Online-Abfragen bald möglich

Kantone spannen bei Waffenregister zusammen

Wie viele unregistrierte Waffen im Kanton Luzern im Umlauf sind, weiss der Regierungsrat nicht.

(Bild: Symbolbild: Emanuel Ammon/Aura)

Mit über anderthalb Jahren Verspätung soll am 1. Oktober das interkantonale Waffenregister in Betrieb genommen werden. Der Kanton Luzern wäre schon länger dafür bereit gewesen. Dennoch gibt es Kritik.

Wem gehört diese Pistole? Ist auf diesen Täter eine Waffe aus einem anderen Verbrechen registriert? Das soll jeder Polizist bald schweizweit online abfragen können. Heute existiert keine gesamtschweizerische Datenbank, die das ermöglicht. Die Polizei muss jeweils bei jedem Kanton einzeln nachfragen. 

Ein vernetztes Waffenregister hätte bereits Ende 2014 bereit sein sollen – das versprachen die Kantone im Vorfeld der Waffenschutzinitiative, die 2011 abgelehnt wurde. Doch mit der Umsetzung harzte es lange.

Nun geht es vorwärts: Voraussichtlich am 1. Oktober soll die Datenbank in Betrieb genommen werden, sagt Roger Schneeberger, Generalsekretär der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD). Das Tool soll die Arbeit der Polizei vereinfachen: Statt mehrere Kantone abzuklappern, können Informationen zu Waffenregistrationen mit einem Klick online abgerufen werden. Das ist umso relevanter, als dass die Zahl der Waffenkäufe im letzten Jahr markant zugenommen hat – gerade auch in der Zentralschweiz (zentralplus berichtete).

Zu Beginn wird die Zahl der Zugriffsberechtigten pro Kanton laut Schneeberger noch eingeschränkt sein. «Später sollen alle Polizeiangehörigen Zugang erhalten.»

Die gesamte Strafjustiz im Visier

Dass die Umsetzung so lange auf sich warten liess, liegt einerseits an den rechtlichen Grundlagen, die das Bundesparlament erst letztes Jahr schaffte. Am 1. Juli ist das revidierte Waffengesetz in Kraft getreten. Andererseits mussten die Kantone ihre Informatiksysteme harmonisieren und einheitliche Standards beim Erfassen der Daten erarbeiten.

«Die Harmonisierung der Polizeiinformatik und Informatik in der Strafjustiz sind zwingend voranzutreiben.»

Luzerner Regierungsrat

Die Luzerner Polizei wäre aus technischer Sicht bereits Ende 2014 in der Lage gewesen, die Verknüpfung zu vollziehen, schreibt der Regierungsrat in einer Antwort auf eine Anfrage von SP-Kantonsrätin Marlene Odermatt. Er plädiert dafür, die Harmonisierung zwingend voranzutreiben – und zwar nicht nur bei der Polizei, sondern bei der gesamten Strafjustiz.

Keine weiteren Waffensammelaktionen

Der Kanton Luzern plant keine weiteren Waffensammelaktionen. Das schreibt der Regierungsrat in der Antwort auf die Anfrage von SP-Kantonsrätin Marlene Odermatt. 2009 und 2013 sind solche zweimal durchgeführt worden – beim ersten Mal kamen knapp 3500 Waffen zusammen, beim zweiten Mal noch 500.

Die Bevölkerung werde bereits regelmässig darüber informiert, dass sie Waffen und Munition bei den Polizeiposten entsorgen kann, begründet der Regierungsrat seine Strategie. Für Marlene Odermatt unverständlich: «Es ist wichtig, dass die Bevölkerung mit Sammelaktionen für das Thema sensibilisiert wird.»

Das heisst: Auch im Bereich der Staatsanwaltschaften, Gerichte und Gefängnisse soll der Austausch von Daten möglich sein. Der Regierungsrat kündigt an, im Herbst die entsprechende Vereinbarung zu ratifizieren. Wenn mindestens 18 Kantone und der Bund zusagen, wird das Projekt umgesetzt.

Odermatt unzufrieden

Dass es mit dem Informationsaustausch vorwärts geht, erfreut Marlene Odermatt. Dennoch ist die SP-Kantonsrätin mit der Regierung nicht zufrieden. «Mein Eindruck ist: Der Kanton Luzern tut, was er tun muss, aber nicht mehr.» Dabei spricht sie die Zahl der nicht registrierten Waffen an, für die auch ein national vernetztes Waffenregister nutzlos ist.

Wie viele Waffen im Kanton Luzern vorhanden sind, weiss niemand. Der Regierungsrat schreibt, er könne zur Zahl der nicht registrierten Waffen keine Angaben machen. Er gehe aber davon aus, dass viele Waffen noch nicht gemeldet sind. Odermatt weist darauf hin, dass der Bundesrat schweizweit von zwei Millionen nicht gemeldeten Waffen ausgeht. «Wenn man das auf Luzern runterrechnet, wären das 80’000 Waffen.»

Registriert wurden in den letzten drei Jahren, von 2013 bis 2015, rund 8300 neue Waffen. Das Bundesparlament hat es letztes Jahr abgelehnt, dass rückwirkend Waffen, die vor dem 12. Dezember 2008 gekauft wurden, gemeldet werden müssen.

«Die Vorfälle in Frankreich, Belgien und jetzt in Deutschland – das waren alles Waffen aus dem Schwarzhandel.»

Marlene Odermatt, SP-Kantonsrätin

Odermatt ist überzeugt, dass die Gefahr besteht dass ein Teil der nicht registrierten Waffen aus der Schweiz durch illegalen Handel ins Ausland gelangen – und dort womöglich Schreckliches anrichten. «Die Vorfälle in Frankreich, Belgien und jetzt in Deutschland – das waren alles Waffen aus dem Schwarzhandel», sagt Odermatt. Die Schweiz stehe in der Verantwortung. «Das betrifft nicht nur Luzern, aber jemand muss die Vorreiterrolle einnehmen.»

Tradition überdenken?

Marlene Odermatt fordert generell ein Umdenken. «Waffen haben viel mit Tradition und Schweizer Werten zu tun», sagt sie. «Aber die Zeiten haben sich geändert. In den Augen der amerikanischen Waffenlobby gelten wir mit unseren Gesetzen als Paradies. Das sollte uns doch zu denken geben.»

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