Gerhard Pfister ist neuer CVP-Schweiz-Präsident

«Ich möchte am Erfolg gemessen werden»

Gerhard Pfister legt die Karten gerne auf den Tisch, jetzt auch über Religiöses.

(Bild: Manuel Lopez)

Jetzt sind die Ergebnisse da. Der Zuger Nationalrat Gerhard Pfister stellt sich der Delegiertenversammlung der nationalen CVP in Winterthur und sagt: «Ich habe viele Fehler.» Nur dass er der einzige Kandidat ist, das sei nicht seiner. Sein Ziel: Wahlerfolg für die CVP. Dafür wolle er alles unternehmen, «was einigermassen ethisch vertretbar ist».

Er sieht nicht besonders glücklich aus. Gerhard Pfister sitzt oben auf dem Podium, in einem der weissen Sessel, und muss warten. Gerade hatte er drei Minuten Zeit, die versammelten CVP-Delegierten aus der ganzen Schweiz von seiner Kandidatur zu überzeugen. Er hat sie ausserordentlich gut genutzt – kein Wunder, wird er als bester Redner im Parlament gehandelt. Die Rede im Kongresshaus Winterthur ist kurz und knapp, wirkt ehrlich und geradeheraus.

Jetzt muss er warten, bis alle anderen Kandidaten mit ihrer Vorstellungsrunde durch sind: Für die Posten der Mitglieder des erweiterten Präsidiums gibt’s eine ganze Reihe von Kandidaten – im Gegensatz zur Position des Präsidenten. Pfister ist der einzige Kandidat. Die Vorstellungsrunde dauert noch bis am Mittag. Erst am Nachmittag gibt’s ein Feedback auf Pfisters kurze Rede – die Verkündigung des Wahlresultats.

Der Zuger Nationalrat hat die Karten auf den Tisch gelegt. «Ich habe viele Fehler», sagt er, «aber es ist nicht mein Fehler, dass ich der einzige Kandidat bin.» Es sei ihm klar, dass man Vorbehalte gegenüber seiner Kandidatur haben könne, sagt Pfister. «Ich hatte bis vor Kurzem selber noch welche.» Der Saal lacht. «Aber ich möchte diejenigen, die meiner Kandidatur zweifelnd gegenüberstehen, bitten: Sagt mir, was Ihnen in dieser CVP besonders am Herzen liegt. Ich kann nicht versprechen, dass ich alles umsetzen werde. Aber ich verspreche, dass ich alles tun werde, um die CVP zum Erfolg zu führen.» Sagt er und setzt auch gleich die Messlatte an: «Ich möchte am Erfolg gemessen werden. Nicht heute und nicht in einem Jahr. Aber spätestens 2019 bei den nächsten Wahlen.»

Hart, ehrlich, aber auch ein bisschen gefährlich

Pfister schafft es, in drei Minuten das Thema seiner streitbaren Person so zu setzen, dass es verstanden wird: hart, persönlich, ehrlich, aber auch ein bisschen gefährlich. «Ich werde alles dafür tun, was einigermassen ethisch und rechtlich vertretbar ist, um den Erfolg zu erreichen.» Sagt er tatsächlich. Ein Witz? Natürlich. Oder? Ziemlich sicher. Klar ist: Pfister meint es ernst mit dem Erfolg.

Klar ist auch: Die CVP lässt sich mit ihm auf den Wandel ein. Pfister wirkt nicht so, als sei er angetreten, um nichts zu unternehmen. Wenn Christophe Darbellay, der abtretende Präsident, in seiner Abschiedsrede sagt, «die CVP wird keinen Kurswechsel eingehen», klingt das eher nach Beschwörung als nach Überzeugung. Und als der Walliser nachdoppelt: «Ich werde mir Mühe geben, an jeder Generalversammlung mit dabei zu sein», munkelt man grinsend zwischen den Tischen: Ist das eine Drohung? Trotzdem – Pfister ist auch für seinen Vorgänger gesetzt. Darbellay vor der Wahl: «Gibt es noch andere Kandidaten? Bitte nicht, sonst wird es kompliziert.» Der Saal lacht. Die Wahl ist schon gegessen.

«Du hast bei Doris schlicht zu wenig zu essen bekommen.»

Gerhard Pfister zu Christophe Darbellay

Pfister kommt bei den Delegierten gut an. Wirkt bei seiner Rede kernig, aufgetaut, ist bei sich, bietet keine Chance zur Kontroverse. Der wütende, schwierige Pfister ist heute nicht da, über den so viel geschrieben wurde (zentralplus berichtete). Heute ist der überzeugende Pfister da. «Ich habe mir lange überlegt, ob ich das wirklich machen soll», sagt er nach Darbellays Abschiedsrede, «und wie du das schaffst, nach zehn Jahren Parteipräsidium noch so schlank und rank zu sein.» Sagt er und der Saal weiss schon, wo das hinzielt – gerade hatte sich Darbellay im Scherz übers Essen bei Bundesrätin Doris Leuthard beschwert («Wein gab’s immer genug, aber …») Pfister: «Du hast bei Doris schlicht zu wenig zu essen bekommen.»

Dann schnappen sich die CVP-Delegierten ihre Wahlzettel – ihren neuen Präsidenten könnten sie eigentlich auch per Applaus wählen.

«Der Erfolg der Schweiz ist auch ein Erfolg der Christdemokratie.»

Gerhard Pfister

Und dann, nach drei Stunden, geht das Warten für Gerhard Pfister zu Ende: Die Grossleinwand zeigt ihn gespannt in der Reihe sitzend, neben ihm Bundesrätin Doris Leuthard. Und dann jubelt der Saal: Mit 343 von total 376 Stimmen wird Pfister zum Präsidenten der CVP Schweiz gewählt.

Für einen neuen Parteipräsidenten braucht’s ein wenig Krach: Die Trychlergruppe Oberägeri macht ohrenbetäubenden Lärm, um der Sache ritualmässig gerecht zu werden. Darbellay überreicht den Stab mit den Worten: «Es ist ein Scheiss-Job, aber ein schöner.» Und Gerhard Pfister zeigt auf, wie er den Erfolg für die CVP aufgleisen will. «Wir werden jetzt die Debatte darüber lancieren, wo es in Zukunft hingehen soll», sagt er, «und dazu wollen wir alle Interessierten einladen. Wir wollen uns diese Zeit nehmen, um das Projekt CVP 2025 anzugehen und festzustellen, was euch wichtig ist.» Denn die Stärken der Schweiz seien die Stärken der CVP, so Pfister. «Und der Erfolg der Schweiz ist auch ein Erfolg der Christdemokratie.»

Sagt er und sendet dann versöhnliche Signale in Richtung linker Flügel: «Die Stärke der CVP ist die Vielfalt der Partei. Sie macht uns zur einzig wahren Volkspartei der Schweiz.» Dazu passt die Trachten- und Trychlertruppe und auch das Geschenk, das Pfister von seiner Heimpartei bekommt, der CVP Oberägeri: eine Hellebarde. Ein bisschen plagiiert wirkt das schon. Aufbruch in Richtung SVP? Jetzt mal halblang. Pfister hält die Waffe in der Hand, küsst gleichzeitig die Überbringerin eines Blumenstrausses und man macht sich kurz Sorgen bei der ganzen Aufregung auf der Bühne, aber es kommt alles gut. Pfister lacht und sagt: «Ich habe soeben ein weiteres Führungsinstrument erhalten.» Ein Scherz? Diesmal bestimmt.

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