Wählen Luzerner künftig anders?

Kampf gegen Listen nimmt in Luzern Fahrt auf

Zu den Wahlen erhält die Luzerner Stimmbevölkerung jeweils dicke Post – zu viel, finden SVP und GLP. (Bild: Archivbild: mik)

Gleich zwei Luzerner Parteien haben sich dem Kampf gegen Listenverbindungen verschrieben: GLP und SVP. Für beide Initiativen läuft bald die Sammelfrist aus. Die Parteien sammeln noch die letzten Unterschriften.

Wer in Luzern wählen will, muss sich durch immer mehr Listen kämpfen. Für die neun Sitze des Nationalrats: 48 Listen. Für die 120 Sitze im Kantonsrat: stolze 61 Listen. Für jede auch nur halbwegs politikinteressierte Luzernerin scheint es «die» Liste für sie zu geben: «Für eine produzierende Landwirtschaft», «Bildung und Kultur (Die Mitte)» oder schlicht «Noch mehr Grüne», um einige Beispiele der vergangenen Jahre zu nennen.

Gemäss dem Politologen Mark Balsiger ist dieser Listendschungel nicht zwingend Ausdruck eines Ansturms auf politische Ämter. Sondern vielmehr der Versuch der Parteien, aus möglichst vielen Bekanntenkreisen noch die eine oder andere Stimme zu ergattern, damit es vielleicht noch für ein weiteres Mandat reicht (zentralplus berichtete).

Maximal eine Liste

Auch unter den Parteien selbst kommt die steigende Listenzahl nicht nur gut an (zentralplus berichtete). Gleich zwei Parteien haben Initiativen gegen Listen eingereicht: die GLP und die SVP. Die Grünliberalen wollen das heutige Wahlsystem umkrempeln und den «doppelten Pukelsheim» einführen, da so Listen überflüssig werden. Die SVP will hingegen die Anzahl Listenverbindungen auf eine beschränken. Möglich wäre nur noch eine Verbindung mit einer verwandten Liste, etwa der eigenen Jungpartei oder weiterer Kandidaten aus den eigenen Reihen (zentralplus berichtete).

Wie funktioniert der «doppelte Pukelsheim»?

Bei diesem Verfahren – auch doppelter Proporz genannt – wird die Anzahl Sitze in zwei Schritten verteilt. In einem ersten Schritt werden die Sitze nach dem prozentualen Wähleranteil der Parteien vergeben. Beispielsweise erhielten die Grünen mit ihrer Parteistärke von rund 10 Prozent 12 der 120 Kantonsratssitze. Listenverbindungen werden dabei überflüssig, da Reststimmen nicht verpuffen, sondern in diesem ersten Schritt zur kantonalen Parteistärke zusammengerechnet werden. In einem zweiten Schritt werden die Sitze der Parteien auf die Wahlkreise verteilt.

Ende dieser Woche läuft die Sammelfrist für die GLP-Initiative aus. Gemäss dem Luzerner GLP-Präsidenten András Özvegyi hätten sie inzwischen «deutlich über 4000 beglaubigte Unterschriften» beisammen. Beim Sammeln hätten sie gemerkt: «Viele sind froh, wenn die vielen unübersichtlichen Listen reduziert werden und wenn ein besseres Abbild des Wählerwillens auch in Luzern kommen würde.»

SVP ist auf Kurs

Ähnlich sieht es bei der «Stopp Listenflut»-Initiative der SVP aus. «Wir gehen davon aus, dass schon fast alle Unterschriften unterwegs sind», sagt der Luzerner Parteipräsident Martin Wicki auf Anfrage. Wegen der Verzögerung auf dem Postweg und dem Beglaubigungsprozess wisse die SVP nicht genau, wie viele Stimmen sie definitiv beisammen habe. Ende Monat wolle die Partei aber eine grosse Auszählung machen und bei Bedarf nochmals Gas geben. Plan sei es, die Initiative Mitte April einzureichen.

Bei der Sammlung sei ihr Anliegen grundsätzlich auf Wohlwollen gestossen. «Wenn man den Personen erklärt, sie hätten bei den Wahlen ein dickes Couvert erhalten, waren viele bereit zuzuhören, was man denn dagegen tun kann.» Aber: Ein Selbstläufer ist die Unterschriftensammlung nie. Laut Wicki laufen immer mehr Passantinnen an den Unterschriftensammlern vorbei, ohne auch nur für ein Gespräch bereit zu sein. Für ihn ein Ausdruck des sinkenden politischen Interesses und Nachwirkungen des Skandals um die Unterschriftenfälschungen.

Zwei Listenflut-Initiativen – hätte sich hier kein gemeinsames Vorgehen angeboten? Für die Grünliberalen nicht, so Özvegyi. Gemäss ihm sei die reine Beschränkung der Listenverbindungen nicht fair, da so die Reststimmen in jedem Wahlkreis verfallen. Mit ihrer Umstellung des Wahlsystems würde jede Stimme zählen.

Auch für SVP-Chef Wicki hätte sich keine Zusammenarbeit angeboten. «Gegen aussen kämpfen beide Initiativen fürs gleiche Anliegen, weniger Listen. Im Kern fordert die GLP-Initiative aber ein neues Wahlsystem, den doppelten Pukelsheim.» Die SVP wolle jedoch nicht das «seit Jahrzehnten bewährte System» ändern, sondern nur die ausufernden Listen und die intransparenten Listenverbindungen.

Verwendete Quellen
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