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Nach harzigen Jahren mit umstrittenen Sparpaketen geht es dem Kanton Luzern finanziell wieder blendend. Während er 2022 die Steuern senken will, blicken die Gemeinden im Zentrum düsteren Zeiten entgegen. Jetzt haben diese in einem Brief bei Finanzdirektor Reto Wyss interveniert.
Schöne Aussichten im Kanton Luzern: Nächstes Jahr sinken die Steuern. Die bürgerliche Mehrheit der zuständigen Kommission im Kantonsrat will sogar noch weiter gehen als die Regierung. Damit ist klar: Die Bevölkerung zahlt 2022 weniger Geld an den Staat (zentralplus berichtete).
Schön finden das auch die Gemeinden rund um die Stadt Luzern. Doch lieber wäre es ihnen jedoch, der Kanton würde nicht nur die Bürgerinnen, sondern auch die Agglomerationsgemeinden entlasten. Denn während er Gewinne anhäuft, blicken sie auf rote Zahlen und kämpfen mit Steuererhöhungen.
Beispiel Ebikon und Kriens: Beide Gemeinden haben diesen Frühling die Steuern erhöht und fassen 2023 eine weitere Steuererhöhung ins Auge. Nur so können die steigenden Kosten gedeckt werden. Beispiel Emmen: Die Gemeinde musste 2018 mit dem Steuerfuss rauf, 2020 wollte der Gemeinderat nachdoppeln, doch er scheiterte am Widerstand des Parlaments. Zwar verkündete er diesen Frühling einen überraschenden Gewinn in der Rechnung, die Steuererhöhung ist laut dem Finanzvorsteher aber noch nicht vom Tisch.
Sogar die reichen Gemeinden rutschen in rote Zahlen
Die drei Gemeinden haben finanziell seit Längerem zu kämpfen. Kein Seezugang, ergo tendenziell weniger teure Wohnlagen und weniger reiche Einwohner. Dafür die typischen Lasten von Agglomerationsgemeinden, relativ hohe Sozialhilfequoten und grosse Ausgaben für die Infrastruktur, weil die Bevölkerung wächst.
Besser ging es bislang Luzern und Horw. Doch auch ihnen weht ein rauer Wind entgegen. In den nächsten Jahren erwartet Luzern Millionendefizite und erarbeitet nun ein Sparpaket (zentralplus berichtete). Sogar die reiche Gemeinde Horw, wo überdurchschnittliche Dividendenausschüttungen von Unternehmen in den letzten Jahren zu Millionengewinnen führten, rechnet in Zukunft ebenfalls mit Defiziten.
«Es hat eine Verschiebung der Lasten stattgefunden.»
Roger Erni, Krienser Stadtrat
Aus Sicht der fünf Gemeinden sind sie aber nicht alleine für diese Entwicklung verantwortlich. Ihre bürgerlichen Finanzchefs sind deshalb beim Luzerner Regierungsrat Reto Wyss (Die Mitte) vorstellig geworden. In einem Brief, der zentralplus vorliegt, verlangen sie vom Kanton mehr Geld.
Gemeinden fordern neues Gleichgewicht
Der Kanton senkt die Steuern, während viele Gemeinden in der Agglomeration ihren Steuerfuss erhöhen müssen oder das bereits getan haben. «Das zeigt: Es hat eine Verschiebung der Lasten stattgefunden», sagt der Krienser Finanzvorsteher Roger Erni (FDP). Besonders in den Bereichen Gesundheit und Bildung kämen immer mehr Lasten auf die Gemeinden zu.
Ein Beispiel: In Kriens steigen alleine die Personalkosten bei den Schulen in den nächsten fünf Jahren um rund sechs Millionen Franken. Dazu kommt: Nach zehn Jahren übernehmen die Gemeinden vom Kanton die Zuständigkeit für vorläufig Aufgenommene und Flüchtlinge. Viele Kommunen rechnen damit, dass 2025 – zehn Jahre nach der grossen Flüchtlingswelle – ihre Ausgaben stark wachsen werden.
«Es ist für uns unverständlich, dass der Kanton den Gemeinden keinen Franken davon weitergibt.»
Angesichts dieser Entwicklungen ist für Roger Erni klar, dass das finanzielle Gleichgewicht neu justiert werden müsste. «Wir würden es zum Beispiel begrüssen, wenn der Kanton einen Teil der Gewinne von der Nationalbank an die Gemeinden weitergeben würde – wie dies in einigen Kantonen gemacht wird.»
Ähnlich äussert sich die Stadtluzerner Finanzdirektorin Franziska Bitzi Staub (CVP): «Der Kanton Luzern erhält neben den Gewinnen der Schweizerischen Nationalbank deutlich mehr Geld aus der Steuerreform und AHV-Finanzierung STAF, nämlich den von 17 auf 21,2 Prozent erhöhten Anteil an der direkten Bundessteuer. Es ist für uns unverständlich, dass er den Gemeinden keinen Franken davon weitergibt.»
Kanton setzt Gemeindeklausel nicht um
Genau das fordern die K5-Gemeinden jetzt vom Kanton. Denn der Bund sieht es eigentlich vor, dass die Gemeinden am höheren Anteil an der Bundessteuer beteiligt werden. Doch wie genau, das wurde jedem Kanton selber überlassen.
Während andere Kantone den Kommunen mehr Geld zukommen lassen oder befristete Ausgleichszahlungen einführten, verwies Luzern auf die Aufgaben- und Finanzreform 18 (AFR18). Mit diesem Monsterprojekt wurden die Aufgaben und Finanzströme zwischen Kanton und Gemeinden neu verteilt.
Die AFR18 war schon bei der Erarbeitung umstritten. Inzwischen zeigt sich, dass die Auswirkungen nicht so gerecht ausfallen wie gewünscht. Gerade die Zentrumsgemeinden kritisieren jetzt, dass der Kanton sich finanziell stark entlastet habe – stärker als ursprünglich geplant. Das stösst es ihnen besonders sauer auf, dass der Kanton eben gleichzeitig bei der Umsetzung der Gemeindeklausel knausert.
«Wir haben Kenntnis vom Brief, werden die Forderungen prüfen und mit den K5-Gemeinden das Gespräch suchen.»
Reto Wyss, Luzerner Finanzdirektor
Beim Kanton Luzern kennt man die Sorgen der Agglomerationsgemeinden. Ob er den Forderungen nachkommt, ist aber noch offen. «Wir haben Kenntnis vom Brief, werden die Forderungen prüfen und mit den K5-Gemeinden das Gespräch suchen», lässt Finanzdirektor Reto Wyss aus den Ferien ausrichten. Inhaltlich konnte er nicht näher dazu Stellung nehmen.
Kommen die Anpassungen zu spät?
Dass bei einem solch komplexen Werk wie der AFR18 nachträgliche Anpassungen nötig werden könnten, ist indes auch dem Kanton klar. Er hat bereits in der Vergangenheit angekündigt, dass er die Auswirkungen analysieren will. Doch dazu brauche es zunächst mehrere Rechnungsabschlüsse. Deshalb ist der entsprechende Bericht erst 2024 vorgesehen.
Das mache zwar grundsätzlich Sinn, sagt Franziska Bitzi von der Stadt Luzern. «Doch bis dieser Wirkungsbericht dann vorliegt und Korrekturen eingeleitet sind, dauert es sehr lange. Bis dahin müssen viele Gemeinden unter Umständen schon harte Sparmassnahmen umsetzen, die nicht so einfach rückgängig gemacht werden können.»
Letztlich sei auch der Kanton an einem attraktiven Wirtschaftzentrum interessiert. «Dazu braucht es einen ausreichenden finanziellen Handlungsspielraum», so Bitzi. «Dieser ist leider zurzeit nicht mehr vorhanden – ganz im Gegensatz zum Kanton.»
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