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Im Kanton Zug warten geflohene Menschen aus der Ukraine teilweise seit drei Wochen auf Sozialhilfegelder. Lange war kantonsintern unklar, wo die Zuständigkeit lag. Nun reden die Verantwortlichen.
Am Montagabend hatte die Direktion des Innern zu einer Informationsveranstaltung für Gastfamilien eingeladen. Es sollten Fragen zur Unterbringung von Geflüchteten aus der Ukraine geklärt werden (zentralplus berichete). Der Direktionsvorsteher Andreas Hostettler, und der Leiter der Sozialen Dienste Asyl, Christian Murbach, fanden sich beide in der Bredouille wieder.
Mehrere Gastgeberinnen berichteten, dass die Geflüchteten, die sie beherbergen, auch nach drei Wochen noch keine Sozialhilfegelder erhalten hatten. Die Verantwortlichen waren zunächst eher ratlos.
Die betroffenen Gastgeber hatten zentralplus an diesem Abend berichtet, wie sie zwischen Kanton und Gemeinden hin und her geschickt wurden. Niemand schien genau zu wissen, wer nun für die Zahlungen zuständig war.
Andreas Hostettler gab auf Anfrage zu, es sei ungünstig gewesen, dass auch kantonsintern Leute nicht gewusst hatten, wer zuständig war. Die Kantone würden aber auch nicht aktiv vom Bund informiert. Man müsse sich die Informationen selber organisieren, fügt er an und bittet um Verständnis. «Das ist eine noch die dagewesene Situation, es ist brutal», sagt er.
Neue Strukturen führen zu Verwirrung beim Kanton
Die Organisation der Unterkünfte und die Betreuung der Gastfamilien kann der Kanton nicht selbst bewerkstelligen. Er arbeitet deswegen mit der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH) und der Caritas Luzern zusammen. «Der Kanton muss sich auch erst organisieren. Der Status S, den die ukrainischen Geflüchteten erhalten, ist ein völlig neues Modell», beteuert Hostettler. Solche Kooperationen müssten sich erst einspielen, ergänzt er.
Ganz neu ist der Status S zwar nicht - er wurde eingeführt, um auf den Zustrom von Flüchtenden während der Jugoslawienkriege zu reagieren. Er wurde in den letzten knapp dreissig Jahren aber auch nicht mehr genutzt. Der Leiter der Abteilung Asyl, Christian Murbach, präzisiert: «Nein, unbekannt ist der Status nicht, aber die Geschwindigkeit, mit der wir konfrontiert wurden, war überwältigend. Ein Tag nach der Mitteilung des Bundesrats, dass die Geflüchteten aus der Ukraine den Status S erhalten würden, hatten wir die ersten Zuweisungen».
Andreas Hostettler betont, man habe sich beim Kanton bemüht, möglichst rasch und transparent zu handeln. Der Kanton habe sofort eine Infohotline eingerichtet und auch bekannt gegeben, wie hoch das Sozialhilfegeld für Geflüchtete mit Status S ausfalle. Eine Einzelperson erhält im Kanton Zug 458 Franken pro Monat für die Deckung des Grundbedarfs, eine dreiköpfige Familie 1241 Franken.
Ende der Woche soll das Geld da sein
Es bleibt die Frage, wann endlich die Zahlungen auf den Konten eintreffen. Denn Kosten, welche die Geflüchteten nicht decken können, fallen auf die Gastfamilien zurück. Für beide ist das eine unangenehme Situation. Hostettler versichert aber, dass die Zahlungen der Sozialhilfegelder ab Ende Woche reibungslos funktionieren würden. Christian Murbach erklärt dazu: «Wir waren mit der Menge an Anträgen völlig überfordert. Deswegen haben gewissen Personen lange keine Zahlung erhalten. Wir sind aber unterdessen à jour. Die Auszahlungen können jetzt alle getätigt werden».
Ein weiterer Grund für die Verzögerung der Zahlungen sei auch die eigenständige Unterbringung von Geflüchteten gewesen. Von denen hatte der Kanton nicht gewusst, sagt Regierungsrat Hostettler. Sie waren bei keiner Institution registriert und fielen so durch die Maschen. «Die Geflüchteten sind auf vielen unterschiedlichen Kanälen in die Schweiz gekommen. Einige sind zuerst zu Verwandten oder Familie und haben erst später einen Aslystatus beantragt, andere sind über den Bund zugeteilt worden. Deswegen hat es gedauert, bis alle Informationen erfasst wurden», erklärt die Leiterin Soziale Integration der Caritas Luzern, Doris Nienhaus.
Sie spricht dem Kanton Zug aber auch ein Lob aus. Er habe viele Akteurinnen in den Prozess einbezogen und damit versucht, möglichst allen Ansprüchen gerecht zu werden. Das sei nicht selbstverständlich, sagt Doris Nienhaus.
Sparen im Asylbereich trotz 204,1 Millionen Überschuss
Dass der Kanton nachbessern muss, ist Andreas Hostettler klar. Die politische Ausgangslage im Kanton bringe ihn aber in ein Dilemma: «Der Asylbereich darf ja auch nichts kosten, das ist politisch so gewollt. Die Kosten sollen tief bleiben». Deswegen findet er die plötzliche Erwartung, es müsse jetzt mit der finanziellen Unterstützung ganz schnell gehen, auch problematisch.
Das Finanzjahr 2021 hat der Kanton mit einem Überschuss von 204,1 Millionen Franken abgeschlossen, trotz Corona. Dennoch ist Andreas Hostettler auch hier zurückhaltend. Die positive Bilanz sei noch kein Grund, jetzt Geld mit vollen Händen auszugeben. «Es geht derzeit ja nur um den Schutzstatus. Sehr wahrscheinlich wird dann die Integration folgen. Das belastet Steuerzahlerinnen dann nochmals.»
Hat es denn jetzt genug Platz für alle Geflüchteten?
Derzeit befinden sich im Kanton Zug 166 Personen in Kollektivunterkünften und 322 in Privatunterkünften. Noch Ende März hatte Andreas Hostettler gegenüber der Luzerner Zeitung gesagt, dass die Auslastung mit 500 Geflüchten bereits erreicht sei. Der Verteilschlüssel des Bundes sieht für den Kanton Zug aber bis zu 1000 Geflüchtete vor.
Nun hat sich das Blatt ein wenig gewendet. Dabei spielen die freiwilligen Gastfamilien eine wesentliche Rolle. «Wir sind auf sie angewiesen», sagt der Regierungsrat deutlich. Auch die Perspektive hat sich im Zuger Regierungsrat offenbar verschoben. Hostettler prognostiziert: «Wir müssen damit rechnen, dass wir 1500 Leute aufnehmen müssen».
- Telefonat mit Andreas Hostettler, Regierungsrat und Vorsteher der Direktion des Innern
- Telefonat mit Christian Murbach, Amtsleiter Soziale Dienste Asyl
- Artikel von Zentralplus
- Telefonat mit Doris Nienhaus, Leiterin Soziale Integration bei der Caritas Luzern
- Informationen für die Zuger Bevölkerung
- Artikel der Luzerner Zeitung
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