Vor der Zuger Stadttunnel-Debatte

Jetzt kommt die grosse Chance der Befürworter

Der Kantonsrat hat nächste Woche eine historische Chance: Stimmt er dem Stadttunnel zu, kommt's zur Volksabstimmung. (Bild: Annette Iten)

Noch nie lag der Bau des Zuger Stadttunnels näher als jetzt. Nach fast 40 Jahren Diskussion fehlen nur noch zwei Hürden. Die erste wird der Kantonsrat nächste Woche sehr wahrscheinlich überwinden – in weiten Teilen der Zuger Politik ist jedenfalls so etwas wie Euphorie auszumachen.

Der 26. Februar 2015 könnte in Sachen Stadttunnel zu einem Meilenstein werden: Stimmt nämlich der Zuger Kantonsrat dem Kredit für den Stadttunnel in der zweiten und entscheidenden Lesung zu, darf endlich das Volk über das Mega-Strassenprojekt entscheiden. Und das nach jahrzehntelangen Diskussionen (zentral+ berichtete).

In den Kantonsratsfraktionen wird das Traktandum Stadttunnel erst noch diskutiert. Doch vor allem von bürgerlicher Seite her ist aufgrund der Debatte in der ersten Lesung mit wenig Gegenwind zu rechnen, wie eine Umfrage von zentral+ zeigt. Er denke, die SVP werde im Grundsatz zustimmen, erklärt zum Beispiel deren Fraktionschef Manuel Brandenberg. Einzig die vorübergehende Erhöhung der Motorfahrzeugsteuer schmeckt der Volkspartei nicht: «Das tut uns weh», sagt Brandenberg. Doch weil dieses Projekt eine einmalige Gelegenheit sei, werde die SVP wohl in den sauren Apfel beissen.

FDP-Fraktionschef Daniel Burch sagt, zwar stehe die Fraktionssitzung noch aus. «Doch ich gehe davon aus, dass eine Mehrheit zustimmen wird.» Noch keine Prognose abgeben will CVP-Fraktionschef Andreas Hausheer, zumal auf die neue Legislatur hin die Hälfte der CVP-Kantonsräte neu in der Fraktion sei.

Zügelloser Griff in die Staatskasse reduziert

Nicht restlos zufrieden mit dem Projekt Stadttunnel ist dagegen die Alternative – Die Grünen-Fraktion (ALG). Immerhin konnte «zumindest der systemfremde und erstmalige, zügellose Griff in die allgemeine Staatskasse des Kantons reduziert und dem Verursacherprinzip mehr zu Geltung verholfen werden». Was Gisler damit meint: Der Anteil aus der Motorfahrzeugsteuer wurde in der ersten Lesung erhöht.

Dennoch werde die ALG-Fraktion voraussichtlich nicht zustimmen, auch wenn er der Fraktionssitzung nicht vorgreifen könne, so Gisler. «Denn die Baudirektion sowie die Befürworter im Kantonsrat konnten uns nicht überzeugen, dass sie wirklich die Innenstadt ausreichend vom Verkehr befreien und mögliche negative Auswirkungen auf Aussenquartiere mit flankierenden Massnahmen begleiten will.»

SP-Fraktionschef Alois Gössi war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Gespannt auf die Schlussabstimmung

Vorberatend waren die Staatswirtschaftskommission (Stawiko) sowie die Tiefbaukommission am Geschäft Stadttunnel beteiligt. Kantonsrätin Gabriela Ingold präsidiert seit diesem Jahr die Stawiko. Sie erwartet nun mit Spannung die Schlussabstimmung zum Megaprojekt.

Daniel Burch, Präsident der Tiefbaukommission, geht davon aus, dass der Kantonsrat dem Geschäft zustimmt, «damit das Volk entscheiden kann». Es gebe keine bessere und günstigere Lösung, sagt Burch. «Wenn der Stadttunnel jetzt nicht vors Volk kommt, ist er wohl für die nächsten Jahrzehnte gestorben.»

«Stadtrat muss mit höherem Beitrag leben»

Zu reden gibt vor allem die Finanzierung des 890 Millionen Franken teuren Tunnels – vor allem der Anteil der Stadt Zug. Im Dezember beschloss der Kantonsrat, diesen Anteil von 60 auf 100 Millionen Franken zu erhöhen. Dagegen wehrten sich einige Stadtzuger Kantonsparlamentarier vergebens.

Vor der zweiten Lesung im Kantonsrat sagt nun Zugs Stadtpräsident Dolfi Müller: «Der Stadtrat muss und kann mit dem höheren Beitrag leben.» Wenn dieser höhere Anteil der Stadt dem Tunnel zum Durchbruch verhelfe, sei es die zusätzlichen 40 Millionen wert, sagt Müller. Er ist überzeugt: «Diese Investition bringt Zug einen grossen Nutzen und lohnt sich deshalb.»

Schlüsselinvestition für den Kanton

Natürlich seien 100 Millionen Franken viel Geld. Doch einerseits sei der Stadttunnel eine Schlüsselinvestition für den Kanton Zug und andererseits hätten solche Infrastrukturausgaben auch einen Gegenwert. «Dieses Geld wird nicht einfach ausgegeben und ist dann weg. Stadt und Kanton erhalten auch etwas zurück – und erst noch für Jahrzehnte.»

Nebst dem Betrag für den Tunnel kommen nach dessen Bau noch Investitionen in die Aufwertung der Stadt hinzu. Derzeit gehe man von 30 bis 40 Millionen Franken aus. «Das ist aber grob geschätzt», so Müller. Zudem werde dieses Geld erst nach dem Bau des Tunnels fällig, also Ende der 2020er-Jahre.

Abstimmung noch im Sommer

Landammann und Baudirektor Heinz Tännler ist hoch erfreut, dass der Stadtrat mit dem höheren Beitrag an den Tunnel leben kann. Nun erwarte er mit Spannung die Schlussabstimmung im Kantonsparlament. Denn so nah war die Zuger Politik einem Stadttunnel noch nie. «Seit 40 Jahren wird über ein Stadttunnel-Projekt diskutiert, doch es ist bis jetzt noch nie zu einer Debatte im Kantonsrat gekommen», sagt Tännler. Stimmt das Parlament zu, soll es noch in diesem Sommer zu einer Volksabstimmung kommen – das wäre dann die letzte Hürde für einen Stadttunnel.

Stadtpräsident Müller sagt, im Hinblick auf eine allfällige Abstimmung über den Stadttunnel müsse man der Stimmbevölkerung die Bedeutung dieser Investition klarmachen. «Wir müssen die Leute davon überzeugen, dass der Nutzen für die kommenden Generationen gross sein wird. Man darf sich von diesem zugegeben hohen Betrag nicht abschrecken lassen.»

Verursachergerecht finanzieren

Tännler ergänzt: Der Tunnel werde die Stadt aufwerten und den Verkehr kanalisieren. Nebst dem Nutzen eines Stadttunnels für die nächsten Generationen gehe es auch darum, dem Stimmvolk die Finanzierung zu erklären. «Denn betrachtet man die blanke Zahl von 890 Millionen Franken, ist das natürlich viel Geld.» Doch das Projekt werde verursachergerecht finanziert. Dazu gehören laut dem Baudirektor die temporäre Erhöhung der Motorfahrzeugsteuer, die Spezialfinanzierung Strassenbau sowie der Beitrag der Stadt Zug, die dadurch vom Verkehr entlastet wird. «Nur der kleinere Teil wird über die allgemeine Staatsrechnung bezahlt.»

Vor der zweiten Diskussion im Kantonsparlament herrscht also in weiten Teilen der Politik fast so etwas wie Euphorie und Jetzt-oder-nie-Stimmung. Sagt eine Mehrheit der Kantonsräte tatsächlich Ja zum 900-Millionen-Projekt, müssen die Politiker aber erst noch beweisen, dass sie die Bevölkerung von einem Stadttunnel wirklich überzeugen können.

 

Zahlungsmodalitäten anpassen 

Im Nachgang zur ersten Lesung im Kantonsrat schrieb der Zuger Stadtrat der Kantonsregierung einen Brief, weil er mit den festgelegten Zahlungsmodalitäten nicht einverstanden war. Der Stadtrat schlägt vor, die städtischen Zahlungen anstatt in drei fixen Raten aufgrund des Baufortschritts zu leisten. Das entspreche den üblichen Finanzierungsformen im Bauwesen, erklärt Stadtpräsident Dolfi Müller. Dem Stadtrat sei es wichtig, dass die Stadt den Zahlungsplan für den Stadttunnel selber bestimmen könne und Zahlungen nicht im Voraus geleistet werden müssten.
Der Regierungsrat ist mit dem Vorschlag des Stadtrates einverstanden. Baudirektor Heinz Tännler bestätigt die Berücksichtigung der üblichen Norm und spricht von einem Entgegenkommen an die Stadt Zug, die einen höheren Beitrag an den Stadttunnel leisten soll als zu Beginn vorgesehen. Die Regierung wird dem Kantonsrat deshalb nun die geänderten Zahlungsmodalitäten beantragen.

 

 

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