Brennpunkt Bundesratswahl
Erster Auftritt von Zuger Bundesratskandidat

«Ich kann Verantwortung tragen» – nun spricht Martin Pfister

Martin Pfister: von Baar ins Bundeshaus? (Bild: mik)

Bisher hat Martin Pfister öffentlich zu seiner Bundesratskandidatur geschwiegen. Am Donnerstag hat sich der Mitte-Regierungsrat in Baar erstmals den neugierigen Fragen der Journalisten gestellt.

Während sein Konkurrent Journalisten zu sich nach Hause einlädt und Interviews gibt, verhängt der Zuger Bundesratskandidat Martin Pfister erst mal Funkstille (zentralplus berichtete). Dabei wäre Pfister im Zugzwang: Während Bauernpräsident Markus Ritter national und im Bundeshaus bekannt ist, ist der Gesundheitsdirektor des Kantons Zug in Bern weitestgehend ein Unbekannter.

«No-Name», «Martin wer?»,  «Pseudo-Auswahl»: Das sind nur einige der Begriffe, die nach seiner Kandidatur gefallen sind. Umso gespannter schaut die Öffentlichkeit deshalb auf seine Medienkonferenz am Donnerstag, wo er sich seit der Ankündigung zum ersten Mal den Medien stellt. Als Ort hat sich der Allenwinder die Rathus-Schüür in Baar ausgesucht, seiner Wahlheimat.

Journalisten aus der ganzen Schweiz vor Ort

Eine halbe Stunde vorher trifft er ein, wird von Parteikollegin Manuela Käch mit einem «Und, besch parat?» begrüsst, schüttelt erste Hände und lässt sich ein erstes Mal ablichten. Danach verschwindet er vor dem Start eine halbe Stunde in den oberen Stock, während Mitte-Kollegen wie der kantonale Präsident Peter Rust die eintreffenden Journalisten in Empfang nehmen. Auch der Baarer Gemeindepräsident Walter Lipp liess es sich nicht nehmen, der Medienkonferenz beizuwohnen.

Im unteren Stock warten sechs Kameras, mehr als zwei Dutzend Journalistinnen und sieben Mikrofone auf Pfister. Als er herunterkommt, herrscht bereits Spannung, als er nur die Dokumente auf den Tisch legt. Manuela Käch begrüsst die Anwesenden mit einem «Herzlich willkommen zur langersehnten Medienkonferenz», worauf sie ein paar leise Lacher erntet. Dann gehts los.

Die Rathus-Schüür in Baar war rappelvoll mit Journalisten, die gespannt auf Martin Pfister warteten. (Bild: mik)

In einer kurzen Anmoderation streicht der Zuger Mitte-Präsident Peter Rust nochmal Pfisters Vorzüge hervor: loyal, integer, Brückenbauer, Teamplayer, ausserordentliche Dossierkenntnis. Alles Begriffe, die ihm auch andere Zuger Politkollegen zuschreiben (zentralplus berichtete). «Martin Pfister mag in euren Augen zwar nicht in der Poleposition sein. Wir stehen jedoch noch ganz am Anfang», kündigt Rust an.

Das ist Pfisters Vision der Schweiz

Der «grosse Unbekannte», Martin Pfister, eröffnet mit: «Ich bin tatsächlich gross gewachsen, und über die Kantonsgrenze hinaus kennen mich nur wenige. Ich freue mich daher auf die kommenden Wochen, in denen ich mich mit eurer Hilfe der Bevölkerung vorstellen kann.» Er sei keiner, der hastig Entscheidungen treffe, und habe seine Kandidatur sorgfältig abgewogen, so Pfister. «Ich sage mit viel Respekt und Demut: Ich will Bundesrat werden. Ich liebe das Gestalten. Ich kann Verantwortung tragen und Führungsarbeit leisten.»

Er setze sich für eine Schweiz ein, die ihre «innere Mitte» behält. Für eine Schweiz, die viel Wertschöpfung generiere, trotzdem soziale Verantwortung trage und liberale Werte verinnerliche. Als Oberst habe er viel Zeit auf Waffenplätzen verbracht. Die Kaserne sei ihm wohl heute noch vertrauter als die Gänge im Bundeshaus. Jedoch finde er die Aussicht, das Verteidigungsdepartement (VBS) zu übernehmen, «reizvoll und motivierend». Als Erstes würde er das VBS sorgfältig ergründen und analysieren, um herauszufinden, welche Probleme er zuerst anpacken wolle.

Zwischen den einzelnen Absätzen seiner Rede hält er inne und wiederholt das Wichtigste in Französisch. Wohl, um sich von seinem Konkurrenten Markus Ritter abzuheben, dessen starker Akzent für Kritik gesorgt hätte, wie etwa «20 Minuten» berichtete. Im Verlauf der Medienkonferenz beantwortet er die Antworten der französischsprachigen Journalisten einigermassen flüssig, stockt jedoch zum Teil auf der Suche nach dem passenden Wort und muss einmal Manuela Käch zur Hilfe holen, um die Frage zu verstehen. Die eine englische Frage beantwortet er etwas flüssiger – womit er bei den Sprachkenntnissen mehr punkten kann als Ritter.

Vorbereitung vor Schnellschüssen

Die grosse Frage, warum er die Öffentlichkeit zuerst noch warten liess, begründet Pfister mit Vorbereitung. Der Entscheid sei sehr kurzfristig gefallen, weshalb er sich zuerst gut vorbereiten hätte wollen. «Zudem gab es auch Ihnen die Möglichkeit, die Archive zu konsultieren, bevor Sie mir Fragen stellen.» Als Verteidigungsminister müsse er zum Teil schnelle Entscheide fällen, er nehme sich jedoch gern viel Zeit. Wie passe das zusammen? Auch hier müsse man sich zuerst Zeit nehmen, um Entscheide zu treffen. «Aber ich habe Erfahrung, die es mir erlaubt, hier schneller zu sein», verspricht Pfister.

Martin Pfister stellt sich den Fragen der Journalisten. Links im Bild: der Zuger Mitte-Präsident Peter Rust. (Bild: mik)

Auch auf seine jetzige Situation kamen die Journalisten zu sprechen, etwa die doppelte Belastung von Wahlkampf und dem Amt als Regierungsrat. Das sei eine grosse Herausforderung, gibt auch der 61-Jährige zu. Er habe sich aber vorgenommen, alle Aufgaben trotzdem noch wahrzunehmen. «Der Vorteil an dieser Kandidatur ist, dass der Wahlkampf nicht so lange geht. Aber es ist auch ein Test, ob ich die Leistungsfähigkeit eines Bundesrats habe.»

Trotzdem schliesse er sich seinem Konkurrenten Ritter nicht an, der in einem Interview mit dem «Tages-Anzeiger» von 80-Stunden-Wochen geredet hat. «Ich habe immer gesagt: Ein Regierungsrat muss auch noch ein Buch lesen können. Man muss sicher viel arbeiten können. Aber man muss sich ebenso noch Zeit für andere Dinge nehmen.»

Zusammenarbeit, aber auf Distanz

Die Journalisten löcherten ihn auch mit nationalen Sachfragen, zu denen er bisher kaum Stellung nehmen musste: EU, Nato, Probleme der Armee, ob er als Zuger überhaupt sparen könne, wie es der Bund müsse. Da zeigte sich sein Mitte-Profil: kein EU-Beitritt, aber bilaterale Beziehungen mit einer wichtigen Handelspartnerin. Kein Nato-Beitritt, aber Zusammenarbeit, da das Bündnis für die europäische Sicherheit wichtig sei. Die Armee brauche mehr Geld, aber zuerst müsse er sich ins Dossier einlesen. Sparen könne er, beim Amtsantritt 2016 hätte Zug ebenfalls Sparpakete schnüren müssen (zentralplus berichtete).

In Bern kursiert die Idee, die Löcher der Armeekasse mit mehr Gelder aus den Mehreinnahmen der OECD-Steuer zu stopfen. Könnte er als Verteidigungsminister entgegen der Zuger und seiner persönlichen Meinung agieren? In einem Regierungsgremium gelte Kollegialitätsprinzip, damit habe er keine Mühe.

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Mehr Mühe hat Pfister damit, wenn in einer Regierung Blöcke entstehen. «Eine Regierung muss integrierend sein. Sonst wäre es ja eine Alibiübung, Leute in die Regierung einzubinden, die nie etwas machen können.» Sollte der Bundesrat tatsächlich von einem Vierer SVP-FDP-Block dominiert sein, wäre sein grosses Ziel, hier eine Kollegialregierung zu schaffen.

So unterscheidet er sich von Markus Ritter

Mehrmals wird der Vater von vier erwachsenen Kindern auch gefragt, wie er sich vom Konkurrenten Markus Ritter abhebe und welche Parteien er umgarnen wolle. Der Bauernpräsident Ritter punktet bisher vor allem bei der sogenannten «Geld und Gülle»-Allianz, also Wirtschafts- und Bauernverbände, FDP und SVP.

Diese hat aber Pfister noch nicht abgeschrieben, wie er verrät: «Ich bin überzeugt, ich bin auch für die SVP ein wählbarer Kandidat.» Vorwiegend wolle er aber mit allen sprechen, auch mit den linken Parteien. Sein politisches Profil beschreibt er als «Politik der Mitte», liberal, wirtschaftlich, aber auch sozial. «Ich muss alle Ideen integrieren und anhören, erst dann fälle ich Entscheide.»

Von Ritter unterscheide ihn vor allem seine Persönlichkeit, Erfahrung und Herkunft. Er bringe viel Exekutiverfahrung mit, gerade auch aus den Kantonen, die eine wichtige Rolle im föderalen System spielten. Zudem stamme er aus der Zentralschweiz, einer lange nicht mehr vertretenen Region im Bundesrat. Und er vertrete eine urbane Region und einen Geberkanton, deren Perspektiven in der Landesregierung weniger vertreten seien.

Zudem verrät er den Journalisten, dass er wohl zwei Legislaturen Bundesrat bleiben wolle, und das im selben Departement. «Man braucht ein gewisses Commitment für die Aufgabe, die man übernimmt. Sieben Jahre braucht es, um mit einer gewissen Perspektive zu führen und Verantwortung für seine eigenen Entscheide zu übernehmen.»

Nach rund 50 Minuten ist die Fragerunde vorbei, danach stellt sich Pfister den Einzelinterviews. Den ersten von wohl vielen in den kommenden Wochen.

Verwendete Quellen
  • Teilnahme Medienkonferenz am 6. Februar in Baar
  • Artikel von «20 Minuten» zur Kritik an Ritters Französisch
  • Interview «Tages-Anzeiger» mit Markus Ritter
  • zentralplus-Medienarchiv
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