14-Millionen-Franken-Projekt

Zuger Stadtrat: Herti-Ausschreibung verschlafen?

David Meyer wundert sich in einer Interpellation, weshalb das Herti-Provisorium ohne öffentliche Ausschreibung vergeben wurde. (Bild: wia)

Das 14-Millionen-Franken-Projekt für den Bau der Herti-Provisorien wurde offenbar bislang nicht öffentlich ausgeschrieben. Jetzt keimt kurz vor der Abstimmung über die Erweiterung und Sanierung des Schulhauses Herti erneut Kritik auf. Denn der Bau soll bereits im April starten.

«Wie kann das sein, dass die Stadt ein Projekt für 14 Millionen Franken vergibt, über die Vergabe jedoch auf der entsprechenden Ausschreibungsplattformen nichts zu finden ist?», wundert sich David Meyer. «Dabei ist die Stadt gesetzlich verpflichtet, auszuschreiben und darf nicht nach eigenem Gutdünken Aufträge vergeben. Sie hat sich dies auch selber in ihrem Leitfaden auferlegt.»

Der Zuger GLP-Gemeinderat spricht von den geplanten Herti-Provisorien, über welche die städtische Bevölkerung, neben dem eigentlichen Erweiterungs-Projekt, bald abstimmt.

Es ist nicht das erste Mal, dass Meyer das Herti-Projekt kritisch betrachtet (zentralplus berichtete). Zuvor äusserte sich bereits die SVP kritisch zum Umgang des Stadtrats mit den städtischen Finanzen in der Causa Herti (zentralplus berichtete).

Kaum hat das Volk abgestimmt, soll schon gebaut werden

Doch noch einmal von vorne: Ende Januar befinden die Zuger Stimmberechtigten über den Objektkredit für die Erweiterung des Herti-Schulhauses, der sich auf rund 66 Millionen Franken beläuft. Ebenfalls entscheiden sie über 22 Millionen Franken für den Umbau und die Sanierung des Schulhauses Herti. Rund 14 Millionen davon sind für die Miete der Provisorien (knapp 9 Millionen) sowie deren Bau (rund 5,3 Millionen) vorgesehen. Der Baustart ist für April 2023 angesetzt.

«Bei diesem Betrag müsste die Beschaffung für das Projekt zweifellos öffentlich oder selektiv ausgeschrieben worden sein.»

David Meyer, GLP-Gemeinderat

Nach dem Lesen des Abstimmungsbüchlein startete David Meyer eine Suche auf Simap, der Plattform über das öffentliche Beschaffungswesen in der Schweiz. «Ich fand dort jedoch keine Ausschreibung. Das hat mich sehr erstaunt, denn bei diesem Betrag müsste die Beschaffung für das Projekt zweifelslos öffentlich oder selektiv ausgeschrieben worden sein.»

Gemeinsam mit Christoph Iten (Mitte) und Philip C. Brunner (SVP) verfasste Meyer eine umfangreiche Interpellation, in der mitunter folgende Frage gestellt wurde: «Wie begründet der Stadtrat, dass er mit seiner Direktvergabe bei der Miete der Provisorien von CHF 8.9 Mio. um Faktoren über den CHF 0.35 Mio. liegt, über welchen von Gesetzes wegen ein offenes oder selektives Verfahren für die Vergabe nötig ist?»

Auch im Amtsblatt müsste die Ausschreibung zu finden sein

Die Interpellanten verweisen zudem darauf, dass gemäss der geltenden kantonalen Submissionsverordnung für jeden freihändig vergebenen Auftrag ein Bericht erstellt werden müsse. Dieser muss im kantonalen Amtsblatt sowie auf Simap publiziert werden.

Dieselben Bedenken haben die Interpellanten betreffend die Bauleistungen über 5,3 Millionen. Auch diese würden über dem Schwellenwert liegen – und demnach ein offenes oder selektives Verfahren verlangen.

«Dringlichkeit» wollen die Interpellanten nicht gelten lassen

Es gibt Ausnahmefälle, in denen bezüglich der Beschaffung kein entsprechendes Verfahren eingeleitet werden muss. Die Dringlichkeit ist einer davon. Dies jedoch nur, wenn diese Dringlichkeit durch unvorhersehbare Ereignisse und nicht von der Vergabeseite verursacht wurde. Die Interpellanten berufen sich dabei auf die entsprechende Wegleitung aus dem Kanton Zürich. «Die dort vermerkten Punkte gelten auch für den Kanton Zug. Es handelt sich um einen Staatsvertrag, also ein internationales Gesetz.»

In der IVöB (Interkantonale Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen) werden neben der Dringlichkeit auch «technische oder künstlerische Besonderheiten» genannt, die als Grund für eine freihändige Vergabe geltend gemacht werden können. Im Fall Herti treffe keine der Ausnahmen zu, ist Meyer überzeugt.

Eine weitere Ausnahme könnte der Umstand bilden, dass es sich beim Angebot für die Provisorien um «eine günstige, zeitlich befristete Gelegenheit» gehandelt habe, die deutlich unter den üblichen Preisen liege.

Wo kein öffentlicher Eintrag, da kein privater Kläger

David Meyer sagt: «Normalerweise sind es Firmen, die klagen, wenn die öffentliche Hand bezüglich der Vergaben falsch entscheidet oder inkorrekt ausschreibt. In diesem Fall war eine Klage jedoch gar nicht möglich, da das Projekt ja gar nicht ausgeschrieben war.»

«Zumindest bei der zuständigen juristischen Stelle der Stadt müssten bei 14 Millionen Franken Projektvolumen die Alarmglocken schrillen.»

David Meyer

Und weiter: «Das Submissionsgesetz ist kompliziert, aber dennoch Pflicht für die öffentliche Hand. In gewissen Kantonen wird von den ausschreibenden Stellen, also etwa von der Stadt, eine spezifische Ausbildung dazu verlangt.» Er ergänzt: «Doch zumindest bei der zuständigen juristischen Stelle der Stadt müssten bei 14 Millionen Projektvolumen die Alarmglocken schrillen. Dieser Fall hätte zwingend ausgeschrieben werden und im Verzeichnis auffindbar sein müssen.»

«Ich will nicht, dass mit meinen Steuergeldern Korruption ermöglicht wird.»

David Meyer

Letztlich gibt Meyer zu bedenken: «Es geht hier um die Einhaltung eines internationalen Gesetzes, das gegen Korruption und zur Förderung des Wettbewerbs eingeführt wurde.» Und weiter: «Ich als Bürger will zum einen, dass durch die Submission, respektive den Wettbewerb, mit meinem Steuergeld der richtige Marktpreis und keine überteuerten Preise bezahlt werden.»

Zum anderen handle es sich um eine Korruptionssicherung. «Ich will nicht, dass mit meinen Steuergeldern Korruption ermöglicht wird. Wenn das Submissionsgesetz ausgehebelt wird, kann die öffentliche Hand irgendwas machen.»

Die Bauchefin hält sich bedeckt

Die Fragen von zentralplus möchte das Baudepartement zum aktuellen Zeitpunkt nicht beantworten. Beim Baudepartement heisst es : «Da es sich um ein laufendes politisches Geschäft handelt, können wir keine Antworten vorwegnehmen und werden diese im Rahmen der Behandlung der Interpellation liefern. An dieser Stelle halten wir indessen fest, dass die Beschaffung der Mietpavillons selbstverständlich im Einklang mit den submissionsrechtlichen Bestimmungen erfolgt.»

Beim zweiten Nachhaken heisst es seitens Baudepartement: «Es wurden dazu noch keine Aufträge erteilt und keine Verträge abgeschlossen. Insofern ist er auch noch nicht öffentlich.»

Nachfolgendend stellte zentralplus die Fragen, wie die Stadt auf welcher Grundlage die genauen Miet- und Baukosten berechnet habe und ob sie glaube, in der kurzen Zeit bis im April den ganzen Ausschreibungsprozess unter Dach und Fach bringen zu können. Eine Antwort blieb aus – unter Berufung des laufenden politischen Verfahrens.

Verwendete Quellen
  • Telefongespräch mit David Meyer
  • Schriftlicher Austausch mit dem Zuger Baudepartement
  • Interpellationstext von Meyer, Brunner und Iten
  • Suche auf Simap.ch
  • Leitfaden der Stadt Zug zum Submissionsrecht
  • Anfrage bei Experten für Submissionsrecht
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