterrasse finden 64 Gäste Platz. (Bild: cbu)

Die ewige Diskussion um die Begegnungszonen

Im Grunde hat sich die Stadt Zug bereits 2012 zu einer neuen Strategie in der Stadt- und Verkehrsplanung bekannt. In der Charta des Projekts «Freiraum-Zug» heisst es unter anderem, dass die Aufenthaltsqualität auf städtischen Plätzen verbessert, die Begegnung im öffentlichen Raum gefördert und auch die Sicherheit für den Fussverkehr gestärkt werden soll.

Vor zehn Jahren hatte man also noch grosse Hoffnungen auf eine Stadt mit lebendigen Begegnungsbereichen. Diese Zuversicht ist in der Zwischenzeit um einiges eingegangen, wie zahlreiche Diskussionen um Verkehrsberuhigungen und Tempo-20 gezeigt haben (zentralplus berichtete). Und doch gab es seitens der Stadt auch Begeisterung über Beispiele von erfolgreich beruhigten Verkehrszonen, die Zug adaptieren könnte (zentralplus berichtete).

Dem Stadtrat fehle der Mut zur Umsetzung

Wenn es die Stadt ernst meine mit dem Freiraum-Bericht, dann müsse sie auch bereit sein, den nächsten Schritt zu wagen, bemerkt Voser. Derzeit sehe er beim Stadtrat vor allem Angst vor der Umsetzung. Dabei nimmt der CSP-Gemeinderat besonders Sicherheitsvorsteher Urs Raschle in die Pflicht. Durch seine Berufsausbildung im Tourismus müsste er den grossen Vorteil von einer Verkehrsberuhigung am alten Postplatz erkennen, so Voser.

Dass seine Interpellation einen positiven Einfluss haben könnte, ist für Ignaz Voser durchaus denkbar. «Es geht ja in erster Linie um die Sicherheit der Gäste und des Personals. Natürlich könnte man gleich zwei Anliegen auf einmal angehen. Aber die Sicherheit steht im Zentrum», sagt er klar.

Verwendete Quellen
  • Interpellation von Ignaz Voser, Mitglied Grosser Gemeinderat Zug (CSP)
  • Telefonat mit Ignaz Voser
  • Bericht und Charta «Freiraum-Zug» von 2012
  • Gespräch mit Ramona Bolzli, Geschäftsassistentin des «Più» in Zug
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10 Kommentare
  • Profilfoto von Adrian Hürlimann
    Adrian Hürlimann, 21.06.2022, 10:48 Uhr

    Liebe Autofetischisten (-innen gibts hier ja nicht)! Wie jede Gsse ist auch die Zeughausgasse eine » enge Straße, schmaler Weg zwischen Zäunen oder Mauern» – dies seit dem 10. Jahrhundert; eine befindet sich in Küsnacht und kommt im Nationalepos vor. Dort habe ich keine Autos gesehen…

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  • Profilfoto von Sebastian Krüger
    Sebastian Krüger, 20.06.2022, 16:32 Uhr

    Was ist genau der Nachteil wenn man da auf 50 m Strecke 20 km/h statt 30 km/h fährt?
    Sind Millisekunden-Vorteile für Autos wichtiger als Lebensqualität in der Stadt?

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  • Profilfoto von smokymale
    smokymale, 18.06.2022, 09:16 Uhr

    Die Stadt will ja schon länger von der Ägeristrasse bis zum Postplatz eine Begegnungszone haben, viele haben sich gottseidank bisher erfolgreich dagegen gewehrt. Die Zuger finden immer wieder einen Weg solche Pläne durchzustieren, man denke an den autofreien oberen Postplatz der jetzt wohl autofrei aber nicht wirklich sinn- und stilvoller geworden ist, dafür mit Motorradparkplätzen und mit einer Gartenwirtschaft bestückt wurde.

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    Vali, 17.06.2022, 23:28 Uhr

    Typisch Zug 🙈🙈🙈

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    Philipp, 17.06.2022, 18:03 Uhr

    Wieder mal typisch. Strasse da seit eh und je. Jetzt kommt ein neues Restaurant und die Strasse soll weichen. Das ist Grüne Logik.

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      Vreneli, 18.06.2022, 14:53 Uhr

      Wo eine Strasse gut ist, wäre eine Autobahn noch besser.

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    Trömpeterli Consulting AG, 17.06.2022, 10:56 Uhr

    Strasse schliessen – problem gelöst.

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    • Profilfoto von Sandro G.
      Sandro G., 17.06.2022, 18:05 Uhr

      Restaurant gar nicht eröffnen – Problem gelöst.

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    Heinz Durrer, 17.06.2022, 09:40 Uhr

    Nun Ja, dass wusste man im Vorfeld ja nicht? Und plötzlich ist da ein Strasse, neiaberau. Woher kommt die denn?

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  • Profilfoto von smokymale
    smokymale, 17.06.2022, 08:19 Uhr

    Dass man diese Problematik erst jetzt erkennt ist ein Hohn. Jeder normal denkende Mensch hat sich schon länger gefragt wie das mit dem Service über die Strassse funktionieren soll. Die Zuger haben einmal mehr nicht an die sowieso schon verhassten Autos gedacht. Man darf gespannt ein wie die Stadt dieses Problem lösen will *grübel*

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