Regierung hat klare Meinung

Zu Fuss über die Tangente – «nicht ideal», aber ist halt so

Nicht nur Fussgängerinnen, auch Velofahrer kreuzen die Tangente beim Spazierweg. (Bild: wia)

Der Fussgängerweg bei der Tangente zwischen Baar und Göbli sorgt seit Längerem für Kritik. Nun äussert sich der Regierungsrat. Obwohl er die Situation als «nicht ideal» taxiert, will er nichts daran ändern.

Privatpersonen, Quartiervereine, aber auch Politiker beschweren sich über die Situation beim Spazierweg zwischen Inwil und Zug. Die Querung der stark befahrenen Tangente sei «hochgefährlich» und unzumutbar, befanden sie. Es brauche eine Lösung (zentralplus berichtete). Aus diesem Grund forderten vier SP-Kantonsräte in einem Postulat eine Alternative für das Problem.

Im Juni 2021 wurde die Tangente, und damit auch der Fussweg, in Betrieb genommen. Dieser Weg, so äussert sich der Regierungsrat jetzt in seiner Antwort, sei ursprünglich gar nicht geplant gewesen. Der Spazierweg führe von der Inwilerstrasse nördlich der Tangente Zug–Baar entlang des Grossacherbachs bis zur Zufahrt Sternen. Die logische Gehrichtung führe von dort aus – geradeaus über die Strasse – bis hin zur Grienbachstrasse respektive zum Ökihof Zug.

Seit rund einem Jahr jedoch gibt es auf Zuger Seite einen Zaun, der das direkte Queren erschwert. Eine Tafel führt Fussgängerinnen stattdessen in Richtung West bis zum Kreisel. Es ist eine Massnahme, welche die Gemeinde Baar aus Sicherheitsgründen eingeführt hat.

Der Regierungsrat schreibt dazu: «An der Querungsstelle sind die normkonformen Sichtweiten eingehalten, Fussgänger-Schutzinseln sind vorhanden, und die gefahrenen Geschwindigkeiten sind nahe am Kreisel reduziert.» Beim Kreisel befinde sich somit eine für Autofahrer zu «erwartende» Querungsstelle für Fussgängerinnen, was dessen Aufmerksamkeit erhöhe. «Deswegen ist die Querung beim Kreisel aus Sicht Verkehrssicherheit optimal.»

Theoretisch gibt es eine sichere Stelle – sie wird nur nicht genutzt

Von der anderen Strassenseite führt der Weg entweder zurück bis zur ursprünglichen Querungsstelle oder weiter Richtung Industriestrasse. «Für Zufussgehende misst der zusätzliche Weg von der Zufahrt Sternen über den Kreisel Industriestrasse und wieder zurück rund zweimal 100 Meter, dafür besteht an dieser Stelle eine sichere Querungsmöglichkeit», schreibt die Regierung in der Antwort.

Blick auf die besagte Stelle. Links sieht man den endenden Fussgängerweg. Mit dem Zaun wollen die Behörden ein Queren an unübersichtlicher Stelle verhindern. (Bild: wia)

Soweit die Theorie. In der Realität queren viele Spaziergänger die Strasse auf direktem Weg an der nicht sehr übersichtlichen Stelle. An dieser Stelle gilt Tempo 60. Damit machen Fussgängerinnen nichts falsch. «Das Überqueren der Fahrbahn an dieser Stelle erfolgt in eigener Verantwortung, ist aber grundsätzlich erlaubt», so die Regierung. Für eine offizielle Querungsstelle an dieser Stelle bräuchte es Schutzinseln. Ausserdem müssten ausreichende Sichtverhältnisse vorliegen.

Unterführung wäre nur mit Treppe denkbar

Immer wieder stellen Kritiker, so auch die Postulantinnen, die Frage, warum der Kanton bei der Tangente und dem Fussweg nicht einfach eine Unterführung geplant hat. Aus Sicht der Wegführung erscheint dies als logischste Möglichkeit.

Der Kanton entgegnet, er habe den Bau einer neuen Unterführung für den Fussverkehr geprüft. Gemäss den Plänen verliefe diese separat vom Bachverlauf. Was gemäss Baudirektion dagegenspricht: Der Abgang müsste aufgrund der Platzverhältnisse mit Treppen erfolgen. Demnach sei diese Lösung nicht barrierefrei. Für Kinderwagen müssten Schieberampen gebaut werden.

Weiter gibt der Regierungsrat zu verstehen, dass das Bauwerk in der Grundwasserschutzzone S3 liege, unmittelbar angrenzend an die Zone S2, und sich rund 70 Zentimeter tiefer als der durchschnittliche Grundwasserspiegel befinde. «Die Unterführung steht im Konflikt mit einigen Werkleitungen, welche zu verlegen wären. Zudem führt die Realisierung zu Verkehrseinschränkungen mit längeren Teilsperrungen.» Kostenschätzung für eine Unterführung: 1,4 bis 1,8 Millionen Franken.

Auch eine Überführung wäre wegen der Platzverhältnisse nur mit Treppen möglich. Dort liegt die Kostenschätzung der Baudirektion bei 1,1 Millionen Franken.

Unterführung wegen Hochwasserschutz nicht möglich

Die Postulanten forderten eine Fusswegunterführung, wie sie etwa im Choller entlang der Alten Lorze besteht. Sprich: Eine Unterführung direkt neben dem Bach, die keinen neuen Tunnel benötigt. Sie schlagen vor, dass bei den bestehenden Bachdurchlässen bei der Tangente ein Bereich abgetrennt wird, wo künftig Fussgänger durchlaufen können.

Die Baudirektion gibt zu bedenken, dass die beiden Bachdurchlässe so dimensioniert seien, dass diese ein 100-jähriges Hochwasser aufnehmen könnten. Gleichzeitig erfüllten sie eine «ökologische Vernetzungsfunktion». Würden dort künftig Fussgänger spazieren, bliebe weniger Platz für den Abfluss, wodurch das definierte Schutzziel bei Hochwasser nicht mehr eingehalten werden könnte. Zudem würde die ökologische Funktion beeinträchtigt, schreibt der Regierungsrat.

Dass die bestehende Situation nicht ideal sei, räumt auch die Regierung ein. Sie gibt jedoch zu bedenken: «Ein unmittelbares, hochgradiges Sicherheitsrisiko stellt die Situation jedoch nicht dar.» Nach einem Umweg von zweimal 100 Metern gebe es eine sichere Verbindung. «Dieser geringe Umweg erscheint insbesondere bei einem Spazierweg als zumutbar.»

Der bauliche und finanzielle Aufwand einer Unter- oder Überführung sei beträchtlich und «wird hinsichtlich Kosten und Eingriff in die Landschaft als nicht verhältnismässig beurteilt». Es sei zudem fraglich, ob dadurch tatsächlich verhindert werden könnte, dass die Strasse à Niveau überquert werde.

Postulant hält an seiner Idee fest

Alois Gössi (SP) hält dem Regierungsrat zugute, dass er verschiedene Möglichkeiten zur Lösung des Problems aufzeige, wie er auf Anfrage schreibt. Auch wenn sie dies im Vorstoss nicht forderten, wie der Postulant klarstellt.

Persönlich spricht sich Gössi ebenfalls gegen eine Überführung aus. Auch hält er nichts von einer neuen, vom Bach unabhängigen Unterführung. Stattdessen bevorzugt Gössi nach wie vor eine Lösung, wie sie bei der Alten Lorze umgesetzt wurde. «Diese Unterführung wäre einfach und zweckmässig umzusetzen.» Dass die Unterführung nicht für alle Personen geeignet sei, sei in Kauf zu nehmen. Ebenfalls die Gefahr eines 100-jährigen Hochwassers.

Wichtiger als der Bau einer Unterführung ist Gössi jedoch Folgendes: «Das Wichtigste ist, dass die Baudirektion gewisse Massnahmen, etwa eine bessere Signalisation, die Verlängerung des bestehenden Holzgeländers sowie eine Verbreiterung des Spazierweges, in die Wege geleitet hat.»

Verwendete Quellen
  • Postulat der SP-Kantonsräte
  • Antwort des Regierungsrats
  • Schriftlicher Austausch mit Alois Gössi, SP-Kantonsrat
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