Heinz Tännler ist als Bundesratskandidat im Spiel
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Das Bundesratskarussell dreht sich nach dem Rücktritt von Ueli Maurer immer schneller. Am Wochenende hat die «NZZ» den Namen Heinz Tännler ins Spiel gebracht. Wie stehen seine Chancen?
Der Zuger Finanzdirektor ist im Gespräch für eine Kandidatur als Nachfolger von Ueli Maurer. «Sag niemals nie», sagte Heinz Tännler gegenüber der «NZZ am Sonntag». Und er fügte an: «Ich habe aber auf jeden Fall einen Leistungsausweis.»
Die «Weltwoche» sprang umgehend auf den Zug auf – und lobte Tännler in den Himmel. Seine Arbeit als OK-Chef des Eidgenössischen Schwing- und Älplerfests 2019 habe bewiesen, «dass er ein Mann für grosse Projekte ist», schreibt das konservative Magazin auf seiner Website. Tännler sei nicht nur der Einzige aus dem engeren Kandidatenkreis mit Exekutiverfahrung. «Er wäre der einzige Bundesrat aus einem Geberkanton», so die «Weltwoche». Und: Tännlers Leistungsausweis als Zuger Regierungsrat sei «durchaus beeindruckend».
Es ist nicht das erste Mal, dass Heinz Tännler als Bundesrat gehandelt wird. 2015 hatte sich der Zuger Finanzdirektor zunächst positiv zu einer allfälligen Kandidatur geäussert. Allerdings geriet er unter Beschuss wegen seiner Vergangenheit als Direktor der Rechtsabteilung der Fifa (zentralplus berichtete). Wie stehen seine Chancen jetzt? Darüber hat zentralplus mit Politologe Tobias Arnold von Interface Politikstudien in Luzern gesprochen.
Heinz Tännler als Bundesrat? Das sagt der Experte
zentralplus: Auf der Shortlist als Nachfolger von Ueli Maurer steht auch Heinz Tännler. Gegenüber der «NZZ am Sonntag» verweist er auf seinen Leistungsausweis und seine Regierungserfahrung. Trotzdem gilt er als Aussenseiter. Warum?
Tobias Arnold: Es hat sich gezeigt, dass Personen, die bereits im nationalen Parlament vertreten sind, einen gewissen Vorsprung haben. Dies, weil sie in Bern besser vernetzt sind und die Ratskollegen ihr politisches Profil durch Abstimmungen, Vorstösse und Voten der letzten Jahre genau kennen. Bereits einen Fuss drinnen zu haben, ist klar ein Vorteil.
zentralplus: Heinz Tännler wurde schon 2015 als Kandidat gehandelt. Damals wurde ihm sein Engagement für die Fifa negativ ausgelegt – worauf er sich zurückzog (zentralplus berichtete). Ist das heute noch Thema?
Arnold: Meine persönliche Einschätzung ist, dass das Thema Fifa nicht mehr aufgenommen wird. Wir haben andere Themenlagen, die gerade aktueller sind. Ich denke, es ist wahrscheinlicher, dass die Rolle des Kantons Zug in der Ukrainekrise zum Thema werden könnte – weil viele Unternehmen mit Beziehungen nach Russland hier domiziliert sind. Es ist aber schwierig vorherzusehen, welche Themen aufgegriffen werden, zumal die Kritik am Umgang mit diesen Unternehmen aus anderen Parteien ja nicht alleine auf Regierungsrat Tännler zielt.
«Die reichen Kantone ziehen den Karren in unserem Land. Es wäre nicht verkehrt, wenn sich das auch durch eine Vertretung in der Landesregierung ausdrücken würde.»
Politologe Tobias Arnold
zentralplus: Heinz Tännler steht aber durchaus für die Tiefsteuerstrategie und Wirtschaftsfreundlichkeit. Ihm wurde immer wieder vorgeworfen, er pflege eine Willkommenskultur zum Beispiel gegenüber russischen Firmen. Wie wirkt sich das auf seine Chancen aus?
Arnold: Wenn sich in den Medien ein solches Narrativ entwickelt, kann ihm das gefährlich werden, auch wenn Heinz Tännler kein Putin-Versteher ist. Ich sehe es eher so, dass der Kanton Zug als Ganzes das Image hat, Verbindungen nach Russland zu pflegen. Und das kann sich negativ auf eine Kandidatur als Bundesrat auswirken.
«Für Hardliner wird es schwierig, über die Parteigrenzen hinaus Mehrheiten zu finden.»
Politologe Tobias Arnold
zentralplus: Heinz Tännler hat in der «NZZ» bereits darauf hingewiesen, dass auch ein NFA-Geberkanton im Bundesrat vertreten sein soll. Welche Bedeutung hat dieses Argument, wenn es darum geht, einen neuen Bundesratskandidaten aufzustellen?
Arnold: Persönlich habe ich noch nie festgestellt, dass dieses Argument so prominent ins Feld geführt wurde. Aber ich finde es kein Schlechtes. Der Nationale Finanzausgleich (NFA) ist ein wichtiges Element in unserem Föderalismus. Das Argument lautet: Die reichen Kantone ziehen den Karren in unserem Land. Es wäre nicht verkehrt, wenn sich das auch durch eine Vertretung in der Landesregierung ausdrücken würde. Nüchtern betrachtet ist es so, dass die politische Lobby der Nehmerkantone im Parlament stark ist. Alleine auf diese Karte zu setzen, wäre für Heinz Tännler also die falsche Strategie. Er wäre gut beraten, das Argument ins Feld zu führen, dass die Zentralschweiz schon länger nicht mehr im Bundesrat vertreten ist.
zentralplus: Welche Rolle spielt die politische Positionierung von Heinz Tännler innerhalb der SVP?
Arnold: Die ewige Frage ist: Kommt die SVP mit einem Hardliner oder nicht? Ich finde es nicht einfach, die Position von Heinz Tännler innerhalb der SVP klar zu definieren. Aber er ist eher weniger ein Hardliner – im Vergleich zu Thomas Aeschi (ZG), Werner Salzmann (BE) oder Monika Rüegger (OW). Ich sehe das als einen Pluspunkt für Tännler. Ich habe das Gefühl, die Partei wird auf ein Zweier oder Dreierticket setzen – und für Hardliner wird es schwierig, über die Parteigrenzen hinaus Mehrheiten zu finden.
Entschieden wird am 7. Dezember
Die Findungskommission arbeitet derzeit unter Hochdruck. Beobachter sind sich einig, dass sie der Fraktion neben einem Berner höchstwahrscheinlich mindestens einen weiteren Namen vorschlagen wird. Die Fraktion entscheidet am Ende, wen die SVP ins Bundesratsrennen schickt.
Ebenfalls als Kandidat gehandelt wird der Zuger Nationalrat Thomas Aeschi (zentralplus berichtete). Als heisser Kandidat galt auch der Luzerner Nationalrat Franz Grüter. Er sagte gegenüber zentralplus allerdings bereits im letzten Juni: «Bundesrat zu werden, strebe ich definitiv nicht an» (zentralplus berichtete).
Nach dem Rücktritt von Ueli Maurer wird die Vereinigte Bundesversammlung am 7. Dezember eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger wählen.