Exklusive Umfrage: So viel Geld fliesst in den Zuger Wahlkampf
Überall im Kanton Zug stehen derzeit Plakate. Doch woher nehmen die Kandidaten das Geld dafür? Wir haben nachgefragt. (Bild: hch)
Am Sonntag wählen die Zuger einen Ersatz für den freien Regierungsratssitz von Martin Pfister (Mitte). Wir haben bei den Kandidaten gefragt, wie viel sie für den Wahlkampf ausgeben.
Die Zugerinnen und Zuger wollen wissen, wer wie stark die Politik finanziert. Im vergangenen September haben sie den Gegenvorschlag zur Transparenz-Initiative angenommen – und fordern damit, dass Parteien die Finanzierung von Abstimmungen oder Wahlen offenlegen müssen (zentralplus berichtete).
Für die Wahl zum Ersatz des Neobundesrats Martin Pfister (Mitte) am Sonntag gilt die Regel noch nicht. Folglich müssen die Kandidaten ihre Budgets nicht offenlegen. Wir haben sie im Sinne von freiwilliger Transparenz trotzdem gefragt – und sie haben für uns ihre Portemonnaies geöffnet. Die Zahlen basieren jeweils auf ihren eigenen Angaben.
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wie die Kandidatinnen ihren Wahlkampf finanzieren
wofür das Budget ausgegeben wird
Andy Villiger: Viel Eigeneinsatz und Hilfe der Frau
Der parteilose Kandidat Andy Villiger gebe 24’000 Franken für den Wahlkampf aus, wie er auf Anfrage sagt. «Ohne Partei im Rücken ist mein Budget überschaubar.» Das Geld stamme von ihm selbst. Zwar könnten Personen ihn via Website unterstützen, bisher hätten ihn jedoch keine Spenden erreicht.
6700 Franken davon habe er für ein Inserat in der Zeitung ausgegeben, 15’000 Franken für einen A4-Flyer, der in allen Briefkästen lande, 1000 Franken für gezielte Werbung bei Kurzvideos auf Youtube und 1000 Franken für Ballone und Helium. Zudem werde er im Wahlkampf tatkräftig von seiner Frau als Wahlhelferin unterstützt. Und er stecke viel Zeit in die Kreation von 99 Kurzvideos zur Gesundheitsprävention für verschiedene Altersstufen (zentralplus berichtete).
Andreas Hausheer: Äpfel und Rückhalt aus der Partei
Mitte-Kandidat Andreas Hausheer gibt mit 50’000 Franken fast das Doppelte für den Wahlkampf aus. «Transparenz ist uns wichtig und nicht einfach ein Lippenbekenntnis», heisst es von seinem Wahlkampfteam auf Anfrage. Das Geld stamme aus Rückstellungen der vergangenen Jahre, welche die Partei jeweils für Wahlkämpfe einsetze. Zudem habe Andreas Hausheer Spenden von Mitte-Mitgliedern, Parteisympathisantinnen und persönlichen Unterstützern erhalten.
Mit dem Geld leiste sich Hausheer Plakate und Flyer und Agenturleistungen wie Videoproduktion, Konzeption, Layout und Inserate. Nebst monetären Zuwendungen werde der Mitte-Politiker auch durch «ganz viele helfende Hände» im «Team Orange» unterstützt. «Beim Flyern, Plakate aufhängen, Leserbriefe schreiben, Äpfel verteilen, Organisieren, Mobilisieren, Mitdenken oder einfach durch Zuspruch im richtigen Moment», zählt er auf.
Stefan Thöni: Budgetbewusster Wahlkampf
Den kostengünstigsten Wahlkampf führt der Steinhauser Parat-Chef Stefan Thöni. 426.30 Franken habe er bislang für den Wahlkampf ausgegeben. Das Geld stamme aus dem ordentlichen Parteibudget, welches sich aus Mitgliederbeiträgen und Spenden zusammensetze. Im laufenden Jahr gab es noch keine Spenden – in den vergangenen drei Jahren habe die Partei jedoch rund 5580 Franken erhalten. Davon stammten 5516 von Thöni selbst und 60 von einem anderen Spender. Seine Kleinstpartei setzt sich für Transparenz ein und veröffentlicht dazu jährlich eine Spenderliste sowie die Jahresrechnung.
Von Thönis Wahlkampfbudget fliessen 128.45 in Postkarten und Sticker und 297.85 in den Plakatdruck. Dabei hätten ihn zwei Parteimitglieder bei der Gestaltung der Plakate und Karten unterstützt. Zudem habe die Stadt Zug ihm – sowie den anderen Parteien – beim Aufstellen der Plakate geholfen.
Tabea Estermann: Frauenpower und Partei im Rücken
Tabea Estermann (GLP) gibt für ihren Wahlkampf etwa 12’000 Franken aus. Dabei stammten 10’000 Franken aus Parteireserven – geäufnet durch Beiträge von Amtsträgern und Mitgliederbeiträgen. Die restlichen 2000 Franken seien diverse Kleinspenden von Parteimitgliedern oder sonstigen Interessierten.
Estermann gebe 4000 Franken für Grafik, Druck und Versand aus, 5000 Franken für physische und 2000 Franken für Onlinewerbeflächen. Die restlichen 1000 Franken investiere sie in «Sonstiges». Nebst der finanziellen Unterstützung unterstützten Parteimitglieder sie mit Zeit. Zudem führe die Frauenzentrale mit eigenem Budget eine Kampagne für sie und Carina Brüngger.
Carina Brüngger: «Sehr viel Freiwilligenarbeit»
Etwas zurückhaltender ist die Freisinnige Carina Brüngger. Sie habe für den 1. Wahlgang ein Budget von 40’000 Franken, wie sie schreibt. Der grösste Teil des Geldes stammt von der Partei, also der FDP, FDP Frauen und FDP Top60. Der Rest stamme aus Spenden, auch von Privatpersonen, und aus ihrem eigenen Portemonnaie. Wie sie versichert, seien bei den Spenden keine offenlegungspflichtigen Grossspenden dabei.
Wofür sie das Geld anteilig ausgebe, sei ein «Betriebsgeheimnis», das die FDP gegenüber der politischen Konkurrenz nicht offenlegen wolle. Allerdings bestünden in ihrem Wahlkampf folgende Budgetposten: Plakate und Inserate, Druck- und Materialkosten, Digital- und Social-Media-Kosten, Versandkosten, Kreationskosten sowie Sekretariatskosten.
Andreas Lustenberger: Hunderte Privatspender
Das grosszügigste Wahlkampfbudget hat – gemäss eigenen Angaben – ALG-Kandidat Andreas Lustenberger. Rund 80’000 Franken soll dieses betragen. Etwa 20’000 stammen von der Partei, weitere 20’000 von Lustenberger selbst und die restlichen 40’000 Franken von über 300 privaten Spenderinnen.
Rund ein Viertel des Budgets fliesse dabei in Agenturleistungen, also etwa in Grafiken oder die Website. Der restliche Betrag fliesse direkt in Kampagnenmassnahmen. Also: Flyer und Guetzli, die sein Wahlkampfteam verteile, Plakate, Briefe, Umfragen, Onlinewerbung und Weiteres, wie Lustenberger aufzählt. Eine detaillierte Schlussabrechnung veröffentliche die Partei wie in den vergangenen Jahren nach Abschluss der Kampagne auf der Website.
Allerdings wäre sein Wahlkampf noch um ein Vielfaches teurer, könnte er nicht auf sein Komitee zählen, das «unglaublich viel freiwillige Arbeit» leiste, so der ALG-Kandidat. Bei Strassenaktionen, dem Einpacken von Briefen, dem Verteilen der Umfrage oder dem Aufstellen von Plakaten seien bereits weit über 1000 Stunden Freiwilligenarbeit geleistet worden.
Schreibt über alles, was Luzern und Zug aktuell beschäftigt. Im ländlichen Luzern aufgewachsen, hat sie beim «Entlebucher Anzeiger» ihre Begeisterung für Lokaljournalismus entdeckt. Nach einem Studium in Medienwissenschaften und Englisch ist sie seit September 2021 bei zentralplus. Nebenbei absolviert sie derzeit die Diplomausbildung Journalismus am MAZ.
Kann die FDP rechnen? Das Konterfei von Frau Brüngger lächelt von jeder Brücke, an jeder Ecke und ist auf Dauerpräsenz geschaltet. Die Zahlen können kaum stimmen, überrascht aber nicht wirklich.