Juso Luzern setzt auf LGBTQ-Rechte

Das Outing führte diese beiden in die Luzerner Politik

Karina Keiser (links) und Mario Huber (rechts) sitzen neu im Vorstand der Juso Luzern. (Bild: ida)

Die Juso Luzern hat zwei neue Vorstandsmitglieder: Karina Keiser und Mario Huber, beide sind Teil der LGBTQ-Community. Keiser will sich insbesondere für ein Verbot von Konversionstherapien stark machen – wollte doch ein Priester nach ihrem Outing die «Dämonen in ihr» vertreiben.

Die Luzerner Juso wird bunter: Regenbogenbunter. Mit Karina Keiser und Mario Huber hat die Partei zwei neue Vorstandsmitglieder gewählt.

Beide sind Teil der LGBTQ-Community. Für mehr Akzeptanz und Gleichberechtigung von queeren Menschen zu kämpfen, das machen sich die zwei zum Programm.

Auslöser für das Politisieren: das Outing

Das Politisieren begann bei beiden mit dem Outing. Der heute 28-jährige Mario Huber outete sich mit 14 Jahren schrittweise vor seinen Kollegen. Mit 16 Jahren vor der grossen Masse, mit einem Post auf Facebook. «Als ich meinen ersten Freund hatte, wollte ich dies nicht verstecken», sagt Huber rückblickend, bei einem Kaffee im Mardi Gras.

«Mein Leben war schon immer politisch – weil dies für mich als queere Person schon immer so sein musste.»

Mario Huber

Erst im letzten Sommer ist er der Juso beigetreten. Der kaufmännische Angestellte sagt: «Mein Leben war schon immer politisch – weil dies für mich als queere Person schon immer so sein musste.» Für viele in seinem Umfeld war er der erste geoutete Schwule. Oft wurde er gefragt, wie es als «Betroffener» sei, wie seine politische Meinung sei. «Plötzlich wurde der Besuch im Nachtclub zur Fragerunde.» Und weil er auch fundiert Auskunft geben wollte, begann er sich zu informieren.

Der 24-jährigen Karina Keiser erging es ähnlich. Sie habe sich schon als Kind für das politische Geschehen interessiert, auf dem Sofa die Tagesschau geguckt und an den Abstimmungssonntagen ihre Eltern ausgefragt. «Aber so richtig mit dem Politisieren begann es, als ich mich mit 16 Jahren geoutet habe.» Seit eineinhalb Jahren ist Keiser, die als Assistentin Gesundheit und Soziales in einem Altersheim arbeitet, aktiv bei der Luzerner Juso. Nebenbei leitet sie die Milchbar in Luzern.

Nach ihrem Outing wollte der Priester sie von dem «Schmutz» befreien

Keiser macht sich insbesondere für ein Verbot von Konversionstherapien stark. Sie will den Versuch, bi- oder homosexuelle sowie Transmenschen «umpolen» zu wollen, unter Strafe stellen. Etwas, dessen sich aktuell im Kanton Luzern auch GLP-Kantonsrat Mario Cozzio angenommen hat (zentralplus berichtete).

«Er sagte: Ich vertreibe jetzt alle Dämonen in dir. Du wirst wieder rein in deinen Gedanken und deinem Körper.»

Karina Keiser

Karina Keiser wuchs gläubig auf, besuchte zweimal pro Woche eine Freikirche. «Als ich mich outete, kehrten mir viele Freunde von der Freikirche den Rücken. Sie wollten nichts mit mir zu tun haben, weil ich Frauen liebe.» Bei einem Besuch in der Kirche bat der Priester sie, ihm in einen Nebenraum zu folgen. Sie solle vor den Altar niederknien. «Er betete mit mir. Er legte seine eine Hand auf mein Herz, die andere auf meinen Kopf.»

Karina zeigt es am Tisch im Mardi Gras vor. «Er sagte: Ich vertreibe jetzt alle Dämonen in dir. Karina, du wirst wieder rein in deinen Gedanken und deinem Körper.» Als das Gebet fertig war, sagte er, sie sei jetzt wieder «eine von uns». «Geheilt von der Krankheit, von dem Schmutz.»

Sie fasst sich mit der Hand an den Hals. Sie spüre den Kloss immer noch. Das Ereignis hat sie damals aufgewühlt, das tut es auch heute noch. «Völlig leer verliess ich damals den Raum. Als ich den Schock ablegen konnte, brach ich in Tränen aus.»

So sicher fühlen sie sich als Homosexuelle in Luzern

Wie toleriert und gleichberechtigt fühlen sich Huber und Keiser in Luzern? «Schwierig zu sagen», meint Huber. Wie viele aus der Regenbogen-Community hat auch er schlechte Erfahrungen gemacht. Wurde als «Schwuchtel» betitelt oder mit Prügel bedroht, als er mit Glitzer im Gesicht nach dem Ausgang im Mc Donald's auftauchte.

«Oft kleide ich mich bewusst so, dass ich nicht als Homosexueller erkennbar bin», so Huber. «Um mich nicht in gefährliche Situationen zu begeben.» Spazierte er früher Händchen haltend mit einem anderen Mann durch die Stadt und kam ihm eine Gruppe Menschen entgegen, liess er die Hand manchmal los. «Heute versuche ich, mich bei solchen Begegnungen nicht veranlasst zu sehen, die Hand des anderen Mannes loszulassen.»

Das Politisieren hat bei beiden mit dem Outing begonnen. (Bild: ida)

Keiser pflichtet ihm bei. Auch sie habe Tage, an denen sie zögere, ihren Regenbogen-Pin zu tragen. «Oder an denen ich mir überlege, wo ich mit meiner Freundin Händchen halte – oder wo es Sinn macht, dass wir einfach nur Freundinnen sind.»

Die Akzeptanz gegenüber Homosexuellen sei in den letzten Jahren gewachsen, findet Huber – auch wenn es nach wie vor Menschen gebe, die täglich mit Homophobie konfrontiert würden (zentralplus berichtete).

Huber sagt, dass insbesondere die jüngeren Generationen mehr Akzeptanz einbringen. Er erzählt, wie er an Silvester mit Smokey Eyes in Hochdorf war und von 16-Jährigen Lob bekam. Oder wie ihn Sek-Schülerinnen beim Abstimmungskampf zur «Ehe für alle» als «Ehrenmann» betitelt haben. «Wenn ich mich zurückerinnere, als ich in der Oberstufe war, so wären Beleidigungen auf mich eingeprasselt.»

Sie wollen Transmenschen besser schützen

Vielleicht ist es aber nur zu einer Verschiebung gekommen. Huber sagt: «Werden Homosexuelle heute mehr akzeptiert, verlagert sich die Diskriminierung auf Transpersonen.» Keiser stimmt ihm zu. «Transidentität ist für viele Menschen ein Hirngespinst.»

In der Schweiz trat Anfang Jahr eine bedeutende Verbesserung für Transmenschen in Kraft. Sie können ihr Geschlecht und ihren Namen im Personenstandsregister einfacher ändern (zentralplus berichtete).

Dennoch gebe es viel zu tun, sagt Keiser. Etwa für einen vollumfänglichen Diskriminierungsschutz von Transmenschen. Vor zwei Jahren hat das Schweizer Stimmvolk der Erweiterung der Antirassismus-Strafnorm im Strafgesetzbuch zugestimmt.

Seit Juni 2020 verbietet diese Bestimmung nun auch homo- und bifeindliche Handlungen und Äusserungen. Obwohl die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates in ihrem ursprünglichen Vorschlag ein Verbot von Diskriminierung aufgrund der Geschlechtsidentität vorsah, wurde die Inklusion von Intergeschlechtlichen und Transmenschen in den parlamentarischen Verhandlungen verworfen.

«Man darf uns nicht nur durch die eine Linse sehen.»

Mario Huber

Für Keiser und Huber ist das unverständlich. Grössere Baustellen sehen sie in einer inklusiveren Sprache, aber auch in einem «inklusiveren Sexualkundeunterricht» an den Schulen. Das heisst: Aufklärung über sexuelle Orientierungen und Geschlechtsidentitäten. Aber auch, wie Analsex funktioniert oder dass es beim Oralsex nicht nur ein Kondom beim Blowjob braucht, sondern auch Lecktücher für Frauen gibt.

Nicht nur über den einen Themenschwerpunkt definieren

Kritikerinnen fragen: Weshalb gleich zwei, die neu im Juso-Vorstand für die LGBTQ-Community einstehen werden, für einen Prozentsatz, eine Minderheit?

«Man darf uns nicht nur durch die eine Linse sehen», sagt Huber. «Sicherlich betrifft uns der Kampf für LGBTQIA-Rechte direkt als Betroffene. Das ermöglicht uns mehr Einsicht als einfach ‹nur› darüber zu reden.»

Bei Keiser wie bei Huber war einer der entscheidenden Punkte, der Juso beizutreten, dass sich die Jungpartei für Minderheiten engagiert und soziale Ungerechtigkeiten bekämpft. Das Duo spricht Geringverdiener an – beide kommen aus Arbeiterfamilien –, Secondas und Sexarbeiter. «Dass im Parlament keine einzige Person sitzt, die aus Ex-Jugoslawien stammt, ist für mich beispielsweise unverständlich», sagt Mario Huber.

Verwendete Quellen
  • Medienmitteilung Juso Luzern
  • Persönliches Treffen mit Mario Huber und Karina Keiser
  • Parlamentarische Initiative «Kampf gegen die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung» von der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates
  • Twitter Account Mario Huber
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10 Kommentare
  • Profilfoto von Alpenkoenig
    Alpenkoenig, 21.02.2022, 12:34 Uhr

    Es ist die Strategie der Linken, möglichst vielen Randgruppen, gleichgültig wie verrückt sie sein mögen, Opferstatus und gesellschaftliche Bedeutung zu verleihen, ihre Gruppenidentität zu stärken und sie mit allein darauf bezogenen Rechten auszustatten. Auf diese Weise werden der innere Zusammenhalt dieser Gruppen und die Abgrenzung zur Mehrheitsbevölkerung gestärkt. Das Ergebnis ist eine Fragmentierung der Gesellschaft, das klassische «divide et impera», diesmal aber im Zeichen angeblicher Menschenfreundlichkeit und Opferfürsorge.

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    • Profilfoto von franziska.roten
      franziska.roten, 22.02.2022, 00:26 Uhr

      Empathieloses Zeug.

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    Remos, 20.02.2022, 09:57 Uhr

    Und wann setzt sich die JUSO/ Antifa eigentlich für die echten verfolgten in diesem Land ein?
    Pädophile können auch nichts für ihre Neigungen und sind Hass und Hetzt schutzlos ausgeliefert! Sie werden bei der freien Berufsausübung diskriminiert und an den Pranger gestellt!

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    Benno, 19.02.2022, 19:47 Uhr

    Das interessiert jetzt wirklich niemand
    Sowas uninteressantes, ist doch Wurst wie die Beiden leben

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  • Profilfoto von Hans Peter Roth
    Hans Peter Roth, 19.02.2022, 16:47 Uhr

    @Adrian Venetz: Sie haben insofern recht, als die Juso keine Wischiwaschi-Partei ist. Vermutlich sind die Mitglieder der dialektischen Denkschule zugeneigt, d.h. Sie können sie durchaus zu einer Meinungsänderung bewegen, aber nur wenn Sie die stärkeren Argumente vortragen.

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