Veröffentlichung von Wahlliste sorgt für Kritik

Ist für Urs Raschle der Stadtrats-Traum vorbei?

Die Wahlliste von Stadtratskandidat Urs Raschle auf Facebook. Seine Aktion verärgerte die Bildungsvorsteherin Vroni Straub-Müller. (Bild: Montage zentral+)

Urs Raschle will für die CVP neu in den Zuger Stadtrat. Auf Facebook veröffentlicht er seine persönliche Wahlliste und zeigt damit, dass er ausschliesslich bürgerliche Männer wählt. Das verärgert nicht nur die amtierende Stadträtin Vroni Straub-Müller, sondern löste auch einen Shitstorm aus. Bedeutet diese Aktion gar sein Aus?

In Zug geht der Wahlkampf in die letzte Runde. Am 5. Oktober ist Stichtag und die Kandidatinnen und Kandidaten versuchen noch mit allen Mitteln, die Gunst der Wählenden auf ihre Seite zu ziehen. So wollte am Sonntagabend auch CVP-Stadtratskandidat Urs Raschle für seine Person werben und veröffentlichte kurzerhand seine persönliche Wahlliste auf Facebook. Diese löste einen Shitstorm aus, und das machte am Montagmorgen auch im Stadtrat und der Stadtverwaltung die Runde. Ist das nun das Ende von Raschles Stadtrat-Traum? Und damit auch von der CVP, die nach vier Jahren ohne Sitz wieder in die Stadtzuger Exekutive will?

Ein deutliches Signal für alle Frauen

Auf seinem Wahlzettel steht zuoberst er selbst – Urs Raschle. Auf den anderen Plätzen der Wahlliste erscheinen der amtierende Bauchef André Wicki von der SVP, der Finanzvorsteher Karl Kobelt von der FDP sowie die beiden neuen Kandidaten Stefan Moos (FDP) und Jürg Messmer (SVP). Dass Raschle als Mitglied vom Verein «Bürgerlicher Stadtrat 2014» (BS14!) für eine bürgerliche Merheit im Stadtrat stimmen würde, überrascht nicht. Dennoch: Dass der junge Politiker und Geschäftsführer von Zug Tourismus seine Liste öffentlich macht und keine einzige Frau im Stadtparlament haben will, löst Empörung aus.

CVP und CSP in Zug

Wie Andreas Bossard ist auch Vroni Straub-Müller in der CSP, der Christlich Sozialen Partei der Stadt Zug. Die Christlichsozialen politisierten ursprünglich an der Seite der CVP Zug. 1998 wurde die eigenständige Partei gegründet. Heute politisiert sie an der Seite der Grün-Alternativen und bildet mit ihnen im Grossen Gemeinderat eine Fraktion.

Die amtierende Zuger Bildungsvorsteherin Vroni Straub-Müller ist verärgert: «Diese Veröffentlichung der Liste war unsensibel von einem potentiellen Stadtrat und nicht staatsmännisch.» Und sie ergänzt: «Es hat mir aber auch weh getan.» Für alle Frauen sei das ein eindeutiges Signal: «Sie können verwalten, aber die Führung müssen die Männer übernehmen.» Damit spricht sie auch auf die Geschlechterverhältnisse in der Zuger Vewaltung an. «Rund siebzig Prozent der Verwaltungsangestellten sind Frauen», sagt Straub.

Ausserdem sei dies der Beweis dafür, dass BS14! nicht nur eine bürgerliche Mehrheit haben wolle, sondern gar einen rein bürgerlichen Stadtrat, so Straub. «Die ursprüngliche Idee von BS14! war es, drei oder vier Sitze zu gewinnen, und nicht fünf.»

Etwas Bescheidenheit wäre angebracht

Der amtierende Stadtrat Andreas Bossard von der CSP – er tritt auf Ende Jahr zurück – sagt gegenüber zentral+: «Diese Veröffentlichung der Wahlliste hat mich sehr befremdet. Ich bin schon seit rund dreissig Jahren in der Politik und es hat noch nie jemand gewagt, seinen Stimmzettel zu veröffentlichen.» Besonders, dass Raschle sich selbst an erste Stelle setze, sei unklug, so Bossard. «Hier hätte er etwas Bescheidenheit an den Tag legen können», sagt der Vorsteher des Departements für Soziales, Umwelt und Sicherheit (SUS).

Für Bossard ist klar, dass diese Aktion Folgen haben könnte für die Wahl von Urs Raschle. «Er zeigt nun sein wahres Gesicht und will wohl tatsächlich ein reines Männerkabinett in der Stadt Zug.» Er ist deshalb überzeugt: «Das kostet ihn sicher Stimmen, vor allem auch jene von Frauen.»

Offen, ehrlich, transparent

Auf Anfrage von zentral+ nimmt Urs Raschle Stellung zu dieser Kritik: «Man kann vielleicht sagen, dass es etwas naiv war, die Wahlliste zu veröffentlichen. Aber ich bin damit offen, ehrlich und transparent. Das ist mein Anliegen.» Es sei ihm bewusst, dass gewisse Stadtzuger mit seiner Mitgliedschaft bei BS14! ein Problem hätten und er wisse auch, dass ihn gewisse Personen deshalb nicht wählen würden. 

«Es kann sein, dass mich diese Veröffentlichung meinen Kopf kostet.»

Urs Raschle, Stadtratskandidat CVP Zug

Für ihn gilt aber dennoch unbestritten: «Wer A sagt, muss auch B sagen.» Soll heissen: Er habe sich entschieden, die bürgerlichen Kandidaten von BS14! zu unterstützen, also mache er das auch konsequent und stehe dazu. Er ist sich den möglichen Konsequenzen seiner Aktion bewusst: «Es kann sein, dass mich diese Veröffentlichung meinen Kopf kostet. Aber dann wäre ich sowieso am falschen Ort, denn wenn Ehrlichkeit und Offenheit in der Politik nicht mehr gefragt sind, haben wir ein Problem.» 

Der Aussage von Straub-Müller, die in Raschles Wahlliste eine Diskriminierung der Frauen sieht, entgegnet Raschle: «Es geht mir nicht darum, gegen Frauen zu stimmen.» Während seinen elf Jahren als Geschäftsführer von Tourismusorganisationen in Einsiedeln und Zug habe er ausschliesslich Frauen in seinem Team gehabt. Auch seine Nachfolge bei Zug Tourismus werde eine Frau antreten, und er habe sie selbst aufgebaut, sagt Raschle.

Auch die glp distanziert sich

Auch auf Facebook liessen die Kommentare nicht auf sich warten. So schrieb die Stadtratskandidatin Jolanda Spiess-Hegglin (Alternative – die Grünen): «Dass sogar der CVP-Vorzeigling die politische Leistung von Vroni Straub-Müller ignoriert, macht mir Bauchweh.» Der Kantonsratskandidat der Grünliberalen aus Walchwil, René Schmid-Bill, sagte: «DIE Alternative für die Bürgerlichen ist die Grünliberale Partei im Kanton Zug, da hat man was Nachhaltiges und ist auch bürgerlich. Sicher nicht die SVP!» Der Baarer SVP-Kantonsrat Beni Riedi ist anderer Ansicht: «Zum Glück darf in der Schweiz jede und jeder so wählen und abstimmen wie er oder sie will. Dass sich gewisse Leute deswegen empören, zeigt, wie sie zur direkten Demokratie stehen.»

Ob der CVP mit Raschle die Rückkehr in die Zuger Exekutive dennoch gelingen wird, zeigt sich in zwei Wochen. Nachdem die Partei vor vier Jahren den Sitz aufgrund einer unglücklichen Wahltaktik verlor, will sie unbedingt zurück. Und die Chancen von Urs Raschle wurden bisher als relativ gut eingeschätzt (zentral+ berichtete).

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4 Kommentare
  • Profilfoto von daniel.wehner
    daniel.wehner, 23.09.2014, 20:34 Uhr

    Seinen Wahlzettel zu veröffentlichen ist in der Schweiz tabu. Ich fand es zuerst einen Fauxpaux, als ich das gelesen habe. Aber je länger ich nachdenke, finde ich, dass der Herr Raschle eigentlich Mut hat. Er hat ein Tabu gebrochen und ein wenig Leben in diesen Wahlkampf gebracht. Andererseits ist es politisch nicht gerade klug, denn er braucht auch Stimmen aus der Mitte und von links, um gewählt zu werden. Da ist so eine eindeutige und einseitige Positionierung nicht sehr klug.
    Ich bin zwar aus Luzern, kenne aber auch Zug gut von meiner Grossmutter, wo dort lebte. In Luzern sind nächstes Jahr auch Wahlen. Wieviele Leute werden bei uns ihren Wahlzttel im Internet veröffentlichen?

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  • Profilfoto von Anton Saxer Stadtzuger
    Anton Saxer Stadtzuger, 23.09.2014, 11:48 Uhr

    Da scheint jemand auf Facebook etwas naiv seine Meinung kundzutun und newsgeil wie wir nun mal sind ereifern wir uns darüber ….
    In Fettnäpfchen zu treten ist aber nicht das Vorrecht der bürgerlichen (Möchtegern-) Politiker. Das lehrt uns die Vergangenheit mit vielen Beispielen.
    Eigentlich ist es ja auch egal wer die Wahlen gewinnt. So oder so sind es nicht die Besten, sondern die, welche sich in einer Partei «hochgearbeitet» haben und somit Anspruch auf ein Amt erheben dürfen.
    Leider sind sich die wenigsten Wähler dessen bewusst.
    Mein Résumé darf sich jeder Leser selbst ausmalen …

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  • Profilfoto von Hubi
    Hubi, 22.09.2014, 22:03 Uhr

    Wieder einmal versucht man einen Politiker medial in die Pfanne zu hauen. Schade!
    Und, ob nun männliche oder weibliche Namen auf dem Wahlzettel stehen sollte heute doch keine Rolle mehr spielen, oder? Mir scheint, da stecken gewisse Leute noch im Zeitalter der Diskriminierung, nun aber mit umgekehrten Vorzeichen – das macht’s auch nicht besser.

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  • Profilfoto von GBRUHIN
    GBRUHIN, 22.09.2014, 18:23 Uhr

    Ich kann nur den Kopf schütteln ab den leeren Vorhaltungen, die Urs Raschle an den Kopf geschmissen worden sind. Ich selbst bin in der SVP und habe einige Punkte, die ich inhaltlich mit Urs Raschle nicht teile, gewählt habe ich ihn aber trotzdem. Weil er ein anständiger, transparenter und ehrlicher Mensch ist. Das ist mir wichtig. Wenn die Argumente ausgehen, dann wird auf Personen geschossen. In diesem Fall auf Urs Raschle, aber bitteschön, was sind das für Argumente? Ich halte mit folgendem dagegen:

    1. Mann oder Frau ist völlig egal. Es müssen die 5 Besten sein. Sagte unter anderem auch SP-Stadtratskandidat Urs Bertschi an die Adresse von Jolanda Spiess›. Stadträtins Straub’s Aussage ist daher völlig deplatziert und meiner Meinung nach rein wahltaktisch.

    2. Stadtrat Bossard geht offiziell in seiner Funktion als Vorsteher SUS auf Plakatjagd anderer Parteien und sucht nach Gründen, dass diese abgehängt werden müssen. Seine Stadtrats- und Parteikollegin Straub plakatiert aber ebenfalls an nicht wasserdichten Stellen und sogar an den Schulhäusern (anderen Parteien ist das Plakatieren an öffentlichen Gebäuden der Stadt Zug verwehrt). Soviel zu Moral, Gleichbehandlung und Augenmass der beiden Stadträte. Man hole sich zusätzlich Stadtrat Bossard’s Verfehlungen im Fall Romer zurück vor Augen, die er in der Presse selbst eingestanden hat. Er ist kaum der Richtige, der öffentlich den Moralapostel spielen muss.

    3. Die Aussagen der Linken zum bürgerlichen Stadtrat sind einfach nur lächerlich. 2010 sind 5 verschiedene Linke angetreten und haben damit auf die Vollbesetzung des Stadtrates Anspruch erhoben. Die bürgerlichen Parteien sind alle mit je drei Kandidaten angetreten. 2014 treten die Linken mit 4 Kandidaten an und erheben damit Anspruch auf 80% des Stadtrates. Sie behaupten BS14! hätte nicht das Recht mit 5 Kandidaten anzutreten, weil das nicht dem bürgerlichen Wähleranteil entspräche. Liebe Linke, die DDR Zeiten sind vorbei, Wähleranteile werden nicht im Voraus festgelegt. Sondern alle 4 Jahre vom Souverän, dem Volk mit einer demokratischen Wahl. Das Volk hat eine Auswahl, wer gewählt wird, wird nicht im Voraus bestimmt. Es zeigt sich hier ein höchst bedenkliches Demokratieverständnis.

    4. Ich kenne kein Gesetz, dass verbietet seinen Wahlzettel vorab publik zu machen. Woher sollte das in Ordnung sein? Schreien die Linken nicht immer nach Transparenz? Es schreit auch kein Hahn, dass Stadtrat Bossard mit seinen öffentlichen Auftritten und Leserbriefen, in den letzten Monaten das Kollegialitätsprinzip arg strapaziert. Was für mich um ein vielfaches schlimmer ist!

    Urs Raschle hat sich transparent und ehrlich Verhalten. Es gibt keinen Grund ihm Vorhaltungen zu machen, ausser man möchte in böser Absicht Wahlkampf betreiben und daher gegen Personen schiessen. Lassen Sie sich nicht von solchen Heckenschützen beeindrucken, liebe Leserinnen und Leser. Die bürgerlichen Kandidaten sind die richtige Wahl für die Stadt Zug. Wer Ja sagt, zu gesunden Stadtfinanzen, guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die soziale Absicherung ermöglichen, der sagt Ja zu den bürgerlichen Stadtratskandidaten André Wicki, Jürg Messmer, Karl Kobelt, Urs Raschle und Stefan Moos.

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