Kaum Unterstützung: Plötzlich steht die GLP alleine da
Im ersten Wahlgang konnte Regierungsratskandidatin Claudia Huser (GLP) auf die Unterstützung der Bürgerlichen zählen. Das ist nun anders, was auch einem Wahldeal geschuldet ist.
Alle Parteien bis auf die Grünen haben ihre Strategie für den zweiten Wahlgang vom 14. Mai im Kanton Luzern festgelegt. Die GLP und die SVP unterstützen je ihren eigenen Regierungsratskandidaten, die SP naturgemäss ihre eigene Kandidatin Ylfete Fanaj sowie eine allfällige zweite linke Kandidatin. Die Kandidatinnen der Juso und der Jungen Mitte ziehen sich zurück. Spannender wird es hingegen bei Mitte und FDP, die ihre Kandidaten bereits in trockenen Tüchern haben: Die FDP beschloss Stimmfreigabe und die Mitte unterstützt die SP (zentralplus berichtete).
Gemäss Mitte-Präsident Christian Ineichen ist der Entscheid stark unterstützt worden. «Es gab nur vereinzelte Voten, die den Konkordanzantrag von Parteileitung, Wahlgruppe und Parteivorstand nicht unterstützt haben», sagt er gegenüber zentralplus. Wie die «Luzerner Zeitung» schreibt, sprach sich beispielsweise die Krienser Stadtpräsidentin Christine Kaufmann-Wolf gegen die SP aus. Letztlich setzte sich aber die grosse Mehrheit für die Konkordanzstrategie ein.
Mitte schliesst Wahldeal, um ihre Sitze künftig zu sichern
Nebst Konkordanzüberlegungen hat auch ein Wahldeal zwischen Mitte und SP die Strategie beeinflusst. Sollte ein Mitte-Sitz dereinst frei werden, würde die SP einen allfälligen Angriff der Grünliberalen auf diesen nicht unterstützen. Ineichen bezeichnet den Wahldeal als Absicherung: «Wir möchten damit eine linke Allianz aus SP, Grünen und GLP verhindern, die auf einen unserer zwei Regierungssitze zielen könnte.»
«Die GLP hätte vielleicht mehr Unterstützung erhalten, wenn sie mit uns Kontakt aufgenommen hätte.»
Christian Ineichen, Präsident Mitte Kanton Luzern
Für die Ambitionen der Grünliberalen findet Christian Ineichen deutliche Worte: «Eine Partei mit 7 Prozent Parteistärke hat in einem Konkordanzsystem nicht wirklich Anspruch auf eine Vertretung in der Regierung.»
Dass die Mitte der GLP die kalte Schulter zeigt, eckt aber an. Über Twitter werfen die GLP-Kantonsräte Riccarda Schaller und Mario Cozzio der Mitte Heuchelei vor, da diese sich 2019 nicht für die Konkordanz aussprach. Bei jenen Wahlen empfahl die damalige CVP im zweiten Wahlgang nicht Grüne-Kandidatin Korintha Bärtsch, sondern beschloss Stimmfreigabe. Gleichzeitig unterstützte der Wirtschaftsflügel der Mitte die beiden bürgerlichen Kandidaten Paul Winiker (SVP) und Marcel Schwerzmann (parteilos; zentralplus berichtete).
Mitte-Präsident Christian Ineichen verteidigt sich: «Damals konnten wir keine echte Konkordanz erreichen, da mit Marcel Schwerzmann noch ein Parteiloser in der Regierung vertreten war.» Jetzt sei es die staatspolitische Verantwortung der Mitte, bei drei Vakanzen die Konkordanz wiederherzustellen. «Die GLP hätte vielleicht mehr Unterstützung erhalten, wenn sie mit uns Kontakt aufgenommen hätte», spielt Ineichen den Ball der GLP zu. «Wir waren nicht in der Pflicht, mit anderen Parteien die Zusammenarbeit zu suchen, sondern die Parteien, deren Kandidaten noch nicht im Trockenen sind.»
Für SP gehört GLP nicht in die Regierung
Profiteurin der Konkordanzüberlegungen ist die SP. «Wir sind sehr froh, dass der Anspruch der SP auf einen Regierungsratssitz so deutlich unterstützt wird. Es ist ein klares Bekenntnis für eine vielfältige Regierung», sagt der Luzerner Parteipräsident David Roth. Auch freut er sich über die Stimmfreigabe der FDP und darüber, dass die SVP zumindest nicht Claudia Huser unterstützt. «Von den grossen Parteien ist klar der Wille zur Konkordanz zum Ausdruck gekommen.»
«Letztlich sind es die Grünliberalen, die uns angreifen, nicht umgekehrt.»
David Roth, Präsident SP Kanton Luzern
Insbesondere von der Mitte. Doch als «Deal» würde SP-Präsident David Roth den Austausch mit der Mitte nicht bezeichnen. «Wir haben uns darüber ausgetauscht, wie wir Konkordanz verstehen und hatten von Beginn weg das gleiche Verständnis: Als Partei mit 7,5 Prozent gehört die GLP nicht in die Regierung.» Für die SP stimme bei der GLP zudem nebst dem Wähleranteil auch die Kandidatin nicht: «Das Mitte-rechts-Profil von Claudia Huser ist in der Regierung schon vertreten. Was fehlt, ist die soziale Perspektive.»
Trotzdem ist die GLP gerade bei gesellschaftlichen Fragen eine wichtige Partnerin der SP. Um den Haussegen fürchtet David Roth trotzdem nicht. «Klar spannen wir mit der GLP in Sachthemen zusammen. Letztlich sind es aber die Grünliberalen, die uns angreifen, nicht umgekehrt. Die GLP greift die Konkordanz und damit ein Schweizer Erfolgsmodell an.»
Die andere wichtige Partnerin der SP, die Grünen, entscheiden am Mittwochabend über ihr weiteres Vorgehen. An ihrer Delegiertenversammlung machte die SP bereits klar, dass sie unbedingt zwei linke Kandidatinnen in den zweiten Wahlgang schicken will. Auf die Delegiertenversammlung der Grünen angesprochen, lässt sich Roth nicht in die Karten blicken. «Ich kann nicht für die Grünen sprechen. Egal, welchen Entscheid sie fällen, wir werden ihn respektieren.»
GLP bedauert Entscheid
Bis zum 14. Mai müssen die Grünliberalen also allein kämpfen. Allenfalls könnten sie erneut durch den KMU- und Gewerbeverband unterstützt werden, der sich noch am Mittwoch entscheiden will. «Wir bedauern das natürlich. Dass wir keine direkte Empfehlung erhalten haben, überrascht, da wir bei einigen Parteien nicht so weit entfernt wären», sagt GLP-Co-Präsident Michel Rudin. «Das zeigt für uns aber auch, dass wir mit Claudia Huser eine Kandidatin haben, die von den anderen Parteien sehr ernst genommen wird.»
Glaubt man den Reaktionen auf den sozialen Medien, so wurmt die GLP insbesondere der Entscheid der Mitte. Darauf angesprochen, erklärt Rudin: «Rein parteipolitisch sind wir der Mitte näher als beispielsweise der SP. Natürlich ist sie den Wahldeal mit der SP eingegangen, um vor allem ihre eigene Zukunft zu sichern. Aber ob das für die Wähler längerfristig sympathisch wirkt, müssen nicht wir beurteilen.»
«Der erste Wahlgang hat gezeigt, dass Claudia Huser deutlich über dem Wählerpotenzial der Grünliberalen Stimmen geholt hat.»
Michel Rudin, GLP-Co-Präsident
Ein eigener Wahldeal sei jedoch nicht im Raum gestanden. «Uns ging es in erster Linie nicht um Machterhalt, sondern darum, den Wählern eine Auswahl mit qualifizierten Kandidaten zu bieten.» Die GLP verstehe sich nebst den konservativen und den linken Parteien als dritte, progressive Kraft. «Deshalb müssen wir die Wahlen nicht mit irgendwelchen Deals absichern.»
Trotz schwieriger Ausgangslage: GLP glaubt an Chance
Den Vorwurf des Mitte-Präsidenten, dass die GLP sich bei den anderen Parteien nicht gemeldet habe, lässt Co-Präsident Michel Rudin nicht so stehen. «Die fehlende Unterstützung auf uns zu schieben, finde ich etwas einfach.» Es hätten mehrere Gespräche stattgefunden, aber nicht alle auf Stufe Parteileitung. «Zudem hat Christian Ineichen in der Elefantenrunde am Wahlsonntag kein wirkliches Interesse an einer Zusammenarbeit signalisiert.»
Die hätte die Grünliberale gut gebrauchen können. Politanalysten wie Mark Balsiger verkünden bereits, die Wahlen seien gelaufen, da die GLP nun isoliert dasteht. Doch die GLP ist trotz der schwierigen Situation überzeugt, eine Chance zu haben: «Der erste Wahlgang hat gezeigt, dass Claudia Huser deutlich über dem Wählerpotenzial der Grünliberalen Stimmen geholt hat. Wir gehen davon aus, dass das im zweiten Wahlgang ähnlich verläuft.»
Ob Michel Rudin damit recht behält, wird sich am 14. Mai zeigen. Und: Nur weil eine Partei eine Wahlempfehlung abgibt, muss das längst nicht heissen, dass alle Wählerinnen dieser auch folgen.
- Tweets von Mario Cozzio (GLP), Riccarda Schaller (GLP) und Elias Meier (Mitte)
- Telefonat mit Christian Ineichen, Präsident Mitte Kanton Luzern
- Telefonat mit Michel Rudin, Co-Präsident GLP Kanton Luzern
- Medienmitteilungen der Mitte, SVP, FDP, SP, Juso und Jungen Mitte
- Telefonat mit David Roth, Präsident SP Kanton Luzern
- Artikel in der «Luzerner Zeitung»