Hitzige Debatte im Stadtparlament

Grosser Stadtrat: «Grün-rot versenkt den City-Manager»

Franziska Bitzi Staub muss in punkto City-Manager der Stadt Luzern über die Bücher. (Bild: mik)

Luzern soll ein City-Management bekommen. Im Grundsatz ist die Idee unbestritten. Über die Aufgaben der zukünftigen City-Managerin scheiden sich jedoch die Geister. Und stellen den Stadtrat vor eine Herkulesaufgabe.

Menschenleere Gassen. Häuser, die nach und nach verlottern. Ein Horrorszenario, das die Stadt Luzern unbedingt verhindern will. Richten soll es eine City-Managerin. Diese soll unter anderem dafür sorgen, dass Luzerns Schaufenster künftig nicht mehr lange leer bleiben (zentralplus berichtete). Weiter soll diese Person verschiedene Events organisieren und Marktbetreiber, Vermieter, Ladenbesitzer und die Bevölkerung besser vernetzen und untereinander vermitteln (zentralplus berichtete).

Konkrete Aufgaben noch unklar

Noch ist das künftige City-Management nur ein Konzept. Wie es genau ausgearbeitet wird, bleibt offen. Der Stadtrat schlägt hierfür drei Varianten vor: eine Stelle innerhalb der Stadtverwaltung, eine externe Organisation im Stil der Luzern Tourismus AG oder die Umgestaltung des bisherigen ALI-Fonds. Egal, welche Variante es wird: Für den Stadtrat ist der Bedarf für ein City-Management unbestritten.

Das Parlament zeigt sich hingegen kritischer. Das Konzept hat bereits die Geschäftsprüfungskommission (GPK) nicht aus den Socken gehauen. Nur eine knappe Mehrheit der GPK zeigte sich von der Wirkung und Nutzung des City-Managements überzeugt (zentralplus berichtete). Und auch im Grossen Stadtrat wird das Konzept mit Skepsis beäugt.

Die SVP stört es vor allem, dass die konkreten Aufgaben des künftigen City-Managers immer noch unklar sind. Nur schon, was dieser leisten soll. Und das klinge für sie sehr nach «eierlegender Wollmilchsau», so Fraktionschef Thomas Gfeller. Trotz grosser Skepsis konnten sich die Bürgerlichen jedoch für die Idee erwärmen und wollten dem Stadtrat grünes Licht für die weitere Umsetzung geben.

City-Manager soll auch öffentlichen Raum aufwerten

Die Betonung liegt auf «wollten». Eine Protokollbemerkung der Grünen kippte jedoch die Stimmung. Der Hintergrund: Für die Grünen, Jungen Grünen und die SP fehlt im Aufgabenbereich der City-Managerin der Sozialbereich. Die angestrebte Attraktivierung der Innenstadt solle einhergehen mit Massnahmen, die die Aufenthaltsqualität der Bevölkerung steigern. So solle der City-Manager sich beispielsweise auch für attraktive öffentliche Räume einsetzen.

Eine Forderung, die den Bürgerlichen eindeutig zu weit geht. Für sie (wie auch für die Stadträte) ist dies ganz klar die Aufgabe der Stadtverwaltung. Das City-Management sei mehr für die Wirtschaftsförderung zuständig. So befürchtet Mike Hauser (FDP): «Wenn diese Stelle schliesslich staatliche Aufgaben übernimmt und finanziert, gibt es für die Privatwirtschaft keinen Grund, diese zu finanzieren.»

«Jetzt machen wir die nächsten zwei Jahre wieder nichts oder wenig.»

Jules Gut, GLP-Grossstadtrat

Denn gemäss Plan des Stadtrats arbeitet die City-Managerin unabhängig von der Stadtverwaltung und wird zu einem grossen Teil von den profitierenden Läden und Unternehmen finanziert. Die Sorge: Müssen Läden auch für Massnahmen wie Bänke, Sonnenschirme oder Trinkbrunnen bezahlen, machen sie nicht mehr mit. Eine Sorge, die Finanzdirektorin Franziska Bitzi Staub bestätigt: «Unsere Partner werden das so nicht umsetzen. Und wir sind auf diese Kooperationen angewiesen.» Trotz aller Vorbehalte nimmt die links-grüne Mehrheit im Parlament die Protokollbemerkung an. Und löst damit grosses Raunen im bürgerlichen Lager aus.

Für Bürgerliche torpedieren Grüne die eigentlich gute Idee

Für das linke Lager ist die ablehnende Reaktion unverständlich: Für sie sei die Steigerung der Aufenthaltsqualität auch im Interesse des Detailhandels. «Wir sehen eine grosse Chance bei der Attraktivierung des Strassenraums oder anderen Nutzungen von öffentlicher Fläche», sagt Irina Studhalter der Grüne/Junge Grüne-Fraktion. So gehören für die Grünen auch Massnahmen wie Boulevardflächen vor Restaurants oder die City-Vereinigungs-Stühle vor den Geschäften dazu.

Davon liessen sich die Bürgerlichen jedoch nicht beschwichtigen. «Grün-rot versenkt den City-Manager», kritisiert beispielsweise GLP-Grossstadtrat Stefan Sägesser stellvertretend für den bürgerlichen Tenor. Wenn die Aufgaben der Stadt und jene des City-Managers zu sehr überlappen, werde es doch eine Stelle innerhalb der Stadtverwaltung. Also gerade die Option, die bei den Gewerben und Quartieren am wenigsten Begeisterung ausgelöst habe.

«Wie wir weitergehen, weiss ich gerade nicht.»

Franziska Bitzi Staub, Finanzdirektorin Stadt Luzern

Und auch Damian Hunkeler (FDP) moniert: «Wenn der City-Manager ein städtischer Staatsangestellter wird, den wir mit Steuern bezahlen müssen, wollen wir ihn nicht.» Jules Gut (GLP) bedauert hingegen die Verzögerung: «Jetzt machen wir die nächsten zwei Jahre wieder nichts oder wenig.»

Stadtrat muss Fächer wieder öffnen

Damit dürfte er nicht Unrecht haben. Gleich nach Annahme der Protokollbemerkung meinte Franziska Bitzi Staub: «Wie wir weitergehen, weiss ich gerade nicht.» In der Schlussabstimmung hat der Grosse Stadtrat das vorliegende Konzept auch bloss zur Kenntnis genommen. Soll heissen: Das Parlament findet die Pläne des Stadtrats weder gut noch schlecht. Und liefert dem Stadtrat damit keinen konkreten Anhaltspunkt, wie er die Idee weiterverfolgen soll.

Gegenüber den Medien meint Franziska Bitzi Staub, dass der Stadtrat nun den Fächer bei den verschiedenen Umsetzungsoptionen wieder öffnen muss. Klar sei nur, dass die derzeitigen Varianten den verschiedenen Bedürfnissen und Forderungen nicht genügen. «Wichtig wird vor allem eine klare Trennung zwischen städtischen Aufgaben und denen des City-Managements.» Jetzt gelte es, die vorliegenden Varianten so anzupassen, dass sie wieder mehrheitsfähig werden. Womit die Umsetzung des City-Managements zeitlich nach hinten rückt.

Immerhin: Die Analyse der Situation und der Einbezug der Bevölkerung und der Betroffenen wurde vom ganzen Parlament gelobt. Und auch die Idee an sich geniesst zumindest Zustimmung. Ganz auf Feld 1 muss der Stadtrat also nicht zurück. Wohl aber auf Feld 2.

Verwendete Quellen
  • Verfolgung der Debatte im Grossen Stadtrat
  • Gespräch mit Stadträtin Franziska Bitzi Staub
  • Bericht und Antrag zum City-Management
  • Teilnahme an der Medienkonferenz zur Vorstellung des Berichts und Antrags
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2 Kommentare
  • Profilfoto von Michel von der Schwand
    Michel von der Schwand, 01.07.2022, 12:09 Uhr

    Wie diese Stelle genau heissen wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt vollkommen irrelevant. Entscheidend ist die Frage, welchen Nutzen die Stadt und die Stadtbevölkerung hat! Welchen Einfluss hat diese Person auf den künftigen Branchenmix oder die Mieten in der Stadt? Bringt eine Vernetzung etwas? Machen Hausbesitzer dabei mit? Welchen Einfluss kann Politik auf Mieten etc. überhaupt nehmen und wie wirkt sich dies aus?
    Häuser verlottern in dieser Stadt nicht ohne Grund! Der Denkmal- und Heimatschutz steht der Entwicklung einer Stadt diametral entgegen. Es ist schön und gut, gewisse Häuser erhalten zu wollen. Die Auflagen sind jedoch so exorbitant hoch, dass viele Hausbesitzer entnervt aufgeben. Verständlich, dass man aus solchen Immobilien noch alles rausholt, was finanziell noch rauszuholen ist.
    Erstaunlich an der ganzen Geschichte ist die Tatsache, dass sich die Politik anmasst, in privatwirtschaftliche Prozesse eingreifen zu müssen, ohne dabei die Ursachen und Gründe zu kennen. Die Schuldigen sind Immobilienbesitzer! Wann merken gewisse Protagonisten endlich, dass die Hausbesitzer lediglich auf den Markt reagieren. Die Nachfrage an Wohnungen oder Ladenfläche bestimmt schlussendlich den Preis! So und nicht anders funktioniert die freie Marktwirtschaft! Man fragt sich dann schon, was die Franz-Jaeger-Fetischisten der FDP und SVP an der Uni in St. Gallen so getrieben haben. Vermutlich einfach nur endlos Bier gesoffen!

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  • Profilfoto von Carlo Frischknecht
    Carlo Frischknecht, 01.07.2022, 08:19 Uhr

    Eigentlich ist die Antwort ja gegeben worden. Um möglichst nah auch an Themen der Stadtplanung zu sein, macht es Sinn die Stelle innerhalb der Verwaltung anzusiedeln. So kann vom City Management auch zusammen mit den verantwortlichen für andere Bereiche in der Stadtverwaltung das Thema ganzheitlich getrieben werden. Explizit ausgedrückt wurde das zwar nicht, aber zwischen den Zeilen ist das der Wunsch.

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